Ist die Rede von einem Handyverbot in der Schule (Biblionetz:w02202), so scheint die Sache klar: Handys sind halt verboten in der Schule. Doch so einfach ist es eben nicht und unter einem Handyverbot wird sehr verschiedenes verstanden. Will man mehr als nur Schwarz-weiss-Malen und in die eine oder andere Richtung polemisieren, muss man genau darauf achten, wer unter dem Begriff Handyverbot was versteht und was die Schule sonst digital so macht.

Das Thema Handyverbot in der Schule begleitet mich nun bald seit 20 Jahren. Nachdem es zwischenzeitlich wieder etwas ruhiger wurde, wurde die Debatte in den letzten Monaten wieder deutlich heftiger. Im September 2006 habe ich mich erstmals in einem Referat mit dem Thema Handyverbot beschäftigt:

Seither begleitet mich das Thema regelmässig, meine Literaturdatenbank verzeichnet aktuell 8 Vorträge und 162 Literaturquellen:

Dabei entsteht nicht nur bei mir im Biblionetz der Eindruck, dass das Thema in jüngerer Vergangenheit wieder an Fahrt zunimmt, auch bei Google Trends ist diese Entwicklung gut zu sehen:

Wie meist in solchen Diskussionen wird die Diskussion oft sehr schwarz-weiss geführt: Handyverbot ja oder nein? Wie meist ist aber die Wirklichkeit komplexer. Es gibt nicht Das Handyverbot und wenn Diskussionen nur auf die Verbotsfrage alleine abzielen, ist nichts gewonnen.

Ich habe deshalb mal angefangen, einen Fragenkatalog zur Charakterisierung von Handyverboten zu erstellen, um deutlich zu machen wie Unterschiedliches unter dem gleichen Begriff verstanden wird.

WANN ist ein Handy verboten?
  • Im Unterricht
  • In den Pausen
  • In der Mittagspause
  • Im Schulzimmer
  • Auf dem Schulgelände
  • Auf dem Schulgelände und auf dem Schulweg

WIE wird das Handyverbot gehandhabt?

  • Das Handy darf nicht sicht- und hörbar sein
  • Das Handy muss der Lehrperson abgegeben werden
  • Das Handy muss am Schuleingang abgegeben werden
  • Das Handy darf nicht in die Schule mitgenommen werden

WEN betrifft das Verbot?
  • Schüler:innen bis zu einem gewissen Alter
  • Alle Schüler:innen
  • Auch Lehrpersonen

WER spricht das Verbot aus?
  • Ein gesamtes Land
  • Ein Kanton / Bundesland
  • Eine Schulgemeinde
  • Ein Schulhaus
  • Eine Lehrperson

WELCHE Ausnahmen sind möglich?
  • Schulgemeinde erlässt eigene Regeln / Ausnahmen
  • Schule erlässt eigene Regeln / Ausnahmen
  • Lehrperson erlässt eigene Regeln / Ausnahmen

WAS macht die Schule sonst im digitalen Bereich?
  • Schüler:innen verfügen über schuleigene persönliche digitale Geräte
  • Mediennutzung der Schüler:innen wird im Unterricht thematisiert
  • Umgang mit den privaten Geräten der Schüler:innen wird im Unterricht thematisiert.

Stellt man sich diese Fragen, so wird man feststellen, dass vermutlich die meisten Schulen in der Schweiz schon irgendwelche Regeln im Umgang mit Mobiltelefonen und verwandten Geräten (aktuell: Smartwaches) haben. Ein sogenanntes Handyverbot verändert unter Umständen weniger im Schulalltag, als der Begriff vermuten liesse.

Zudem merkt man, dass gewisse Menschen Alternativen zu einem Handyverbot vorschlagen, die andere wiederum als Handyverbot bezeichnen würden. Konkretes Beispiel Gemäss dem Boten der Urschweiz vom 13. Februar 2025 meinte ein Kantonsrat, dass ein Handyverbot übertrieben wäre, es reiche doch, wenn die Handys zu Unterrichtsbeginn in eine Box gelegt würden:

Doch viele Wortmeldungen sprachen sich gegen einheitliche Richtlinien an allen Schwyzer Schulen aus – unter anderem sogar aus den eigenen Reihen der SP/Grüne-Fraktion. Andreas Imbaumgarten (Grüne, Ingenbohl) machte sich stark für Präventionsarbeit und sprach sich gegen ein Verbot aus. Der als Sozialarbeiter tätige Grüne Kantonsrat erklärte, dass beispielsweise eine Handybox, in welche die Schüler ihr Handy bei Unterrichtsbeginn legen, eine plausible Lösung für die Einschränkung des Handykonsums sei.

In gewissen Schulen wird eine solche Handybox als Handyverbot bezeichnet...

Am wichtigsten scheint mir aber, die Frage einer irgendwie gearteten Handyregelung (ob sie nun Verbot genannt wird oder nicht) nicht isoliert, sondern im Zusammenhang mit dem sonstigen Umgang mit dem Digitalen in einer Schule zu betrachten:

  • Zum einen macht es einen Unterschied, ob die Schülerinnen und Schüler persönliche Geräte von der Schule zur Verfügung gestellt erhalten oder nicht. Dies entscheidet darüber, ob ein Verbot privater digitaler Geräte (Handys, Tablets, Notebooks) dazu führt, dass weniger MIT digitalen Geräten gelernt wird.
  • Zum anderen ist relevant, ob und wie Schulen sonst die Potenziale und Gefahren digitaler Medien mit ihren Schülerinnen und Schülern thematisieren. Dies entscheidet darüber, ob ein Verbot privater Geräte dazu führt, dass weniger ÜBER digitale Geräte gelernt wird.

Kontakt

  • Beat Döbeli Honegger
  • Plattenstrasse 80
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  • E-mail: beat@doebe.li
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