Medienbildung

Seit ein paar Tagen beschäftige ich mich intensiv mit Manfred Spitzers (Biblionetz:p01290) neuestem Buch Digitale Demenz (Biblionetz:b04942). In gewohnter Art und Weise malt Spitzer ein düsteres Bild zur Zukunft mit digitalen Medien. So schreibt er im ersten, auch online verfügbaren PDF-Dokument Kapitel Macht Google uns dumm? (Biblionetz:t14153) auf Seite 18:

Demenz ist mehr als nur Vergesslichkeit. Und so geht es mir bei der digitalen Demenz auch um mehr als nur darum, dass besonders junge Menschen immer vergesslicher zu werden scheinen, worauf erstmals koreanische Wissenschaftler im Jahre 2007 hingewiesen haben. Es geht vielmehr um geistige Leistungsfähigkeit, Denken, Kritikfähigkeit, um die Übersicht im »Dickicht der Informationsflut«. Wenn die Kassiererin »2 plus 2« mit der Maschine berechnet und nicht merkt, dass das Ergebnis »400« falsch sein muss, wenn die NASA einen Satelliten in den Sand (bzw. ins endlose All) setzt, weil niemandem aufgefallen ist, dass Inches und Meilen nicht dasselbe sind wie Zentimeter und Kilometer, oder wenn Banker sich mal eben um 55 Milliarden Euro verrechnen, dann heißt dies letztlich alles nur, dass keiner mehr mitdenkt. Offenbar hat in diesen Fällen niemand grob im Kopf überschlagen, was größenordnungsmäßig herauskommen müsste, sondern sich stattdessen auf irgendeinen digitalen Assistenten verlassen. Wer hingegen mit Rechenschieber oder Abakus rechnet, der muss die Größenordnung im Geist mitbedenken und kann kein völlig unwahrscheinliches Ergebnis liefern.

Dem kann man eigentlich zustimmen. Es ist eine andere Formulierung von Peter Bieris Aussage Gebildet sein, heisst Proportionen zu kennen (Biblionetz:a00978). Die Frage ist nur, welche Rolle digitale Medien dabei spielen.

Dumm ist dann aber, dass Manfred Spitzer bereits auf der zweiten Seite der Einführung seines Buches ein Rechenfehler unterläuft. Er zitiert aus dem Forschungsbericht Computerspielabhängigkeit im Kindes- und Jugendalter (Biblionetz:t14189) von Rehbein et al. (2009) die Mediennutzung von Neuntklässlern in Deutschland im Jahr 2009:

digitale-demenz-01.jpg

Schaut man sich nun diese Zahlen etwas genauer an (entweder indem man sie "grob im Kopf überschlägt" oder indem man "irgendeinen digitalen Assistenten" benutzt), so fällt einem bald auf, dass da etwas nicht stimmen kann. Ja, das Total der Mediennutzungszeit in der Spalte Mädchen entspricht nicht der Summe der drei aufgeführten Einzelwerten. 3:21 und 1:53 und 0:56 ergeben zusammen 6:10 und nicht 6:50. Schaut man nun in der Originalliteratur PDF-Dokument nach (Seite 14),

digitale-demenz-02.jpg

so wird rasch klar, wie dieser vermutlich Fehler zustande kam: Die 370 Minuten wurden falsch in Minuten umgerechnet, vermutlich im Kopf: Erst wurden aus den 360 Minuten 6 Stunden. Da waren dann noch 10 Minuten übrig, die dann als fehlende Minuten zur siebten Stunde interpretiert wurden. Wenn aber die Summe der täglichen Mediennutzungszeit bei Mädchen nicht 6:50 sondern 6:10 beträgt, dann stimmt auch die durchschnittliche tägliche Mediennutzungszeit von Mädchen und Jungen nicht.

Dass dieser Rechenfehler bis ins gedruckte Buch unentdeckt blieb, lässt sich nur damit erklären, dass da niemand nachgerechnet hat...

Weniger klar hingegen ist mir, wie folgender Satz auf der ersten Seite der Einführung zu erklären ist:

In Deutschland liegt die Mediennutzungszeit von Neuntklässlern bei knapp 7,5 Stunden täglich, wie eine große Befragung von 43 500 Schülern ergab.

Meiner Ansicht nach stimmt dieser Satz nicht einmal, wenn man Spitzers Rechenfehler unberücksichtigt lässt. Ein Blick auf die Tabelle zeigt, dass die tägliche Mediennutzungszeit von Jungen 7:37 beträgt, die von Spitzer berechnete, geschlechtsunabhängige jedoch 7:14 (was 7 1/4 Stunden entsprechen würde) und die mathematisch korrekt berechnete 6:53, also weniger als sieben Stunden.

Ich mag nicht wirklich glauben, dass Spitzer mit obigem Zitat nur die männlichen Jugendlichen gemeint hat. Denn wenn er sonst von geschlechtsspezifischen Merkmalen schreibt, erwähnt er das Geschlecht auch. Ein Schelm also, wer Böses denkt...

Fazit: Sowohl dieser Rechenfehler als auch die ungenaue Schilderung der erhobenen Zahlen machen Spitzers Aussage, heutige Jugendliche würden intensiv Medien nutzen, nicht falsch. Aber es nagt einerseits an der Glaubwürdigkeit eines Autors, der fortwährend seine Wissenschaftlichkeit betont und anderen vorwirft, ungenau und oberflächlich zu arbeiten und recherchieren. Das obige Zitat von der ersten Seite der Einführung zeigt ausserdem, dass Manfred Spitzer zu polemischen Interpretationen von Daten neigt.

Dies sollte man bei der Lektüre und insbesondere bei der Zitation des Buches im Hinterkopf haben.

Anmerkung: Dies sind beileibe nicht die einzigen kritisierbaren Stellen in diesem Buch. So ist es beispielsweise ebenfalls unschön, dass sämtliche Literaturquellen aus dem 7. Kapitel im Literaturverzeichnis fehlen (auch da hat im entscheidenden Moment niemand mehr nachgeschaut) oder auf Seite 269 13'000 Knaben und 1300 Mädchen zusammen 14'400 Kinder ergeben. Das Nachweisen solcher Fehler und Ungenauigkeiten ist einfach sehr zeitaufwändig und ich bin mir nicht sicher, ob ich diese Zeit nicht besser in produktive Arbeiten investieren sollte.


Kommentare

Lieber Beat Dass Spitzers Aussagen polarisieren und ich über weite Strecken völlig uneins mit seinen Argumenten und Begründungen bin ist so. Hingegen sollten wir als Medienpädagogen auch fähig sein, die Wahrheiten aufzunehmen und streng zu reflektieren. Das bringt uns weiter als der Vergleich irgendwelcher Rechnungsfehler. Nur so können wir voneinander lernen. Denn, so weh es manchmal auch tut, der Mann hat in vielen Teilen mindestens teilweise recht.

Danny Frischknecht, PHTG

-- Main.DannyFrischknecht - 09 Aug 2012


Lieber Danny,
Ich behaupte nirgends, dass Spitzer mit allen Argumenten daneben liegt. Es gibt viele Punkte, wo ich ebenfalls mit ihm einig bin, insbesondere in den Voraussetzungen (weniger dann in den von ihm gezogenen Konsequenzen). Wenn Manfred Spitzer aber dauernd auf seine Wissenschaftlichkeit pocht und betont, wie seriös und wahr alle seine Aussagen seien, dann darf ich auch darauf hinweisen, dass selbst ihm oberflächliche Flüchtigkeitsfehler passieren und er unsauber zitiert, insbesondere da dies ein Thema seines Buches ist. Zudem sind die beiden von mir gezeigten Unsauberkeiten keienswegs die einzigen im Buch, so dass es mir eher Methode als Zufall scheint. Ich werde aber tatsächlich nicht den Aufwand betreiben, jetzt alle Unsauberkeiten aufzulisten.

Und ja: Ich setze mich durchaus auch inhaltlich mit seinen Argumenten und zitierten Studien auseinander (siehe unter anderem im Biblionetz:b04942). Nur tu ich das nicht als "Wahrheiten aufnehmen", sondern als "Hypothesen prüfen und hinterfragen".

-- Main.BeatDoebeli - 09 Aug 2012 Man kann diesen Herrn Spitzer, der sicherlich ein grandioser Redner und Selbstvermarkter ist, wissenschaftlich nicht mehr ernst nehmen. Hier mein Beitrag dazu: Am 8.12.2011 sagt er im WDR 5 („Leonardo“) anlässlich eines Features zum Thema „15 Jahre „Schulen ans Netz““: „Es kann sein, dass man mit cleveren Programmen oder was auch immer es schafft, dass dennoch was gelernt wird und dass vielleicht sogar das Lernen mit den Medien besser funktioniert als ohne, dazu gibt es aber bislang keinerlei Untersuchungen. Es gibt Studien, die zeigen, die Kinder lachen mehr, wenn sie vorm Bildschirm sitzen oder dass sie auch mal für zwei Wochen interessierter sind. Die Studien zeigen aber auch, dass sie nach vier Wochen nicht mehr so interessiert sind. Ich habe mir Unterricht angeguckt und zwar ganz guten Unterricht und ich muss sagen, die Schüler waren abgelenkt durch die modernen Medien. Ich kann nur sagen, die Schüler taten mir leid.“ Auf den Internetseiten der Firma „bettermarks“, die ein Mathe-online-System auf den Markt gebracht haben, sagt er unter der Rubrik „Weitere Expertenstimmen“ (http://de.bettermarks.com/meinungen/wissenschaftler.html): Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer Transferzentrum für Neurowissenschaften und Lernen: „Mit bettermarks zeigt sich über alle Schulformen ein signifikant positiver Effekt.“ und an anderer Stelle: „bettermarks ermöglicht angstfreies Lernen. Auf die eigene Weise und ohne Publikum.“ Oder schließlich: „Ich kann sagen, dass ich selten ein derart aufwändiges Projekt begleitet habe. Hier sind Leute am Werk, die das Ausmaß an Problemen im Fach Mathematik erkannt haben. Die gehen sie mit bettermarks an und schöpfen gleichzeitig erstmals die Möglichkeiten des Internets für das Lehren- und Lernen in Mathe aus.“ Ein Schelm,wer Böses dabei denkt.

-- Main.UliDoenhoff - 10 Aug 2012 finde ich sehr sehr unterkomplex, was da steht. wird - bei aller skepsis, die man spitzer generell entgegen bringen kann - nicht im geringsten dem gegenstand und den thesen gerecht. meine 50cents dazu auf http://pisaversteher.com

-- Main.ChristianFueller - 13 Aug 2012 Da bei pisaversteher.com die Kommentare relativ gut versteckt sind, hier ebenfalls, was ich auf obige Kritik geantwortet habe:

“Oder einfacher: Spitzer kann nicht rechnen, seine Thesen sind mithin gaga.” So habe ich das NIE gesagt. Im Gegenteil schreibe ich wörtlich “Sowohl dieser Rechenfehler als auch die ungenaue Schilderung der erhobenen Zahlen machen Spitzers Aussage, heutige Jugendliche würden intensiv Medien nutzen, nicht falsch.” Ich habe mich in meinem Blogposting NUR auf seine Arbeitsmethodik bezogen. Zu den Inhalten des Buches habe ich nichts gesagt, was aber nicht heisst, dass ich insgesamt dazu nichts sagen will.

-- Main.BeatDoebeli - 14 Aug 2012 weil ich es jetzt auch lese, widerstrebend: ich verstehe nicht, warum alle immer eilfertig versichern, sie würden viele aussagen teilen. das einzige, was ich akzeptabel finde, ist seine explizit und apriori formuliertes konzept von "lernen", das aber dann, wenn er in seine gedächtnis-laborexperiment-studien geht, kaum eine rolle spielt. der zusammenhang ist bloß behauptet. erste bemerkungen hier: https://plus.google.com/102484891814321353019/posts/a6myL8MBewj

aber ich werde jedenfalls eine abschließende würdigung verfassen, wenn ich das schon kaufen und lesen musste.

-- Main.MartinLindner - 18 Aug 2012 Angesichts der ständigen Falsch- und Ungenau-Zitate sowie der verwaschen oder völlig fehl genutzten Quellen wäre ein Wiki analog von Guttenplag schön, aber funktioniert ja leider wegen des UrhG nicht.

-- Main.OliverDing - 03 Sep 2012

An einer Medienkonferenz hat gestern (25.04.12) der Kanton Solothurn (Biblionetz:w01891) bekannt gegeben, das bestehende Projekt my-Pad ab Schuljahr 12/13 im Kanton auf 12 Klassen auszuweiten, in welchen jedes Kind ein eigenes Tablet (Biblionetz:w02309) in und ausserhalb der Schule zur Verfügung haben wird.

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In seiner Rede betonte der Departementssekretär Adriano Vella die Meilensteine der Solothurner ICT-Integration:
  • 1992 Informatik im Lehrplan des Kantons Solothurn (Biblionetz:t04791)
  • 2002 Aufbau eines Kantonalen Komptenzzentrums ICT-TOP (Biblionetz:p06076),
    welches das Stufenübergreifende ICT-Entwicklungskonzept für die Schulen des Kantons Solohturn (SIKSO) (Biblionetz:b03200) erarbeitete
  • 2012 Erweiterung des Projekts myPad und Überarbeitung des SIKSO

Mit den Jahreszahlen stimmt es zwar nicht so ganz (Als Mitgründer und ehemaliger Co-Leiter weiss ich aus eigener Erfahrung, dass das ICT-Kompetenzzentrum TOP im Jahr 2004 gestartet wurde und 2008 in die Fachstelle imedias einfloss), doch mit der Verbindlicherklärung des SIKSO im Jahr 2008 wurde der Kanton Solothurn definitiv zum Pionierkanton in der deutschsprachigen Schweiz: Solothurn ist derzeit der einzige Kanton mit einem Fach Medienbildung (Biblionetz:a00980) in der Stundentafel!

Mit der gestrigen Medienkonferenz nehme ich den Kanton Solothurn auch als ersten Kanton wahr, der sich öffentlich zum Thema 1:1-computing (Biblionetz:w02173) äussert. Dazu Adriano Vella:

Wir wollen die Nach-PC-Ära testen und untersuchen, ob die digitale Schiefertafel (das Tablet) als Werk- und Denkzeug das Potential hat, Computerzimmer, PC’s oder Laptops in der Schule abzulösen. Dabei werden wir uns auch vom bisherigen Paradigma des punktuellen Einsatzes von ICT verabschieden, genauso wie von der gruppenweisen Anwendung (10 Laptops für 23 Schüler und Schülerinnen). Unser Tablet ist nämlich tatsächlich ein myPad, ein ständiges und persönliches Werk- und Denkzeug in der Hand aller Schülerinnen und Schüler des Versuches!

Das Bekenntnis zu 1:1-computing ist für mich bei dieser Nachricht der viel relevantere Teil als der Wechsel von Notebooks/Netbooks auf Tablets. Hier spricht erstmals ein kantonales Bildungsdepartement davon, sich vom Paradigma Computerecke, Notebookwagen oder gar Computerraum verabschieden zu wollen. Hört, liebe andere Kantone: Der Kanton Solothurn hat's ausgesprochen...

Ich wurde seit gestern mehrfach drauf angesprochen, ob der Kanton Solothurn den Mund nicht etwas voll nehme, wenn er in seiner Medienmitteilung schreibt:

Das Departement für Bildung und Kultur (DBK) hat deshalb beschlossen, mit dem Projekt «myPad» einen schweizweit noch nie dagewesenen Schulversuch zu starten. In 12 ausgewählten Klassen erhalten alle Schülerinnen und Schüler einen persönlichen Tablet-Computer, der ihnen und ihren Lehrpersonen im Schuljahr 2012/2013 als Lernwerkzeug rund um die Uhr zur Verfügung steht, sowohl in der Schule, als auch in der Freizeit.

Selbstverständlich werden die 12 Klassen schweizweit keineswegs die ersten sein, die mit persönlichen Tablets ausgerüstet werden. Auf der Website 1to1learning.ch lassen sich mehrere Schweizer-Tablet-Projekte auf Volksschulstufe abrufen, die bereits am Laufen sind. Bilder, wie sie im Kanton Solothurn ab August 2012 zu sehen sein werden, gibt es beispielsweise in Arth bereits seit 2 Monaten, wie der Beitrag von Tele 24 zeigt:


(siehe auch www.projektschule-goldau.ch)

Trotzdem scheint mir die Aussage des Kantons Solothurn berechtigt zu sein. Die Solothurner Ankündigung ist der erste Schweizer Schulversuch, d.h. ein Projekt, das vom Kanton initiiert, finanziert und kommuniziert wird. Verschiedene andere Schweizer Projekte sind kommunal oder gar von Einzelpersonen lanciert worden und die entsprechenden kantonalen Bildungsdirektionen schauen abwartend bis wohlwollend zu, engagieren sich aber nicht überaus aktiv.

Ich freue mich deshalb über diese Ankündigung und verbinde damit aber auch entsprechende Hoffnungen und Fragen:
  • Die Offensichtlichste: Werden andere Kantone diesem Beispiel folgen?
  • Was geschieht in der Stadt Solothurn ? 2002 war diese ebenfalls relativ pionierhaft als sie allen Oberstufenlehrpersonen ein persönliches Notebook zur Verfügung stellte, komplett auf Schulserver verzichtete (cloud computing...) und einen pädagogischen ICT-Integrator zu 50% anstellte (Konzept siehe Biblionetz:b01109). Dieses Konzept läuft nun seit 10 Jahren, doch man hört immer weniger...
  • Wird sich der Kanton Solothurn beim Lehrplan 21 (Biblionetz:w02172) dafür einsetzen, dass das Thema Medienbildung verbindlicher als derzeit geplant wird?
  • Wird sich der Kanton Solothurn bei der PH FHNW für eine stärkere Gewichtung der Medienbildung in der Ausbildung einsetzen? (Es ist ja seltsam, wenn der Kanton sich überlegt, frische StudienabgängerInnen berufsbegleitend nachzuqualifizieren: "In den neuen Studiengängen zur Ausbildung als Primarlehrperson oder Sek I-Lehrperson fehlt inzwischen ein separates Ausbildungsmodul für den Unterricht zur Medienbildung. Z.Z. ist ein Konzept der integrierten Medienbildung in Diskussion. Es gilt bis zu seiner Umsetzung ein berufsbegleitendes Angebot für neue Lehrkräfte im Kanton Solothurn aufzubauen." (Biblionetz:t14005)

Jeder Schüler und jede Schülerin arbeitet mit seinem eigenen Pad. Wow! Da begibt sich der Kanton Solothurn wirklich auf neues Terrain. Ich teile die Meinung, dass dies ein klares Zeichen für den 1:1 Computing darstellt. Damit ist es vorbei mit dem Umstand, dass nur wenige PCs zur Verfügung stehen oder es eine langfristige Reservation des Informatik-Zimmers braucht, um ICT im Unterricht umzusetzen.So hat jede/r sein digitales Unterrichtswerkzeug. Doch nun sind die Lehrpersonen gefordert, die Geräte in neuen Lern- und Unterrichtsformen einzusetzen. Auf mögliche Schülerfragen (und auch Elternfragen) gilt es bald Antworten zu finden: Kann das Hausaufgabenbüchlein nun digital geführt werden? Kann man die wichtige Wandtafeldarstellung auch fotografisch festhalten? …

-- Main.BernhardDittli - 26 Apr 2012

, IsaPHSO

Lehrmittelverlage und Medienkompetenz

20 January 2012 | Beat Döbeli Honegger | Medienbildung

SCNR...

Lehrmittelverlage merken, dass Medienkompetenz (Biblionetz:w00542) zunehmend wichtiger wird (aha?) und reagieren, wie Lehrmittelverlage (Biblionetz:w02223) bisher immer reagiert haben: Sie produzieren Bücher.

So auch der Klett-Verlag. Gemäss einer Mitteilung bei bildungsklick.de sind "Soziale Netzwerke das erste Thema der neuen Reihe "weboach" aus dem Ernst Klett Verlag. Auf rund 30 Seiten bietet das Arbeitsheft Sachtexte und Übungen für die Klassen 5-9." Dabei ist die Reminiszenz ans Buchdruckzeitalter unübersehbar:

"webcoach" erscheint im Ernst Klett Verlag. Erhältlich ist das Arbeitsheft "Datenschutz in sozialen Netzwerken" (10er-Paket ISBN 978-3-12-006649-1, Preis: 19,95 €, Blättern im Buch). "Recherche im Internet" (ISBN 978-3-12-006650-7) folgt im Mai 2012 und "Cybermobbing" (ISBN 978-3-12-006652-1) im Juli 2012. Weitere Titel sind geplant.

Gedruckte Arbeitshefte im 10er-Paket, damit Schülerinnen und Schüler lernen, wie digitale Medien ticken. Aha.

Ob das die Zukunft des Schulbuchs (Biblionetz:f00151) ist?

Aber da versteckt sich ja ein neckischer Link in diesem Zitat: Blättern im Buch. Machen wir doch!

klett-soziale-netze-01.jpg

Doch was muss ich bereits im Kapitel 1.1 auf Seite 4 lesen? Tim Berners Lee (Biblionetz:p01924) habe das Internet erfunden. Nein, nein und nochmals nein! Tim Berners Lee hat das World Wide Web (WWW) (Biblionetz:w00577) erfunden und nicht das Internet (Biblionetz:w00269)!

So wird das nichts mit Medienkompetenz, liebe Lehrmittelverlage!

Wenn das so weitergeht, haben Firmen wie Apple mit iBook 2 und iBook Author (mehr davon später...) leichtes Spiel...

Wie sieht die Zukunft des Schulbuchs aus?

04 January 2012 | Beat Döbeli Honegger | Medienbildung, Schul-ICT

%STARTBLOG% Der Jahresanfang verführt zu Prognosen, Ausblicken und Ähnlichem. Bei mir steht unter anderem eine Frage an, die mich dieses Jahr in mehrfacher Hinsicht intensiv beschäftigen wird: Wie sieht die Zukunft des Schulbuchs aus? (Biblionetz:f00151)

Das Thema ist ja nicht komplett neu, das Buzzword Open Educational Resources (OER) (Biblionetz:w02058) geistert bereits länger durch die Community, aufs dynabook (Biblionetz:w01608) wollen wir schon gar nicht zurückgreifen. Nun scheint die Frage aber praktisch relevant zu werden. Mit Tablets wie dem iPad ist nun eine Gerätekategorie verfügbar, auf welcher das Lesen (und Bearbeiten?) von Schulbüchern leichter vorstellbar ist als auf (unterdessen bereits) traditionellen Notebooks. Der sinkende Preis und die steigende private Verfügbarkeit machen sowohl schulfinanzierte als auch elternfinanzierte (= BYOD (Biblionetz:w02286)) 1:1-Ausstattungen (Biblionetz:w02173) leichter realisierbar.

Eine 1:1-Ausstattung ist aber eine Grundvoraussetzung für digitale Schulbücher. Wenn jetzt 1:1-Ausstattungen zahlreicher werden (siehe http://1to1learning.ch), dann eröffnet sich plötzlich ein ganzer Reigen von Fragen, denen sich Schulbuchverlage und Schulen stellen müssen:
  • Was bringen digitale Lehrmittel?
  • Wer finanziert digitale Lehrmittel?
  • Wer stellt digitale Lehrmittel her?
  • Welche neuen Geschäftsmodelle können sich entwickeln?
  • Welche Lizenzmodelle sind sinnvoll und nachhaltig gangbar?
  • etc.
Alles keine neuen Fragen. Aber in den letzten zwei Jahren wurden sie zunehmend aktuell. Lehrmittelverlage erhalten entsprechende Anfragen, Schulen überlegen sich, ob beim Entscheid für eine 1:1-Ausstattung genügend Lehrmaterial verfügbar sei.

Grund genug also, dass sich auch im deutschsprachigen Raum einige Expertinnen und Experten mit dem Thema beschäftigen. Über die Debatte zum Schulbuchtrojaner habe ich ja schon mehrfach berichtet. Erfreulicher ist da die Vortragsreihe l3t talk von Martin Ebner (Biblionetz:p04053) und Sandra Schoen (Biblionetz:p05210) zu nennen, bei welcher im Monatsrhythmus Vorträge zu verschiedenen Aspekten digitaler Bücher, Zeitschriften und Lehrmittel gehalten werden. (Ja, ich habe mich auch überreden lassen, im März 2012 etwas unter dem Titel iLegende Wollmilchsau? Lehrmittel in Zeiten von iPad & Co. zu erzählen).

l3ttalk-01.png l3ttalk-02.jpg

Die beiden wirken auch als Herausgebende einer Schwerpunktausgabe der Online-Zeitschrift bildungsforschung:

Die in Schulen und Weiterbildung eingesetzten Lern- und Lehrmaterialien bzw. Lehrmittel verändern sich. Blickt man in die Schule, gehören seit einigen Generationen eine Kreidetafel, ein Skelett oder große Landkarten dazu. Aber auch abseits von Laptop- und iPad-Klassen, die im deutschsprachigen Europa weiterhin eine Besonderheit sind, stehen in den letzten Jahren immer häufiger regelmäßig einzelne Computer mit Lernprogrammen im Klassenzimmer. Während vor fünfzehn Jahren im Fernunterricht noch Lehrbriefe mit der Post verschickt wurden, gibt es heute zahlreiche internetgestützte Fernlehrangebote. Auch bei den Lehrbücher und Arbeitsblätter, die in Schule, Studium, Ausbildung und Weiterbildung zum Einsatz kommen, zeigen sich Veränderungen: Ein Schulbuch aus den 1970er Jahren unterscheidet sich inhaltlich deutlich von einem der 1990er Jahre. Ein „Lehrbuch“ muss heute aber gar nicht mehr gedruckt mit Seiten erscheinen, immer häufiger gibt es E-Book-Versionen, sogenannte Living Books mit integrierten Videos oder interaktiven Übungen. Und immer häufiger gibt es Lehr- und Lernmaterialien digital und auch kostenlos im World Wide Web zugänglich – im Zeitalter des Mitmachwebs von Lerner/innen und Lehrenden selbst erstellt (Wyatt 2010). Es zeigt sich so ein großer Wandel der Lern- und Lehrmaterialien. (Call als PDF PDF-Dokument.

Dann hat Oliver Ott, Mitarbeiter der PHBern, zu Jahresbeginn erneut ein lesenswertes Factsheet zum Thema digitale Unterrichtsmittel veröffentlicht, diesmal mit dem Schwerpunkt Flexbooks (Biblionetz:w02308): Lehrmittel bald nur noch digital? PDF-Dokument (Biblionetz:t13767):

Digitale Bücher sind heute nicht mehr nur Printbücher, die sich digital lesen lassen. Sie sind multimedial, interaktiv und bieten Möglichkeiten, sich innerhalb eines Buches mit anderen Leserinnen und Lesern auszutauschen. Mit dieser Entwicklung dürften auch die Schulen schneller konfrontiert werden als bisher vermutet wurde. Mit flexiblen digitalen Büchern können die Lehrmittel dem Unterricht ohne grossen Aufwand angepasst und rasch weitergegeben werden. In den USA werden Flexbooks heute schon in hunderten von Schulen und Universitäten erfolgreich eingesetzt.
Quelle: http://www.swisseduc.ch/methodik_didaktik/ebooks/

Zudem sind dieses Jahr verschiedene Veranstaltungen zum Thema geplant, Details folgen... ,

Das Mobiltelefon als Werkzeug und Thema im Unterricht

22 December 2011 | Beat Döbeli Honegger | Medienbildung
Noch immer erntet man vielerorts unverständliche Blicke, wenn man das Mobiltelefon als Werkzeug oder Thema im Unterricht (Biblionetz:w01971) vorschlägt. Selbst für Lehrpersonen, die in Notebookprojekten aktiv sind, mutet die Vorstellung seltsam an, dass man Handys sinnvoll im Unterricht einsetzen könnte. Meist ist darum das Handyverbot in der Schule (Biblionetz:w02202) noch naheliegender als praktische Unterrichtsszenarien.

Umso erfreulicher ist es, dass in jüngerer Zeit nach englischsprachigen Büchern (z.B. Biblionetz:b03693) nun auch deutschsprachige Bücher erschienen sind, die konkrete Unterrichtsvorschläge enthalten. Als erstes ist da das Buch von Katja Friedrich, Ben Bachmair und Maren Risch: Mobiles Lernen mit dem Handy - Herausforderung und Chance für den Unterricht (Biblionetz:b04668) zu nennen. Die kurzen Kapitel 1 und 2 nennen Gründe für die Integration des Handys in den Unterricht und zeigen die grundlegenden Potenziale anhand der konvergenten Handyfunktionen auf. Im zentralen dritten Kapitel werden 50 konkrete Unterrichtsszenarien von der ersten Primarschulklasse (Buchstabensuche mit dem Fotoapparat) bis zum Gymnasium und zur Multiplikatoren-Schulung jeweils kurz beschrieben. Im Kapitel 4 sind dann fünf Unterrichtseinheiten detaillierter beschrieben und Ben Bachmair rundet mit pädagogischen Überlegungen in Kapitel 5 das Buch ab. Erwähnenswert macht das Buch nicht die 50 Szenarien an sich (die so neu nicht sind und sich an verschiedenen Orten im Internet (u.a. auch im Weblog der Projektschule Goldau) finden) sondern die praktische Sammlung in Buchform. Wer mich zukünftig ungläubig anschaut, dem kann ich das Buch in die Hand drücken (was ich mit dem Weblog der Projektschule Goldau nicht kann...).

Das zweite Buch SMS-Kommunikation als Unterrichtsgegenstand - Ein Unterrichtsmodell mit Materialien für die Sekundarstufe II (Biblionetz:b04723) von Dominique Barth und Prisca Rauch beschäftigt sich mit einem Teilaspekt von Mobiltelefonen als Thema. Das Buch dokumentiert einen zweitägigen Blockkurs, der im Rahmen einer Medienwoche der Kantonsschule Küsnacht entwickelt worden war. Der Blockkurs und damit das erarbeitete Unterrichtsmaterial verfolgt zwei Ziele. Einerseits geht es darum, anhand von SMS-Kommunikation (Biblionetz:w01814) Schülerinnen und Schüler für situationsspezifisches und - adäquates Sprach- und Sozialverhalten zu sensibilisieren. Zum anderen geht es bei der Arbeit an SMS-Texten auch um die Heranführung an wissenschaftliche Arbeitsformen.

Offenlegung der Interessenbindungen: Ich bin Mitglied der von Ben Bachmair mitgegründeten London Mobile Learning Group (Biblionetz:p11871) und Verwaltungsratsmitglied des hep Verlags. Trotzdem kann ich die Bücher empfehlen wink

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