Dies ist der private Weblog von Beat Döbeli Honegger

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Wenn private Unternehmen die öffentliche Disussion verwalten

13 December 2013 | Beat Döbeli Honegger
Erst gestern habe ich im Blog von Google berichtet, die den Weblog von Nando Stöcklin des Spamming bezichtigt und kurzerhand deaktiviert hat (siehe (Noch entschuldigen sich die Roboter. (Nando hat unterdessen bereits die Konsequenzen gezogen und seinen Weblog nach http://www.nandostoecklin.ch/ migriert).

Heute berichtet nun netzpolitik.org, dass Facebook die Facebook-Seite des ZDF abgeschaltet habe, weil dort ein medizinisches Bild einer nackten Brust zu sehen gewesen sei:

facebook-zdf.png

Erst wenige Wochen ist es her, seit der Tages-Anzeiger berichtet hat, dass eine Woche vor der entsprechenden Volksabstimmung zahlreichen Befürwortern der 1:12-Initiative der Facebook-Account vorübergehend gesperrt worden sei.

Allen Beispielen ist gemeinsam, dass plötzlich ein aktuell wichtiger Kommunikationskanal gesperrt worden ist, weil ein Privatunternehmen den entsprechenden Zugang gekappt hat - aus welchen Gründen auch immer. Dagegen ist man weitgehend machtlos, es steht Unternehmen bisher frei, Zugänge noch Lust und Laune zu erteilen oder zu entziehen.

Hier zeigt sich aber die Gefahr, wenn private Unternehmen zunehmend zu den Gatekeepern öffentlicher Diskussionen werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich dabei nun um Twitter, Facebook, Google, Microsoft oder wen auch immer handelt.

Was kann dagegen getan werden:
  • Die eigene digitale Identität / Kommunikation nicht vollständig in solche Hände geben.
    (Die Hürden um mein Weblog, mein Biblionetz o.ä. abzuschalten sind einiges höher, wenn ich das unter eigener Adresse selbst hoste...)
  • Offene Standards wie RSS dürfen nicht durch prorpietäre Unternehmensplattformen ersetzt werden
    (Das langsame Sterben des RSS-Standards wäre ein eigenes Posting wert)

Noch entschuldigen sich die Roboter

11 December 2013 | Beat Döbeli Honegger | Annoyance
Heute morgen musste Nando Stöcklin (Biblionetz:p05114) eine unschöne Entdeckung machen: Google hat seinen Weblog gelöscht. Googles Algorithmen (Biblionetz:w00074) berechneten, dass der Weblog Spam (Biblionetz:w01207)sein könnte, worauf der Blog automatisiert gelöscht worden ist.
blogger_2.png

Nando schildert, wie er darauf hin Google überzeugen konnte, dass es sich bei seinem Weblog nicht um Spam handelt, worauf der Weblog wieder aktiviert worden ist. Ende gut, alles gut?

Naja. Besonders ins Auge gestochen ist mir der Satz von Google: "Auch im Namen unserer Roboter bitten wir um Entschuldigung dafür, dass wir Ihren legitimen Blog gesperrt haben." Diese Anthropomorphisierung mag ja ein neckischer Google-Google sein, aber dahinter steckt auch bitterer Ernst: Algorithmen treffen unterdessen bereits automatisiert Entscheidungen, die - wie das Beispiel zeigt - auch falsch sein können und die bereits von so grosser Tragweite sind, dass das entsprechende Unternehmen eine Entschuldigung für angebracht hält. Aber das Unternehmen - in diesem Fall Google - fängt sprachlich schon an, die Verantwortung mit dem Algortihmus zu teilen: Kann ein Algorithmus wirklich Verantwortung übernehmen, kann er sich entschuldigen?

Die Geschichte ist alt: Der Bankberater teilt dem Kunden mit, dass er leider keinen Kredit erhalte, der Computer habe so entschieden. Der Computer? Nein, die Bank, die den Computer programmieren liess. Bereits seit längerem wird versucht, Entscheidungsverantwortung zu vertuschen, indem sie scheinbar an den Computer delegiert wird. In Zeiten von big data (Biblionetz:w02425) wird das zunehmen.

Noch entschuldigen sich die Roboter für ihre Fehler.

Was schliesse ich aus dieser Episode:
  • Pragmatisch: Seine digitale Identität muss man weitgehend selbst hosten, damit einem fremde Unternehmen, Länder & Gesetze möglichst wenig reinreden können.
  • Bildungspolitisch: Informatik gehört zur Allgemeinbildung. Wie soll man sonst die heutige und zukünftige Welt verstehen?
  • Bildungspolitisch II: Informatik in der Bildung muss sich auch um die Konsequenzen der Informatik kümmern. Sich auf den Standpunkt "Wir entwickeln ja nur wertfreie Algorithmen" zurückziehen geht nicht. Informatik prägt unsere Welt.
grossvater-essen-fotografieren.jpg

…und über Autobahnvignetten abgestimmt. frown, sad smile

-- Main.AndreaCantieni - 11 Dec 2013

, IsaBildungspolitik

1:1 computing Wiki in neuem Layout

06 December 2013 | Beat Döbeli Honegger | Wiki
Bald wird es obsolet sein, schulische 1:1-Projekte sammeln zu wollen. Doch noch ist es nicht so weit und darum gibt es seit kurzem das 1:1-computing Wiki in neuem Layout und mit einigen neuen Funktionen:

1zu1wiki.jpg

http://1to1learning.ch

Was haben Flugzeuge und Schulzimmer gemeinsam?

05 December 2013 | Beat Döbeli Honegger | Schul-ICT, Veranstaltung
Heute hat in Helskinki der erste Tag der EMINENT 2013, der Jahreskonferenz des European Schoolnet stattgefunden. Ein Bericht aus der Dunkelheit.

Wenn ich meinen Aufenthalt in Helsinki bisher mit einem Wort charakterisieren müsste, dann wäre das Offenheit (Biblionetz:w01882). Es hat wenig mit Finnland zu tun, dass ich auf der Flugreise Zürich - Helsinki nie meinen Pass zeigen musste. Es hat schon mehr mit Finnland zu tun, dass Helsinki laut Wikitravel als zweitsicherste Stadt der Welt gilt. Ein technisches Indix dieser Offenheit sind aus meiner Sicht die offenen Funknetze. Die touristische Innenstadt ist mit einem kostenlosen WLAN erschlossen, bei dem man sich weder identifizieren noch registrieren muss und dessen Bandbreite selbst für einen Videoanruf nach Hause ausreicht. Das Gleiche gilt für das Kongresszentrum von Helsinki: Offenes WLAN ohne Registration. Es geht also, wenn man daran glaubt, bzw. darauf vertraut, dass die meisten Menschen nichts Böses damit machen werden.

Vertrauen (Biblionetz:w00321) war auch ein wichtiger Begriff in der beeindruckenden Rede von Krista Kiuru, der finnischen Bildungsministerin (seit Mai 2013): "Education is based on trust. In ihren Ausführungen - vorgetragen ohne ersichtliches Script oder Folien - sprach sie von der Herausforderung, Lernende zu motivieren, ihre Kompetenzen zu zeigen, der Bedeutung der Chancengerechtigkeit und den Schlüssen, die man aus den gestern veröffentlichten PISA-Ergebnissen ziehen könne. Und nach ihrer Rede, in denen auch Storytelling-Elemente nicht fehlten ("Der Sohn meines Bruders hat in der Klasse ein Liste mit Punkten gesammelt, die ich als Bildungsministerin umsetzen sollte..."), verliess sie den Saal ohne Aufsehen und ohne Entourage von Sekretären oder Security. Vertrauen.

Aus der Keynote von Diana Laurillard (Biblionetz:p07363) ist mir unter anderem ihr Diagramm The conversational framework hängengeblieben, in dem sie unterschiedliche Lerntheorien und Unterrichtsbeispiele verortet hat:

conversational-framework.jpg

Gemäss dem Titel ihres aktuellsten Buches Teaching as a Design Science (Biblionetz:b05399) hat sie in ihrem Vortrag auch den Learning Designer vorstellt, eine Software zur Planung und zum Austausch von Unterrichtsszenarien:

learningdesigner.jpg

learningdesigner2.jpg

Der Learning Designer kann in einer Beta-Version kostenlos für Windows, Mac und Linux heruntergeladen werden. Werde ich mir genauer anschauen, seit unseren Versuchen mit Didactc Process Maps habe ich mich nicht mehr mit entsprechenden Software-Prototypen beschäftigt.

Das Thema Design based... tauchte im Verlauf der Veranstaltung noch mehrfach auf. Neckischerweise bin ich dem Thema Design based... auch auf der finnischen Ausbildungsmesse begegnet, die in den Messehallen nebenan stattgefunden und die ich in der Mittagspause besucht habe. Im internationalen Bereich der Messe bin ich neben der Schweizerischen Hotelausbildung auch der Hochschule Luzern begegnet, die ihre neuen International Bachelor Studies beworben haben, unter anderem auch den BAchelor in Design Management

design-hslu.jpg

Das in etwa, was bei mir etwas ausgelöst hat am ersten Halbtag von Eminent 2013. Unterdessen ist einiges dazu gekommen, doch fehlt mir grad die Zeit, das zusammenzufassen.

Ah, und vielleicht noch die Antwort auf die Frage im Titel Was haben Flugzeuge und Schulzimmer gemeinsam? Die Frage wurde von Krista Kiuru gestellt und auch beantwortet:

"School is like being on an airplane the whole day: Please turn off all electronic devices"

Eine spannende Metapher, die sich auch ausbauen lässt:
  • alle müssen das gleiche Ziel erreichen
  • Passagiere überlassen die Verantwortung für die Zielerreichung den Piloten,
  • die Fluggesellschaft misstraut allen Passagieren grundsätzlich

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Ach, diese Begrifflichkeiten

03 December 2013 | Beat Döbeli Honegger

Manchmal habe ich das Gefühl, was denn Schülerinnen und Schüler in der Schule angesichts der der zunehmenden Verbreitung von Computern und Internet / der Informationsgesellschaft / des Leitmedienwechsels neu lernen müssen sei weniger umstritten, als die Begriffe, die man dafür verwenden soll. Was wird da nicht gestritten und debattiert, hinter Begriffen böse Absicht oder Machtansprüche vermutet und wie oft habe ich schon gehört, dass man jetzt endlich vernünftige und von allen akzeptierte Begriffe benötige...

Nachhaltig beeindruckt hat mich z.B. die Herbsttagung 2010 der Sektion Medienpädagogik der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft (DGfE), die unter dem Motto Medienbildung im Spannungsfeld medienpädagogischer Leitbegriffe die Begriffe Medienkompetenz (Biblionetz:w00542), Medienbildung (Biblionetz:w01779), Medienerziehung (Biblionetz:w01504), Medienpädagogik (Biblionetz:w00453), media literacy (Im Biblionetz ein Synonym der Medienkompetenz), Mediendidaktik (Biblionetz:w01503) auseinanderzuhalten und zu schärfen versucht hat. Ich musste erkennen, dass ich wohl kein Medienpädgoge bin (siehe UnterMedienpaedagogen) und dass man noch so in der Buchdruckgesellschaft (Biblionetz:w02212) steckt, dass man die einst online gestellten Beiträge wieder depubliziert (Biblionetz:w02258) hat, um daraus ein Buch zu machen (siehe MedienbildungUndMedienkompetenzInDerBuchdruckgesellschaft).

Inhaltlich herrscht aus meiner Sicht derzeit weitgehend Einigkeit, dass sich drei Bereiche unterscheiden lassen, was Schülerinnen und Schüler können müssten:

  • Schülerinnen und Schüler nutzen Informations- und Kommunikationstechnologien in allen Bereichen des Lebens effektiv und effizient
  • Schülerinnen und Schüler produzieren digitale Inhalte und reflektieren die Nutzung, Bedeutung und Wirkung von (digitalen) Medien kritisch
  • Schülerinnen und Schüler verstehen Grundkonzepte der Wissenschaft Informatik und nutzen sie zur Entwicklung von Lösungsstrategien in allen Lebensbereichen

Lässt man Begriffe für diese drei Beschreibungen weg, sind meist alle einverstanden, dass es diese drei Bereiche gibt und dass das eine viable Aufteilung ist. Die Diskussionen beginnen oft erst, wenn man den drei Bereichen Namen gibt, z.B.

  • Anwendungskompetenzen / ICT
  • Medien(bildung)
  • Informatik

Während diese drei Teilbereiche mehr als genug Namen haben, fehlt aus meiner Sicht derzeit ein konsensfähiger Begriff für die Gesamtheit dieser drei Bereiche zur Verwendung in bildungspolitischen Diskussionen. Bildungspolitik ist nicht Wissenschaft. Begriffe müssen kurz und auch für Aussenstehende verständlich sein.

  • Informatische Bildung ist als Begriff nicht konsensfähig, weil Nichtinformatiker das Gefühl haben, die Informatik pachte alles.
  • Medienbildung ist als Begriff nicht konsensfähig, weil Nichtmedienbildner das Gefühl haben, die Medienbildung pachte alles.
  • ICT geht als Begriff nicht, weil (mindestens im Schweizerischen Kontext) schon zu lange verwendet worden ist, ohne die Informatik mitzudenken

Im Positionspapier von ICTswitzerland PDF-Dokument (Biblionetz:t15700) haben wir als Überbegriff Digitale Kompetenzen verwendet (siehe DigitaleKompetenzenBenoetigenMehrVerbindlichkeitImLehrplan21). Allen MitautorInnen des Positionspapier war klar, dass das kein gelungener, scharf definierter Begriff ist. Aber er wird von der Bildungspolitik verstanden (inbesondere, wenn man die drei Teilbereiche danach erklären kann).

Ähnlich muss aus meiner Sicht der Begriff Digitale Bildung im aktuellen deutschen Koalitionsvertrag gelesen werden (DigitaleBildungImNeuenDeutschenKoalitionsvertrag). Als ein unverbrauchter Slogan für ein Thema. Seien wir froh, dass das Thema drin ist, egal unter welchem Begriff.

Als Themen-Community sollten wir glaub einsehen, dass differenzierte Begrifflichkeiten höchstens uns selbst interessieren, nicht aber Aussenstehende. Somit sollten wir gegen aussen den Aufwand darauf verwenden, unsere Inhalte zu erklären, nicht unsere Begriffe. (Jaja, mir ist schon klar, dass das eine mit dem anderen zusammenhängt...)

Es macht darum keinen Sinn, allzulange über Begriffe zu streiten. Wir müssen daür sorgen, dass die Begriffe mit Leben gefüllt werden! (sagt einer, der im Biblionetz seit 15 Jahren Begriffsdefinitionen sammelt...)


Kann ich gut verstehen. Ich hasse diese Begrifflichkeit. Ich habe immer den Verdacht, dass das Leute sind, die in ihrer Jugend versucht haben, Hegel zu lesen. Es gibt immer Leute, welche an der Definition und sprachlichen Formulierung mehr Freude haben als am konkreten Tun. Vielleicht braucht es die ja wirklich, aber selber sagt mir das gar nicht zu. Aristoteles hat damit angefangen! smile

-- Main.AlexSchroeder - 03 Dec 2013

IsaBildungspolitik

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