Dies ist der private Weblog von Beat Döbeli Honegger

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Rezensionen zu Manfred Spitzers Digitaler Demenz

25 September 2012 | Beat Döbeli Honegger
Da ich bisher nicht zu einer inhaltlichen, sondern nur zu einer kurzen methodischen Kritik (siehe Wenn Manfred Spitzer falsch rechnet und unsauber zitiert und Wenn Spitzer Studien zitiert) am neusten Buch Digitale Demenz (Biblionetz:b04942) von Manfred Spitzer gekommen bin, hier der Hinweis auf einige aus meiner Sicht seriöse Rezensionen von Leuten, die das ganze Buch nicht nur oberflächlich überflogen, sondern kritisch gelesen haben:

Update vom 09.09.12:

Update vom 11.09.12:
spitzer-rezensionen.jpg

Und zum Schluss auch eine polemische Rezension:


Information bildet

20 September 2012 | Beat Döbeli Honegger

Ein spannende, aber vermutlich auch anstrengende Weiterbildung für Schweizer GymnasiallehrerInnen. Mehr Informationen unter http://www.information-bildet.ch/

Denn

und

Nicht neu, aber noch immer gültig.

Wenn Spitzer Studien zitiert

18 September 2012 | Beat Döbeli Honegger | Annoyance
Sorry, dass ich bereits wieder mit einem Spitzer-Posting komme (siehe Digitale Demenz: Wenn Manfred Spitzer falsch rechnet und unsauber zitiert) aber nachdem Manfred Spitzer (Biblionetz:p01290) es gestern abend (29.08.12) in der Sendung log-in des ZDF wieder mal auf die Spitze getrieben hat, musste ich das Buch wieder hervorkramen und nicht langen suchen, bis ich gute Beispiele für Spitzers Umgang mit der Wissenschaft fand.

Wer die Sendung verpasst hat, hier ein Zusammenschnitt in 180 Sekunden:

Spitzers Aussage ist u.a: Computer und Internet machen süchtig (Biblionetz:a00057). Im aktuellen Buch Digitale Demenz (Biblionetz:b04942) im Kapitel Schlaflosigkeit, Depression, Sucht & körperliche Folgen (Biblionetz:t14168) klingt das dann so:

Über das Suchtpotenzial von Internet und Computern liegen mittlerweile eine Reihe von Studien vor, die von der einfachen Statistik des Auftretens (Epidemiologie) bis zum Wirkungsmechanismus (Gehirnforschung) reichen. Wir wissen also nicht nur, dass digitale Medien süchtig machen, wir wissen auch, warum dies so ist. (S. 266)

Liest man nun die von Spitzer im übernächsten Absatz (S. 266) zitierte Studie Prävalenz der Internetabhängigkeit (PINTA) PDF-Dokument von Rumpf et al. (2011) (Biblionetz:t14243), dann heisst es dort:

Die Internetabhängigkeit ist eine noch wenig erforschte Form der stoffungebundenen Süchte. Ihr wird derzeit viel Aufmerksamkeit geschenkt, u. a. weil es sich um eine Problematik mit wachsender Bedeutung handeln könnte. Bislang ist ungeklärt, ob (1) Suchtprobleme bei Internetgebrauch eine bedeutsame Störung mit klinischer Relevanz darstellen und (2) ob deren Prävalenz in der Bevölkerung Größenordnungen aufweist, die bundespolitisches Handeln erfordern. Bisher gibt es jedoch aufgrund des Mangels an hinreichend validen Daten keine aussagekräftigen Untersuchungen des Problems.

und

International finden sich Prävalenzraten zwischen 1 und 14% (Christakis, 2010). Die Daten zur Häufigkeit von Internetabhängigkeit international und für den deutschen Raum sind in einem vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) geförderten Projekt gesichtet und zusammengefasst worden (Petersen et al., 2010). Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass eine Vielzahl von methodischen Problemen vorliegt, so dass nur vorläufige Schätzungen möglich sind. Die Hauptprobleme bestehen darin, dass es sich in vielen Fällen um Gelegenheitsstichproben handelt, die keinen Anspruch auf Repräsentativität erheben können, und dass Erhebungsverfahren eingesetzt wurden, die nicht validiert sind. Es kommt hinzu, dass derzeit keine einheitliche Definition von Internetabhängigkeit vorliegt (Byun et al., 2009).

Das klingt aber gar nicht nach "Tatsache und Ursachen sind restlos geklärt.", im Gegenteil. Das beschriebene Beispiel ist übrigens beileibe kein Einzelfall:
  • So zitiert er z.B. die Studie Media use, face-to-face communication, media multitasking, and social well-being among 8- to 12-year-old girls von R. Pea et al. (Biblionetz:t14194) und berichtet dabei von Kausalitäten: "Die Studie zeigte zunächst, dass der häufige Konsum von Videos einen ungünstigen Einfluss auf erfolgreiche soziale Beziehungen hat." obwohl die Autoren der Studie selbst deutlich betonen, dass ihre Studie keine kausalen Aussagen zulasse (S.9).
  • Oder er zitiert auf Seite 223 aus einer Studie einen 17-Jährigen. Die als Quelle angegebene Studie von "Rideout et al. 2006" handelt aber von sechsmonatigen bis sechsjährigen Kindern.
Auch hier gilt wieder, dass meine Kritik nicht die Problematik der Internetsucht negieren soll. Ich weise nur darauf hin, dass Spitzer, der in der gestrigen Diskussionssendung mehrfach seine zitierten wissenschaftlichen Studien als Quelle der alleinigen Wahrheit dargestellt hat, mitunter sehr selektiv und eigenwillig aus Studien zitiert und Schlüsse daraus zieht.

Spitzers Vorgehensweise ist in keinster Art und Weise hilfreich zur Lösung der tatsächlich vorhandenen Herausforderungen im Zusammenhang mit Computer und Internet in Schule und Gesellschaft.

Als Wissenschafter stört mich zudem, dass er sich dauernd auf seine Wissenschaftlichkeit beruft, aber gleichzeitig sehr schludrig und unwissenschaftlich vorgeht. Das schadet auch dem Ansehen der Wissenschaft. Siehe auch:

Kritik hin oder her, Herr Spitzer rüttelt den Normalbürger!

Wo sind die Belege, dass der Einsatz digitaler Medien tatsächlich zu einer Verbesserung der Leistungen führt.

Wer sagt, was Medienkompetenz ist, wie sie vermittelt werden kann und wie die Kompetenz im Lernprozess wirkt? Welcher Lehrer verfügt über Medienkompetenz und ist in der Lage diese Kompetenzen zu vermitteln?

Goldige Zustände in Goldau?! Im Tagesgeschäft scheitern viele an der eigenen Inkompetenz. Das beginnt schon bei der Bedienung eines OH-Projektors und endet bei der Bedienung eines PC. Meine Kollegen sind um die 50 und haben eine Stundenbelastung von 26 Unterrichtsstunden. Was erwartet man dann?

Gruß aus Berlin

-- Main.MatthiasMache - 17 Sep 2012

Die Frage Was bringt der Computereinsatz in der Schule? (Biblionetz:f00088) wird seit 40 Jahren intensiv gestellt und beforscht. Im Schulalltag hängt die Antwort von sehr verschiedenen Faktoren ab (Alter, Fach, Medienkompetenz der Lehrperson, Medienkompetenz der Sschülerinnen und Schüler etc.) so dass eine pauschale Antwort schwierig ist. Für eine Pauschalantwort kann man am ehesten die aktuelle Meta-Meta-Analyse von John Hattie heranziehen, die er in seinem Buch Visible Learning (Biblionetz:b04477) präsentiert. Er kommt zum Schluss, dass Computer assisted instruction eine positive Effektstärke von .37 hat, was aus meiner Sicht nicht besonders berauschend, aber auch nicht vernachlässigbar ist. Es fragt sich aber, wie relevant eine solche Pauschalsicht ist, denn wer würde schon fragen, was der Effekt einer Wandtafel im Schulzimmer ist. Bei der Wandtafel ist allen klar, dass die Wandtafel alleine noch keine besseren Lernergebnisse sicherstellt. Genauso ist es mit Computern im Schulzimmer.

Ich bin absolut einverstanden, dass die Vermittlung von Medienkompetenz eine grosse Herausforderung für die Schule ist, weil sie a) sich weiterentwickelt und b) nicht nur die Lernenden, sondern auch die Lehrpersonen diesbezüglich lernen müssen. Keineswegs goldige Zustände in Goldau, auch wir an der pädagogischen Hochschule und in den Schulen müssen Wege finden, wie wir trotz Ressourcenmangel die neuen Themen sinnvoll vermitteln können.

Meines Erachtens sind bezüglich Medienkompetenz (Biblionetz:w00542) nicht fehlende Begriffsdefinitionen, wissenschaftliche Arbeiten, Lehrpläne oder Unterrichtsbeispiele das grosse Problem. Es ist ein Mangel an Ressourcen (Zeit, Geld) in diesem Bereich, weil Medienkompetenz bildungspolitisch bisher zu wenig gewichtet wird.

Eines aber scheint mir klar: Digitale Medien pauschal verdammen oder ignorieren hilft nicht weiter.

-- Main.BeatDoebeli - 18 Sep 2012

Mein GMW-Dilemma: Gelöst! (Update)

06 September 2012 | Beat Döbeli Honegger | Veranstaltung
In 10 Tagen beginnt in Wien die GMW-Tagung 2012. Und ich stecke in einem Dilemma:

Vor einem Jahr war ich an der GMW 2011 Mitinitiant und Erstunterzeichner der Petition GMW-Tagungsband digital vor der Tagung!. Ich habe damals folgendes unterschrieben:

Wir kommen nur an die GMW 2012 in Wien, wenn die Tagungsbeiträge den zahlenden Teilnehmern/Teilnehmerinnen vorher digital zur Verfügung stehen.

(mehr zur Entstehungsgeschichte dieser Petition siehe Wünsche für die GMW 2007 revisited)

Hmm, und weil ich hinter den Kulissen kurz nach der Tagung vernommen hatte, dass die Forderung in diesem Jahr erfüllt werden würde, habe ich nicht nur Reise, Hotel und GMW-Teilnahme inkl. Konferenzdinner gebucht, sondern mich auch noch für den GMW-Vorstand beworben:

“Bei meinen Überlegungen, was ich denn in der GMW bewegen möchte, habe ich mich an meine frühere Kritik erinnert und bin zur Formel “Präsenz und digitale Medien nutzen” gekommen. Dies bezieht sich insbesondere auf die Jahrestagung: An der Tagung Dinge tun, die Präsenz erfordern bzw. die Teilnahme lohnend machen und nicht Dinge tun, die man auch zeit- und ortsversetzt tun könnte. Die Tatsache, dass der Tagungsband dieses Jahr für die angemeldeten Teilnehmenden erstmals vor der Tagung verfügbar sein soll, ist ja da ein erster, erfreulicher Schritt in diese Richtung.”

Statt nur als Nicht-Mitglied über die GMW zu motzen, könnte ich auch konstruktiv mitarbeiten - so meine Überlegung.

So, und nun mein Dilemma: 10 Tage vor der Tagung ist von einem digitalen Tagungsband (Biblionetz:b04971) noch nichts zu sehen. Das bedeutet, dass die Referierenden nun - ich übertreibe bewusst - anfangen, den Inhalt ihres schriftlichen Beitrags möglichst vollständig auf Folien zu pappen. Und die angemeldeten Teilnehmenden laufen Gefahr, unvorbereitet am ersten Konferenztag 250seitige Konferenz-Proceedings in die Hand gedrückt zu erhalten und die Referierenden lesen den Inhalt ihres Beitrages vor. Soweit alles wie bisher.

Und ich muss mich nun entscheiden, ob ich an die GMW-Tagung gehen werde, denn: Tue ich das ohne digitalen Tagungsband im Voraus, so werde ich wortbrüchig. Und so jemanden will man ja nicht im Vorstand, oder? wink

Also, liebe GMW: Helft mir aus meinem Dilemma und stellt den Tagungsband noch am Wochenende den angemeldeten Teilnehmenden zur Verfügung!

Update: Seit kurzem ist der Tagungsband der GMW 2012 downloadbar PDF-Dokument! Sehr schön, damit ist mein Dilemma weg!

Update II: Sandra Hofhues fragt zu Recht: Was heisst das nun eigentlich?

-- Main.BeatDoebeli - 06 Sep 2012

Mit Tablets Lesen und Schreiben lernen

04 September 2012 | Beat Döbeli Honegger | Medienbericht, Schul-ICT
In diesen Tagen geistert eine Agenturmeldung durch viele Medien, dass in einem Vorort von Stockholm drei Schulklassen mit iPads ausgestattet würden, weil die Kinder damit besser Lesen und Schreiben lernen könnten. Siehe:

Die Agenturmeldung weist zwar auf eine wichtige Entwicklung hin, ist aber trotzdem in mehrfacher Sicht ärgerlich. Dabei ist es nicht die Verwechslung von Tablets mit Tablet PCs (Biblionetz:a01108), die mich besonders stört (daran muss ich mich vermutlich gewöhnen), sondern die Entweder-Oder-Haltung, die sowohl von den Befürwortern als auch den Kritikern dieses Projekt anklingt:

  • Laut Agentur-Meldung sollen mit dem Projekt Schulbücher abgeschafft werden:
    Entweder Tablets oder Schulbücher.
  • Laut Agentur-Meldung wehrt sich der Schwedische Minister gegen die Abschaffung der Handschrift.
    Entweder Schreiben am Computer oder Schreiben von Hand.
Rhetorisch handelt es sich um falsche Dilemmata (Biblionetz:w02142), indem davon ausgegangen wird, dass es nur zwei Varianten gäbe: Entweder - oder. Es gibt aber auch eine dritte Variante: Sowohl als auch.

Zudem scheint es sich im zweiten Fall auch um ein Strohmann-Argument (Biblionetz:w02156) zu handeln: Das Projekt will (zumindest laut Agenturmeldung) die Handschrift ja nicht abschaffen. Es wird also etwas kritisiert, das so gar nicht gefordert bzw. versucht wird.

Seit dem iPhone-Projekt ärgere ich mich zunehmen über solche Entweder-Oder Diskussionen. Sie scheinen mir realitätsfremd und destruktiv. Siehe dazu auch mein Posting Der Kampf gegen die Entweder-Oder-Wahrnehmung vom Februar 2011.

So, das war der allgemeine rant, nun zur konkreten Thematik. Einsatz von Computern zum Schriftspracherwerb. (Biblionetz:a00673) Einmal mehr: Das ist ja nichts neues. Die Diskussion, ob man mit Computern das Lesen- und insbesondere Schreiben lernen fördern könne, ist mindestens 15 Jahre alt, selbst im deutschen Sprachraum. Gerne zitiere ich aus dem Artikel Der Computer als Herausforderung zum Nachdenken über schriftsprachliches Lernen und Schreibkultur in der Grundschule (Biblionetz:t05998) von Barbara Kochan (Biblionetz:b03617), denn viel Wesentliches wurde bereits 1996 geschrieben:

Befürchtungen wie: die Kinder würden, verwöhnt durch bequemes Tippen, nicht mehr lernen wollen, mit der Hand zu schreiben; die Handschrift würde unter dem Tippen leiden; die Kinder würden schließlich das Schreiben meiden, wenn ihnen kein Computer verfügbar ist - solche Befürchtungen wurden in der Praxis nicht bestätigt. Auch nicht in England, wo die Kinder in einigen Klassen die Tastatur benutzen, bevor sie mit der Hand schreiben lernen.

und

Oft wird gegen das maschinenschriftliche Schreiben (in der Grundschule) eingewendet, daß die Handschrift als Persönlichkeitsausdruck viel wertvoller ist. Richtig! Aber: Bislang hat die Schule diesen Wert alles andere als respektiert. Normeinhaltung und eine von Erwachsenen bestimmte Ästhetik sind vielfach die Maßstäbe, nach denen Kinderhandschriften (auch in Form von Zensuren) kritisiert werden - ohne Respekt vor der Persönlichkeit, die sich in einer jeden (also auch in einer "schlechten") Handschrift ausdrückt. Die Maschinenschrift bietet - so gesehen - den Kindern eine Möglichkeit, sich Diskriminierungen ihrer Handschrift (und damit ihrer Person) zu entziehen.

Ebenfalls in die gleiche Richtung zielt das Fazit eines Projekts von Elke Schröter im Artikel Der Beitrag des Schreibwerkzeugs Computer zur Herausbildung von Schreib- und Lesekompetenz jüngerer Kinder (Biblionetz:t06030) von 1997:

Unsere Erfahrungen mit den Projektklassen belegen zweifelsfrei, dass sich mit dem Einsatz der Textverarbeitung im Unterricht vom ersten Schultag an, die beim Schreiben mit der Hand erforderliche Gleichzeitigkeit der Bewältigung mehrerer Subprozesse in ein von den individuellen Kompetenzen des Kindes bestimmtes viel leichter zu bewältigendes Nacheinander auflösen lässt.

So, und 1997 hatte man noch den Gegensatz von Tastaturschreiben am Computer (Biblionetz:w01911) und Handschrift mit Stift (Biblionetz:w02259). Sowohl mit Tablet-PCs als auch mit Tablets ist dieser Gegensatz aufgeweicht: Auch am Computer lässt sich mit Finger oder Schrift von Hand schreiben!

Spätestens, seit es Apps zum Schriftspracherwerb gibt, bei denen das Schreiben von Hand erlernt werden kann und der Computer die Buchstaben auch hörbar machen kann, muss man schon genauer hinschauen, bevor über Sinn oder Unsinn des Computereinsatzes zum Schriftspracherwerb geurteilt werden kann.

schriftspracherwerb-01.jpg
iPad-App Erstes Schreiben, erstes Lesen

Wenn es bereits eine Schriftspracherwerbs-App nach Montessori-Methode gibt (derzeit erst englisch), dann kann die Diskussion ja nicht mehr so schwarz-weiss sein:

schriftspracherwerb-02.jpg
iPad-App Intro to Letters

Das Sowohl-Auch-Amen von heute stammt von Lisa Rosa:

Was die pädagogische Praxis angeht, kann man sicher nix falsch machen, wenn man alles ermöglicht und als Lehrer mit allem umgeht und die Kinder daran beteiligt. (CC-BY-SA)

So sei es smile


Main.LisaRosa meint:

wunderbar, lieber Beat!

Aber trotzdem möchte ich noch was anmerken:

"Schulbücher" sind ja ein ganz spezielles Medium. Erst mal haben sie gar nichts mit Handschrift zu tun (Handschrift ist Stift und Papier, und das wollten die iPad-Schweden ja nicht abschaffen, oder?). Zweitens: "Schulbücher" sind nicht wie normale wissenschaftliche oder literarische Bücher. Es sind "lehrbücher", in der Buchgesellschaft und ihren Lehranstalten entstanden zum systematischen "Buchlernen", das (Giesecke hat es nachgewiesen) das Erfahrungslernen zugunsten des systematischen Lernens von vermeintlich objektiven Wahrheiten abgewertet hat.

Schülbücher existieren nicht einzeln. Es gibt sie im Klassensatz oder im Jahrgangssatz, und sie sind schweinemäßig teuer. Wenn ein Schulbuch mal eingeführt (vom Staat abgenickt) ist, dann ist Garantie auf Großabsatz gesichert. (Marktmechanismen außer Kraft).

Wenn wir nun tablets und Laptops und WLAN in den Bildungsinstitutionen brauchen - und zwar für alle und jederzeit und for free - dann können wir uns das gleichzeitige Weitermitführen solcher Möchtegernobjektivewahrheitverkündungswerke in Klassensatzstärke wahrscheinlich nicht mehr leisten. Vielleicht ein Exemplar zum Nachschlagen, wie etwas vor 3 - 10 Jahren gesehen wurde aus Sicht der Schulweisheit - ok.

Und sonst: Bücher soviel wie möglich: der ganze Shakespeare, der ganze Freud, Marx, Thomas Mann, die ganze Astrid Lingren, alle Was-ist-was-Bücher und Anleitungen zum Programmieren, was auch immer! - Aber keine "Schulbücher" mehr.

-- Main.LisaRosa - 02 Feb 2012

-- Main.ChristianFueller - 04 Feb 2012

starker text mit wichtigen hinweisen - und einem geradezu banalen Schluss: alle sollen im unterricht alles machen dann wird alles gut - irgendwie. d.h, das künstliche Dilemma Nummer 2, das beat anspricht, ist gar keines: die verbundene Handschrift wird de facto abgeschafft, jedenfalls wird sie nicht mehr gelehrt.

wozu argumentiert man viele Absätze lang differenziert, um dann anything goes zu enden?

und es gibt noch eine wichtige Ergänzung: die situation ist ja nun mal anders, als beschrieben. es gibt nämlich ziemlich konkrete Pläne, die gebundene Schreibschrift aus der schule zu verbannen. der grundschulverband, eine schlagkräftige lobbyorganisation, hat gratis give aways anfertigen lassen, um die schulen in ein neues verfahren des schreibenlernens zu ziehen - das nichtlernen. Grundschüler sollen sich künftig selber beibringen, wie sie Buchstaben verknüpfen. das ist geradeso als wollte man die Interpretation der Verkehrsregeln freistellen: der eine stoppt bei grün, der andere bei gelb.

-- Main.ChristianFueller - 04 Feb 2012 Die anscheinend in Deutschland gehegte Absicht, gebundene Handschrift abszuschaffen (mir als Schweizer bisher nicht bekannt) ist aber nicht das Gleiche, wie die Handschrift insgesamt abzuschaffen...

-- Main.BeatDoebeli - 04 Sep 2012

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