Dies ist der private Weblog von Beat Döbeli Honegger

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Biblionetz-Paper an der GMW

25 September 2010 | Beat Döbeli Honegger | Biblionetz
Seit mehreren Jahren wurde ich an GMW-Jahrestagungen aufgefordert, doch mal mein Biblionetz an einer GMW-Tagung vorzustellen. Ich habe das in der Vergangenheit immer abgelehnt, einerseits weil ich nicht der Meinung war, dass das Biblionetz von der Struktur her etwas mit Mediendidaktik (so meine bisherige Wahrnehmung des Interesses der GMW) zu tun hat, andererseits weil ich noch immer davon überzeugt bin, dass alle Elemente des Biblionetzes nur semiprofessionell sind, während es jeden Aspekt in besserer Qualität anderswo gibt (Design, Visualisierung, bibliometrische Elemente etc.).

Das Thema Digitale Medien in Lehre und Forschung der diesjährigen GMW-Tagung und die damit verbundene Frage, wie sich mit digitalen Medien Lehre und Forschung verbinden liessen, bot nun Gelegenheit, das Biblionetz an einer GMW-Tagung unterzubringen bzw. in einen grösseren Kontext zu stellen.

Unter dem Titel Literaturverwaltung 2.0 als Bindeglied zwischen Forschung und Lehre? PDF-Dokument (Biblionetz:t11000) habe ich darum einerseits das Biblionetz in groben Zügen vorgestellt, danach aber versucht, meine Nutzung des Biblionetzes in den letzten 13 Jahren im Hinblick auf die Verbindung von Forschung und Lehre zu analysieren.

Ich habe dabei vier Nutzungssphären unterschieden, angefangen bei mir selbst, über mein persönlich bekanntes Umfeld (strong ties) und der beruflichen Community (weak ties) bis zur allgemeinen Öffentlichkeit. In jeder Sphäre (ausser bei mir selbst wink ) lässt sich Forschung und Lehre unterscheiden und ich habe anhand des Biblionetzes gezeigt, wie eine öffentliche Literaturverwaltung die Verbindung von Forschung und Lehre fördern kann.

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Folie 30

Um das Biblionetz aber in einen grösseren Kontext zu stellen, waren mir aber insbesondere im Vortrag zwei Aussagen sehr wichtig:

  1. Das Biblionetz ist von Web 1.0 zu Web 2.0 auf halben Weg stehen geblieben
  2. 1996 musste man für eine öffentliche Literaturverwaltung Informatiker sein, im Jahr 2010 nicht mehr

Das Biblionetz ist von Web 1.0 zu Web 2.0 auf halben Weg stehen geblieben: Das Biblionetz ist zwar öffentlich sichtbar, aber nur in HTML lesbar, d.h. weder von anderen schreibbar noch in einem maschinenlesbaren Austauschformat. Kollaboration ist im Biblionetz nicht auf einer technischen Ebene vorgesehen. Da gehen heutige Literatwerverwaltungssysteme wie Zotero oder Mendeley einiges weiter.

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Folie 31

1996 musste man für eine öffentliche Literaturverwaltung Informatiker sein, im Jahr 2010 nicht mehr Beim Erstellen der Vortragsfolien habe ich gemerkt, wie schnell die Zeit vergeht (entweder die Informationstechnologie sich entwickelt und/oder ich älter werde...): Dass es 1996, als ich mit dem Biblionetz begann, Wikipedia noch nicht gab, war mir aktiv bewusst. Dass aber auch Google noch nicht gegründet war, musste ich mir erst wieder vor Augen führen. In diesem Sinne ist auch die Entstehung des Biblionetzes zu verstehen: 1996 gab es weder Wikipedia noch Google, webbasierte Literaturverwaltungen schon gar nicht. Somit musste man 1996 Informatiker sein, wenn man etwas aufbauen wollte. Kein Wunder, dass dies selten geschah.

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Folie 23

Die spannende Frage im Jahr 2010 ist nun aber: Unterdessen muss man keineswegs mehr Informatik studiert zu haben. Werden nun bald alle ihr persönliches Biblionetz haben? Was sind die nichttechnischen Gründe, dass dies bisher nicht in grossem Umfang geschehen ist? Sind wir damit bereits beim Thema Leitmedienwechsel?

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Folie 34

Wer programmiert hier wen?

22 September 2010 | Beat Döbeli Honegger | Medienbericht
Im Tages Anzeiger von gestern Montag, den 20.09.2010 ist unter dem Titel Versicherer ziehen konservative Bewerber vor ein Artikel zu Online-Eignungstests von Schweizer Versicherungsunternehmen für zukünftige Aussendienstmitarbeitende zu lesen.

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Die Geschichte in Kürze: Die Versicherer liessen ihre bestehenden Aussendienstmitarbeitenden gegen 800 Fragen zu ihrer Lebensweise, Einstellungen etc. beantworten. Mittels Statistikprogrammen eruierten sie danach diejenigen Fragen bzw. Antworten, welche mit dem Verkaufserfolg der Mitarbeitenden korrelierten. Diese Fragen stellen sie nun per Webinterface Stellenbewerberinnen und -bewerbern und können so automatisiert potenziell erfolgreiche Mitarbeitende aussortieren. Im Artikel wird anschliessend darauf eingegangen, ob dieses Vorgehen arbeitsrechtlich korrekt sei.

Mich interessiert ein anderer Aspekt der Geschichte: Welche Rolle spielt hier der Computer? Eines ist klar: Ohne Computer wäre dieses Vorgehen unmöglich. Erst der Computer ermöglicht, mit einigermassen vertretbarem Aufwand alle Mitarbeitenden 800 Fragen beantworten zu lassen und dann Korrelationen zum Mitarbeitenden-Umsatz zu suchen. Dies ist ein Beispiel für die These, dass der Computer dazu geführt hat, immer mehr zu messen und auszuwerten. Gunter Dueck (Biblionetz:p01183) hat dafür den Begriff Omnimetrie (Biblionetz:w01810) geprägt, den er als "die Sucht oder die Notwendigkeit, alles zu messen." definiert.

Der Computer hat in dieser Geschichte noch eine andere Rolle: Er wimmelt automatisiert und scheinbar ohne menschliche Verantwortung aus Sicht der Versicherungen ungeeignete Bewerberinnen und Bewerber ab. Hier werden Entscheidungen scheinbar an den Computer delegiert. Kein Mensch in der Versicherung muss mehr hinstehen und jemandem ins Gesicht sagen, dass die Versicherung nicht an der Bewerbung interessiert sei. Das erledigt der Computer.

Omnimetrie und Delegation sind zwei Aspekte des Mensch-Maschine-Verhältnisses, das wir auf dem Niveau Sekundarstufe 2 im Modul Wer programmiert hier wen? des Online-Informatik-Lehrmittels http://iLearnIT.ch behandeln.

Das Modul beschäftigt sich mit der Interdependenz von Mensch und Maschine. Auf der Primarschulstufe (5./6. Klasse) geht es primär um die sinnvolle Gestaltung der Benutzerschnittstelle, auf der Sekundarstufe II sind dann auch gesellschaftliche und ethische Aspekte ein Thema.

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Als Rahmengeschichte wollen die drei Roboter, bit, byte und nibble Tickets für eine Bergbahn kaufen. Zu diesem Zweck stehen ihnen drei Kaufmöglichkeiten zur Verfügung:

  • Ticket-Automat
  • Webinterface
  • Bestelltelefon

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Alle drei Kaufmöglichkeiten haben ihre Vor- und Nachteile. Anhand dieser wird das Verhältnis Mensch-Maschine diskutiert. Die drei Kaufmöglichkeiten müssen analysiert werden, lassen sich umprogrammieren und anhand von Türen und Lichtschaltern wird das Thema auch ohne Computer aufgezeigt.

Das Modul ist in drei Schwierigkeitsstufen verfügbar:

Bemerkungen & Fehlermeldungen gerne an info@iLearnIT.ch

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Twitterloch und Beatloch

21 September 2010 | Beat Döbeli Honegger | Veranstaltung

Hat Twitter (Biblionetz:w02116) in der E-Learning-Community soeben die Spitze des hype cycles (Biblionetz:w01398) hinter sich, folgt nun das Twitterloch ?

Während vor einem Jahr bei der E-Learning 2009 in Berlin heftig getwittert worden war und dies entsprechende Debatten zur richtigen Konferenzkultur ausgelöst hat, war Twitter an der GMW-Jahrestagung 2010 primär sehr unterhaltsames Thema einer Abend-Einlage von Joachim Wedekind (Biblionetz:p02497) und Koni Osterwalder, getwittert wurde aber auf der Tagung praktisch nicht.

So musste ich mit Schreck feststellen, dass meine 38 mit #gmw10 getaggten Tweets bereits gereicht haben, um der aktivste Twitterer der Hauptkonferenz zu sein (auf 38 kam ich auch nur, weil ich während meines Vortrags die erwähnten Webseiten autotwitterte):

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Quelle: summarizr

Ich? Ich bin doch kein Twitterer, nutze ich doch Twitter praktisch ausschliesslich als Konferenz-Werkzeug, somit also nur an wenigen Tagen im Jahr. Aus diesem Grund followe ich auch niemandem, sondern abonniere während einer Konferenz einfach das Konferenz-Hashtag. Dies scheint in der E-Learning-Community die Ausnahme zu sein, so dass Joachim und Koni den Begriff des Beatlochs prägten (Joachim: Danke für den Film) und in der Folge mein Twitterimpact in ihrem Berechnungen dank einer Division durch 0 ins Unendliche schnellte wink

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Doch ernsthafter, was hat das zu bedeuten? Vor kurzem hat Twitter die Zahl der Blogpostings verringert, weil immer mehr Blogger die Zeit nicht mehr fanden, lange und fundierte Blogpostings zu verfassen und sich somit zunehmend mit 140 Zeichen begnügten. Kommt nun die Zeit, wo auch die Twitter-Sau erfolgreich aus dem Dorf vertrieben worden ist und man wieder den Wert des direkten Gesprächs und der realen Begegnung schätzt?

Ich weiss es nicht. Angesichts der vielen offenen Notebooks während der GMW 2010 und der wenigen Tweets: Habe ich evtl. den nächsten Hype verpasst und alle nnblggn, nur ich hab's noch nicht gemerkt?

P.S.: Zur Frage des Twitterns an Konferenzen siehe auch Getting Granular on Twitter Tweets from a Conference and their Limited Usefulness for Non-Participants PDF-Dokument (Biblionetz:t12156)

Twittern während des Vortrags

20 September 2010 | Beat Döbeli Honegger | Software, Veranstaltung
An Tagungen und Konferenzen hat sich in letzter Zeit ein (heimlicher) Kommunikationskanal etabliert: Twitter (Biblionetz:w02116). Losgelöst vom Referenten wird da Nützliches und Ärgerliches über den laufenden Vortrag publiziert und diskutiert, seien dies weiterführende Links, Fragen zum Thema, aber auch hämische Kommentare zur Präsentation.

Während sich die Zuhörer über Twitter fröhlich austauschen können, ist der Referent davon ausgeschlossen, denn er muss sich ja auf seinen Vortrag konzentrieren und kann nicht gleichzeitig den Rückkanal verfolgen oder gar bedienen.

Hmm, liesse sich dieser Rückkanal nicht trotzdem auch als Referent nutzen? Ich könnte während meines Vortrags URLs gleich twittern, statt sie zum mühsamen Abschreiben auf die Folien schreiben.

Ein solches Werkzeug gibt es, und ich habe es heute während meines GMW-Vortrags zu Literaturverwaltung 2.0 erfolgreich ausprobiert.

Mit dem PowerPoint-Plugin AutoTweet lassen sich in den Vortragsnotizen pro Folien Tweets definieren, die dann bei der Anzeige der entsprechenden Folie automatisch publiziert werden.

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Mein Experiment hat dazu geführt, dass gewisse Zuhörer heute intensiv versucht haben herauszufinden, wann ich denn heimlich zur Tastatur greife und twittere... wink

Auf der gleichen Webseite sind auch andere Twitter-Tools für PowerPoint zu finden, mit dem sich Twitter-Umfragen oder eine Twitterwall in den Vortrag einbauen lassen.

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Ein Blick auf diese Tools dürfte sich lohnen!

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Kommentare:

Danke übrigens für den "use case" zu Auto-Tweet. Als ich die PPT-Twitter-Tools angeschaut hatte, war mir nicht ganz klar, wozu das Auto-Tweet gut sein sollte; das "ich rede gerade über … Selbstmarketing" finde ich nicht so sympathisch. Aber empfohlene Links ("Literaturhinweise", "Quellen") twittern, das ist eine gute Idee. Gruss, A. Back, HSG

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#leitmedienwechsel

20 September 2010 | Beat Döbeli Honegger
Seit ich an der GMW-Tagung in meiner Präsentation den Begriff des Leitmedienwechsels (Biblionetz: Bisher nichtexistent!) von der Preconference aufgegriffen und verwendet habe, wurde ich mehrfach danach gefragt, was er denn bedeute.

In den Worten von Dirk Baecker (Biblionetz:p00570):

Wir haben es mit nichts Geringerem zu tun als mit der Vermutung, dass die Einführung des Computers für die Gesellschaft ebenso dramatische Folgen hat wie zuvor nur die Einführung der Sprache, der Schrift und des Buchdrucks. Die Einführung der Sprache konstituierte die Stammesgesellschaft, die Einführung der Schrift die antike Hochkultur, die Einführung des Buchdrucks die moderne Gesellschaft und die Einführung des Computers die nächste Gesellschaft. Jedes neue Verbreitungsmedium konfrontiert die Gesellschaft mit neuen und überschüssigen Möglichkeiten der Kommunikation, für deren selektive Handhabung die bisherige Struktur und Kultur der Gesellschaft nicht ausreichen. Jede Einführung eines neuen Verbreitungsmediums muss daher zur Umstellung dieser Struktur und dieser Kultur fuhren, soll sie auf breiter Front überhaupt möglich sein. Andernfalls wird das neue Medium auf eine periphere Verwendungsform beschränkt.

Quelle: Dirk Baecker (2007) Studien zur nächsten Gesellschaft, S. 7 (Biblionetz:b04152)

In meinem bisherigen (eingeschränkten) Verständnis relevante Literatur dazu:

  • Biblionetz:b04152 Dirk Baecker (2007) Studien zur nächsten Gesellschaft
  • Biblionetz:b02961 Michael Giesecke (2002) Von den Mythen der Buchkultur zu den Visionen der Informationsgesellschaft

Und weil man ja nicht von Leitmedienwechsel reden kann und dann nur Artefakte der Buchgesellschaft angeben kann, hier noch zwei Hinweise auf Videomaterial und (Micro-)Blogs:

Videos:
  • Dirk Baecker im Gespräch mit Roger de Weck (2010): Die Krisen der Computergesellschaft
  • Dr. Bill Rankin, Direktor für Bildungsinnovation an der Abilene Christian University (ACU) Texas USA, einer Universität, die bereits 2007 angefangen hat, Studierende mit Smartphones auszurüsten und wo im Jahr 2010 alle 5000 Studierenden mindestens ein iDevice besitzen, hat als Mittelalter-Wissenschafter seinen Vortrag vom 8. September 2010 an der HGK der FHNW weitgehend auf dem Prinzip des Leitmedienwechsels aufgebaut: Quicktime-Video (Biblionetz:t12160). (Das war allgemein interessant, aber etwas enttäuschend, dass er relativ wenig über die konkrete Situation an seiner Universität erzählt hat).

(Micro-)Blogs:

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