Dies ist der private Weblog von Beat Döbeli Honegger

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Green-IT-Guide

14 June 2013 | Beat Döbeli Honegger
Kürzlich hat educa.ch die Broschüre Green IT & Schule PDF-Dokument veröffentlicht. Green IT (Biblionetz:w02419) ist angesichts der weiterhin zunehmenden Durchdringung unserer Welt mit ICT ein relevantes Thema. Auch in der Schule wird es mit 1:1-computing (Biblionetz:w02173) und BYOD (Biblionetz:w02286) an Bedeutung zunehmen und sollte im Bereich Bildung für eine nachhaltige Entwicklung (BNE) (Biblionetz:w01620) auch im Unterricht thematisiert werden. In der Argumentensammlung gegen schulische 1:1-Ausstattungen findet sich dementsprechend auch ein Abschnitt zur Umweltproblematik:

7. Umwelt-Argumente

  • Energie-Argument: Wir sollten Energie sparen, nicht noch weitere Verbraucher anschaffen.
  • Seltene-Erden-Argument: Computer benötigen rare Rohstoffe, deren Abbau die Natur zerstört.
  • Ausbeutungs-Argument: Zur Herstellung von Computern werden Menschen/Kinder ausgebeutet.
  • Elektroschrott-Argument: Es werden riesige Mengen Elektroschrott anfallen, welche die Natur belasten.

Es ist somit grundsätzlich erfreulich, dass mit der soeben auf umweltfreundlichen Recyling-bits gedruckten educa-Broschüre das Thema aufgegriffen und schulspezifische Fakten und Empfehlungen verfügbar sind. Trotzdem macht mich die neuste educa-Broschüre nicht wirklich glücklich. Ich finde es seltsam, wenn in einer 2013 publizierten Broschüre zum Thema Schul-ICT-Infrastruktur auf Seite 15 zu lesen ist:

Für Endgeräte stehen vier Computertechniken zur Wahl (siehe auch Tabelle 1 für einen detaillierten Vergleich):
  • Desktop PC: Arbeitsplatzcomputer, die eigentliche Verarbeitung der Daten passiert auf dem Client direkt. Sie ist derzeit die gebräuchlichste Technik.
  • Notebook: mobiler Arbeitsplatzcomputer, der eine annähernd ebenbürtige Rechenleistung und Grafikkarte wie der Desktop PC erbringt. Er kann einfach und schnell an variablen Arbeitsorten eingesetzt werden.
  • Mini-PC: Ein sparsamer Desktop, in den Notebooktechnologie eingesetzt wird, dadurch arbeitet er sehr energieeffizient.
  • Thin Client & Server Based Computing (SBC) oder Virtual Desktop (VD): Das Prinzip ist, dass Rechenleistung und Anwendungssoftware vom Arbeitsplatz auf einen zentralen Server ausgelagert werden und der Arbeitsplatz auf die Ein- und Ausgabe beschränkt ist.

In dieser Auflistung kommen weder Tablets, Smartphones noch Handhelds vor. Diese mobilen Geräte verbrauchen vermutlich alle weniger Strom als die in der Broschüre genannten und sind je nach Schulstufe und Einsatzzweck auch geeigneter.

In der ganzen Broschüre kommt der Begriff BYOD ein einziges Mal vor (S. 36), obwohl es angesichts der Tatsache, dass die Herstellung der Geräte massiv mehr Ressourcen benötigt als der Betrieb, ökologisch sehr sinnvoll wäre, wenn Lernende ihre privat verfügbaren Geräte auch in der Schule nutzen könnten.

Wenn im Jahr 2013 ohne Einschränkung der Schulstufe Thin Clients (Biblionetz:w00912) als ökologisch und administrativ effizienteste Ausstattungsvariante für Schulen propagiert wird, diese auch als einzige Lösung dargestellt werden, die sich zentral administrieren lassen (siehe Bild) und das Praxisbeispiel von Thin Clients, die sich nach Freigabe durch den Lehrer per Knopfdruck aus dem Schülerpult ausfahren lassen, dann kann man eine solche Publikation leider nicht guten Gewissens weiter empfehlen.

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Tabelle auf Seite 15

Vor fast genau zwei Jahren - am 31. März 2011 habe ich hier im Blog bereits einmal gefragt: Wie soll die Schule auf den Leitmedienwechsel reagieren?

Im heutigen Eröffnungsreferat am GDI in Rüschlikon habe ich unter dem Titel 0 und 1 - aber nicht schwarz und weiss: Der Leitmedienwechsel und das Schweizerische Bildungssystem im zweiten Teil diese Frage erneut gestellt und visualisiert:

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Biblionetz:f00154 Wie soll die Schule auf den Leitmedienwechsel reagieren?

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Biblionetz:a01180 Leitmedienwechsel-Reaktion 0: Gar nicht

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Biblionetz:a01181 Leitmedienwechsel-Reaktion 1: Integration in alle Fächer

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Biblionetz:a01182 Leitmedienwechsel-Reaktion 2: Es braucht ein Fach

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Biblionetz:a01183 Leitmedienwechsel-Reaktion 3: Es braucht beides

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Biblionetz:a01184 Leitmedienwechsel-Reaktion 4: Wer redet noch von Fächern?

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Biblionetz:a01185 Leitmedienwechsel-Reaktion 5: Wer redet noch von Schule?

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Biblionetz:a01186 Leitmedienwechsel-Reaktion 6: Wer redet noch von Bildung?

Die Folien können hier heruntergeladen Powerpoint-Dokument und unter einer CC-BY-NC-SA-Lizenz genutzt werden

Biblionetz:w02306 Leitmedienwechsel

Update 13.06.2013: Folien-Download aktualisiert

-- Main.BeatDoebeli - 13 Jun 2013

Fahre ich wirklich so schlecht?

03 June 2013 | Beat Döbeli Honegger
Sagt mir doch mein Smartphone, als ich es nach der Fahrt aus der Hosentasche ziehe:

fahrschule.png

Fahre ich wirklich so schlecht??

Das ist ein Softwarefehler. Es sollte heissen: "Ich habe fünfzehn Autohändler gefunden, die dir ein richtiges Auto verkaufen möchten...mit Motor und so..."

-- Main.AndreaCantieni - 03 Jun 2013

Eine sonntägliche n=2-Studie

02 June 2013 | Beat Döbeli Honegger | Medienbildung
Sonntägliche n=2-Studie beweist: Computerspiele führen bei Kindergartenkindern weder zu Einsamkeit, verflachter Wahrnehmung noch beeinträchtigen sie die Feinmotorik, die Eigenaktivität, enaktive Lernprozesse oder die Eltern-Kind-Kommunikation.

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Mangels Farbdrucker handkoloriert

wink

(Rohmaterial)

Weltsicht des letzten Jahrhunderts

31 May 2013 | Beat Döbeli Honegger | Informatik

%STARTBLOG% Gestern (29.05.2013) wurde an Hamburgs Stadtteilschulen Informatik als Pflichtfach (Biblionetz:a00436) abgeschafft:

weltsicht01.jpg
Bericht im Hamburger Abendblatt

Das alleine ist traurig genug. Erschreckt haben mich aber die Tweets des Lokalpolitikers Walter Scheuerl zu diesem Thema, der sich gemäss seiner Homepage vertieft mit Bildungspolitik (Biblionetz:w02311) zu beschäftigen scheint (hier und hier):

weltsicht02.jpg

Der letzte Tweet, dass man zum Bedienen von 3D-Druckern keine Informatik-Kenntnisse benötige, hat mich noch nicht weiter beunruhigt. Es ist das alte Missverständnis, dass man Informatik benötige, um Computer bedienen zu können (Informatikverständnis hilft sicher bei der Computerbedienung, ist aber nicht der Legitimationsgrund für das Thema Informatik in der Allgemeinbildung).

Den Tweet

Bitte nicht die überflüssige Diskussion um ein Fach "Informatik" - das gehört wie Mechanik zu Physik - kein Fach erforderl

musste ich jedoch mehrfach lesen, bis ich es glauben konnte. Informatik als Spezialthema der Physik? Mit dieser Logik liesse sich auch gleich Chemie und Biologie ebenfalls als Spezialthemen der Physik abhandeln und wir kämen der Leitmedienwechsel-Reaktion 4: Wer redet denn noch von Fächern? (Biblionetz:a01184) näher. Ich befürchte jedoch, dass hinter diesen Tweets keineswegs diese zukunftsgerichtete Weltsicht steckt, sondern eher ein fundamentales Ignorieren der Bedeutung der Informatik für die heutige Gesellschaft. Wie anders ist es zu erklären, dass Scheuerl ein Fach Informatik unter anderem deshalb ablehnt, weil dies "weiter auf Kosten der Grundbildung in den Naturwissenschaften (Ph, B, Ch) gehen" würde.

Vermutlich würde es nichts nützen, Scheuerl auf Peter Dennings (Biblionetz:p03493) Artikel Computing is a Natual Science (Biblionetz:t07784) hinzuweisen, denn dass Informatiker die Informatik für wichtig halten, ist keine Überraschung. Aber vielleicht würde ein Blick auf aktuelle Studiengänge und entsprechende Fachzeitschriften helfen zu erkennen, dass Computational XY... praktisch in allen (Natur-)Wissenschaften eine bedeutende Rolle spielt und vielleicht etwas relevanter ist als ein Spezialthema der Physik.

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Eine Folie aus meinem Weiterbildungsvortrag zur i-factory im Verkehrshaus der Schweiz.

Hier der Vollständigkeit halber die Argumentationslinien für Informatik als Teil der Allgemeinbildung (Biblionetz:a01051) (wobei ich nicht alle Argumente für gleich gewichtig halte):

  • Biblionetz:a01050 Welterklärungargument: Um die heutige Informationsgesellschaft verstehen und erklären zu können, sind Informatikkenntnisse notwendig.
  • Biblionetz:a01046 Wissenschaftsargument: Informatik gehört zur Allgemeinbildung, weil Informatik mit Simulation ein drittes Standbein in die Wissenschaft gebracht hat.
  • Biblionetz:a01046 Konzeptwissenargument: Informatikkenntnisse helfen, die Nutzung von ICT besser zu verstehen.
  • Biblionetz:a01052 Problemlöseargument: Informatikkenntnisse helfen auch beim Lösen von Problemen ausserhalb der Informatik
  • Biblionetz:a01049 Berufswahlargument: Informatikkenntnisse fördern den Berufswahlentscheid in Richtung Informatik-Berufe und -Studiengänge
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OK, und in der Wissenschaft gibt es auch nichts mehr zu erforschen. Ist eh alles Physik.

#seufz


wie wärs wenn wir Englisch und Französisch abschaffen - ist ja alles in Griechisch und Latein.

-- Main.SylviaKegel - 30 May 2013

Wir sind dabei, uns zu Weltmeistern des 21. Jahrhundert-Analphabetismus herauszubilden.

-- Main.LisaRosa - 30 May 2013

Hmm, aber wenn doch in der Informatik nichts mehr läuft, warum schafft dann Google in seinem Zürcher Forschungs- und Entwicklungsstandort 300 weitere Stellen ? Versteh ich jetzt nicht...

-- Main.BeatDoebeli - 30 May 2013

Im Mittelalter meinte der Klerus auch, dass das gemeine Volk nicht unbedingt Lesen & Schreiben können muss. Kann ich doch voll nachvollziehen diese auf Machterhalt orientierte Sichtweise.

Sonst machen einem noch so Leute vom Chaoc Computer Club die schönen, neuen Wahlcomputer madig, weil die sich damit auskennen, und das geht ja mal gar nicht!

[BTW: Die Registrierung und Anmeldung hier ist ein klassischer PITA, wenn ich das mal anmerken darf!]

-- Main.JohnDoe42 - 30 May 2013

Der arme Herr Scheuerl muss sich anscheinend jetzt einiges anhören Hamburger Abendblatt: Informatikstreit: Walter Scheuerl im "Internet-Shitstorm"

-- Main.BeatDoebeli - 30 May 2013

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