Die Pädagogische Hochschule Zentralschweiz verlangt seit Ihrer Gründung im Jahr 2003 von den Studierenden den Besitz eines Notebooks. Nach einigen Jahren Betrieb wurde nun im Rahmen einer von Daniela Knüsel (Biblionetz:p02137) am Institut für Medien und Schule (IMS) durchgeführten Studie ein Zwischenfazit gezogen. Dieser Tage wurde die zuerst nur PH-intern verfügbare Studie publiziert (Biblionetz:b03961).
Während die Evaluation primär natürlich für die PHZ bzw. ihre Teilschulen von Interesse ist, scheinen mir andere Aspekte auch für andere LehrerInnenbildungsinstitutionen relevant zu sein. Das Zitat einer Studentin aus einem Fokusgruppeninterview (S. 64)möge als Appetizer für die weitere Lektüre dienen:
"Für ein Obligatorium brauchen wir die Notebooks zu selten."
Ich bin gespannt darauf, welche Veränderungen an unserer Teilschule durch diese Evaluation ausgelöst werden
Wieder einmal möchte ich einen noch nicht ausgegorenen Gedanken, den ich die letzten Tage mit mir herumtrage hier zur Diskussion stellen.
Ich beschäftige mich ja schon länger mit der Frage, welche Bedeutung die Wissenschaft Informatik (Biblionetz:w00458) für die Allgemeinbildung (Biblionetz:w00463) hat und wie sich entsprechende Inhalte gegebenenfalls in die bereits überfrachtete obligatorische Schulzeit packen liessen. Will man heutzutage etwas Neues in die Schule packen, bedeutet dies fast zwangsläufig, dass man etwas anderes streicht. Neue Themen und Inhalte haben es damit schwer, sie haben traditionelle Themen und Inhalte als natürliche Opponenten. Zu diesem Verdrängungskampf kommt dann noch das Drängeln der zahlreichen neuen Themen und Inhalte: Ist jetzt interkultureller Dialog wichtiger als Gesundheitsförderung oder Berufsorientierung ?
In der Vergangenheit habe ich die Themenbereiche Informatik und Bildung für eine nachhaltige Entwicklung (BNE) (Biblionetz:w01620) als sich nicht sehr grün seiend erlebt. Gegenseitige Skepsis scheint mir für das Verhältnis noch höflich formuliert.
In den letzten Tagen hatte ich mehrfach an verschiedenen Orten mit dem Thema Systemdenken (Biblionetz:w00104) zu tun und derzeit fasziniert mich der Gedanke, dass Systemdenken ein verbindendes Element von BNE und Informatik sein könnte:
Es geht um das modellierende, vernetzte Denken, um Systeme der Wirklichkeit zu beschreiben, zu simulieren und zu verstehen.
Diese Aussage könnte doch sowohl als Teilziel der Bildung für eine nachhaltige Entwicklung als auch als Teilziel der Informatik durchgehen, oder?
Spielt es letztlich eine Rolle, unter welchem Fächerdach Themen wie Rückkoppelung, Wirkungsdiagramme (Biblionetz:w01121) oder Systemarchetypen (Biblionetz:w01562) vermittelt werden? Aber in unserer stark vernetzten, interdependenten Welt sollten diese solche Konzepte doch Bestandteil der Allgemeinbildung sein, oder?
P.S.: Die Diplomarbeit Vermittlung systemwissenschaftlicher Grundkonzepte von Reinhard Wagner (2002) (Biblionetz:b01645) liefert meiner Ansicht nach eine gute (und kostenlos im Netz verfügbare) Einführung ins Thema.
Lieber Beat,
im Hamburger Rahmenplan der Oberstufe ist "Modellbildung und Simulation" zum Pflichtthema geworden, gerade unter dem Aspekt.
http://www.mint-hamburg.de
Viele Grüße,
Torsten
-- Main.TorstenOtto - 20 May 2010
Lieber Torsten, danke für den Hinweis! Welche Klassenstufen sind in Hamburg "Oberstufe"?
-- Main.BeatDoebeli - 27 May 2010
Die Oberstufe in Deutschland ist die gymnasiale Stufe 11-13 (resp. 12, wo gekappt wurde). Zumindest war das in Nordrheinwestfalen vor 10 Jahren so...
-- Main.MelanieBolz - 31 May 2010
Die Grundkenntnisse und die Fertigkeit rund um digitale Medien (Spiele, Internet und Fernsehen) sollen dabei altersgerecht angepasst und aufbauend unterrichtet werden. Die Kinder und Jugendlichen sollen auf jeder Stufe separat und lernfachunabhängig einen Leistungsnachweis erhalten. Dieser ist an ein Zertifikat gebunden. In einem Baukastensystem werden zunehmend Kenntnisse über verschiedene Teilbereiche der Medienkompetenz vermittelt.
In seiner Antwort (Biblionetz:t11665) bekräftigt der Bundesrat zwar die Bedeutung von Medienkompetenz (Biblionetz:w00542) in der heutigen Informationsgesellschaft, sieht jedoch keinen zusätzlichen Handlungsbedarf, da
die Volksschule bereits seit längerem Medienkompetenz vermittle,
das Thema im Bereich "überfachliche Kompetenzen und überfachliche Themen" des Lehrplans 21 bereits vorgesehen sei,
ein solcher Medienführerschein weder Konfrontation noch Konsumation gefährlicher Internetinhalte verhindern würde,
das Aufstellen und Durchsetzen entsprechender Regeln "Teil der elterlichen Erziehungsverantwortung" sei.
der Bund im Volksschulbereich keine gesamtschweizerischen Kompetenzen habe
jedoch mit der Finanzierung des Schweizerischen Bildungsservers educa.ch seine diesbezügliche Verantwortung bereits wahrnehme.
Ich persönlich begrüsse die Stossrichtung der Motion sehr. Es scheint mir dabei vor allem der Aspekt der Verbindlichkeit von Medienkompetenz relevant zu sein. Im Lehrplan 21 ist "ICT und Medien" bisher als "überfachliche Kompetenzen und überfachliche Themen" ohne eigenes Zeitgefäss verankert (Biblionetz:t11540). Die bisherige Erfahrung im Bereich Medienpädagogik zeigt jedoch deutlich, dass überfachliche Themen ohne Zeitgefäss und Verbindlichkeit gerne vergessen gehen. Ein Medienführerschein ist nun eine Möglichkeit, die notwendige Verbindlichkeit zu schaffen.
P.S: Zur allgemeinen Frage, ob die Vermittlung von Medienkompetenz Aufgabe der Eltern oder der Schule sei: Bei der Vorbereitung eines Elternabends in der iPhone-Klasse bin ich gestern übrigens über eine erstaunliche Auffassung gestossen, warum Mobiltelefone in der Schule (Biblionetz:w01971) nichts zu suchen hätten: Im Buch Kids im Netz (Biblionetz:b03138) meint Nina Scheu:
Ein anderer, nicht minder gewichtiger Grund für das Handyverbot an den Schulen ist aber, dass in vielen Familien der Umgang mit den modernen Kommunikationsmitteln - über die technischen Aspekte hinaus - noch kaum thematisiert und geübt wird.
Tja, ich würde das genau umgekehrt sehen: Gerade weil in vielen Familien das Thema Medienkompetenz zu wenig beachtet wird, muss die Schule hier einen Ausgleich schaffen.
Derzeit sind sowohl Mass- als auch Social Media voller iPad-Berichten und Analysen. hier nur als Erinnerung: Das iPad ist weder das erste noch das einzige Gerät im Slate-Format. Hier ein Vergleich dreier aktuell (angekündigter) Slate-Computer von iPhoneHeat, unter anderem des auch schon hier erwähnten HpSlate:
Vom im Januar 2010 angekündigten HpSlate gibt es unterdessen weitere Werbevideos, die aber nicht viel über die technischen Daten des Geräts aussagen:
http://www.hp.com/slate
Und für diejenigen, die bereits derart dem iPad-Fieber verfallen sind, dass sie nicht mehr klar sehen. Das war kein iPad, sondern mein sechsjähriger TC 1100
… und dabei hast Du das WePad noch nicht einmal erwähnt, Beat. Das ist zwar auch nur angekündigt, aber vielleicht materialisiert es sich ja doch...
Schön aber, dass man den TC1100 jetzt auch so einfach bedienen kann
-- Main.TorstenOtto - 07 Apr 2010
Aus meiner Sicht ist wesentlich, ob auf dem Pad ein freies Betriebssystem läuft oder wenigstens laufen kann und wie weit das Gerät offen für die Entwicklung freier Software ist. Das ist schon deshalb im Bildungsbereich notwendig, weil nicht zu den Kosten der hardware auch noch die Kosten der software hinzu kommen dürfen, da hierdurch soziale Schranken errichtet werden.
-- Main.RomeyW - 09 Apr 2010
Soeben gefunden: Worum es bei dem iPad wirklich geht:
http://www.golem.de/1004/74346.html ("Axel-Springer-Chef: Das iPad rettet die Verlagsbranche")
Mit Bildung hat das wenig zu tun.
-- Main.RomeyW - 09 Apr 2010
Es scheint mir eine relativ enge Sichtweise zu sein, wenn nur Werkzeuge und Medien schultauglich sind, die spezifisch für die Schule entwickelt worden sind. iPad und Konsorten können durchaus für Bildungszwecke nützlich sein, auch wenn sie ursprünglich nicht dafür konzipiert worden sind. Selbstverständlich ist es optimal, wenn spezifische Bildungswerkzeuge und -medien verfügbar sind. Alle anderen aber zum Vornherein auszuschliessen scheint mir falsch zu sein.
-- Main.BeatDoebeli - 09 Apr 2010
Ich schließe Werkzeuge, die unnötige Kosten verursachen, in erster Linie aus sozialen Gründen aus. Es dürfen im Bildungsbereich keine sozialen Barrieren errichtet werden Bei Hartz IV sind 10,- pro Kind schon viel.
-- Main.RomeyW - 09 Apr 2010
Da bin ich einverstanden, wenn die Schüler/-innen bzw. die Eltern das bezahlen müssen. Wenn es die Schule bezahlt, dann sind TCO und nicht Beschaffungskosten relevant. Wenn mir der Betrieb von proprietären Systemen günstiger kommt als der Betrieb von offenen Systemen, dann ist die Sache für mich zumindest ökonomisch klar.
-- Main.BeatDoebeli - 14 Apr 2010
Ich habe schon seit vielen Jahren so ein Slate, auf dem jede Linux-Distribution läuft (Paceblade Slimbook). Allerdings hatte sich der Hersteller (Tulip Computers) nicht genügend um die Qualitätskontrolle sowohl der Hardware als auch der Konfiguration des gelieferten Systems gekümmert, so dass das damals 2000-fränkige Gerät nie ein Renner wurde, auch bei mir nicht. Im Schulbetrieb wäre solche Hardware zu heikel, wie eigentlich die meisten Laptops und Notebooks: in kurzer Zeit sind sie Sondermüll.
-- Main.TheoSchmidt - 19 May 2010