Erster Kanton bekennt sich zu 1:1-computing in der Volksschule

An einer Medienkonferenz hat gestern (25.04.12) der Kanton Solothurn (Biblionetz:w01891) bekannt gegeben, das bestehende Projekt my-Pad ab Schuljahr 12/13 im Kanton auf 12 Klassen auszuweiten, in welchen jedes Kind ein eigenes Tablet (Biblionetz:w02309) in und ausserhalb der Schule zur Verfügung haben wird.

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In seiner Rede betonte der Departementssekretär Adriano Vella die Meilensteine der Solothurner ICT-Integration:
  • 1992 Informatik im Lehrplan des Kantons Solothurn (Biblionetz:t04791)
  • 2002 Aufbau eines Kantonalen Komptenzzentrums ICT-TOP (Biblionetz:p06076),
    welches das Stufenübergreifende ICT-Entwicklungskonzept für die Schulen des Kantons Solohturn (SIKSO) (Biblionetz:b03200) erarbeitete
  • 2012 Erweiterung des Projekts myPad und Überarbeitung des SIKSO

Mit den Jahreszahlen stimmt es zwar nicht so ganz (Als Mitgründer und ehemaliger Co-Leiter weiss ich aus eigener Erfahrung, dass das ICT-Kompetenzzentrum TOP im Jahr 2004 gestartet wurde und 2008 in die Fachstelle imedias einfloss), doch mit der Verbindlicherklärung des SIKSO im Jahr 2008 wurde der Kanton Solothurn definitiv zum Pionierkanton in der deutschsprachigen Schweiz: Solothurn ist derzeit der einzige Kanton mit einem Fach Medienbildung (Biblionetz:a00980) in der Stundentafel!

Mit der gestrigen Medienkonferenz nehme ich den Kanton Solothurn auch als ersten Kanton wahr, der sich öffentlich zum Thema 1:1-computing (Biblionetz:w02173) äussert. Dazu Adriano Vella:

Wir wollen die Nach-PC-Ära testen und untersuchen, ob die digitale Schiefertafel (das Tablet) als Werk- und Denkzeug das Potential hat, Computerzimmer, PC’s oder Laptops in der Schule abzulösen. Dabei werden wir uns auch vom bisherigen Paradigma des punktuellen Einsatzes von ICT verabschieden, genauso wie von der gruppenweisen Anwendung (10 Laptops für 23 Schüler und Schülerinnen). Unser Tablet ist nämlich tatsächlich ein myPad, ein ständiges und persönliches Werk- und Denkzeug in der Hand aller Schülerinnen und Schüler des Versuches!

Das Bekenntnis zu 1:1-computing ist für mich bei dieser Nachricht der viel relevantere Teil als der Wechsel von Notebooks/Netbooks auf Tablets. Hier spricht erstmals ein kantonales Bildungsdepartement davon, sich vom Paradigma Computerecke, Notebookwagen oder gar Computerraum verabschieden zu wollen. Hört, liebe andere Kantone: Der Kanton Solothurn hat's ausgesprochen…

Ich wurde seit gestern mehrfach drauf angesprochen, ob der Kanton Solothurn den Mund nicht etwas voll nehme, wenn er in seiner Medienmitteilung schreibt:

Das Departement für Bildung und Kultur (DBK) hat deshalb beschlossen, mit dem Projekt «myPad» einen schweizweit noch nie dagewesenen Schulversuch zu starten. In 12 ausgewählten Klassen erhalten alle Schülerinnen und Schüler einen persönlichen Tablet-Computer, der ihnen und ihren Lehrpersonen im Schuljahr 2012/2013 als Lernwerkzeug rund um die Uhr zur Verfügung steht, sowohl in der Schule, als auch in der Freizeit.

Selbstverständlich werden die 12 Klassen schweizweit keineswegs die ersten sein, die mit persönlichen Tablets ausgerüstet werden. Auf der Website 1to1learning.ch lassen sich mehrere Schweizer-Tablet-Projekte auf Volksschulstufe abrufen, die bereits am Laufen sind. Bilder, wie sie im Kanton Solothurn ab August 2012 zu sehen sein werden, gibt es beispielsweise in Arth bereits seit 2 Monaten, wie der Beitrag von Tele 24 zeigt:


(siehe auch www.projektschule-goldau.ch)

Trotzdem scheint mir die Aussage des Kantons Solothurn berechtigt zu sein. Die Solothurner Ankündigung ist der erste Schweizer Schulversuch, d.h. ein Projekt, das vom Kanton initiiert, finanziert und kommuniziert wird. Verschiedene andere Schweizer Projekte sind kommunal oder gar von Einzelpersonen lanciert worden und die entsprechenden kantonalen Bildungsdirektionen schauen abwartend bis wohlwollend zu, engagieren sich aber nicht überaus aktiv.

Ich freue mich deshalb über diese Ankündigung und verbinde damit aber auch entsprechende Hoffnungen und Fragen:
  • Die Offensichtlichste: Werden andere Kantone diesem Beispiel folgen?
  • Was geschieht in der Stadt Solothurn ? 2002 war diese ebenfalls relativ pionierhaft als sie allen Oberstufenlehrpersonen ein persönliches Notebook zur Verfügung stellte, komplett auf Schulserver verzichtete (cloud computing…) und einen pädagogischen ICT-Integrator zu 50% anstellte (Konzept siehe Biblionetz:b01109). Dieses Konzept läuft nun seit 10 Jahren, doch man hört immer weniger…
  • Wird sich der Kanton Solothurn beim Lehrplan 21 (Biblionetz:w02172) dafür einsetzen, dass das Thema Medienbildung verbindlicher als derzeit geplant wird?
  • Wird sich der Kanton Solothurn bei der PH FHNW für eine stärkere Gewichtung der Medienbildung in der Ausbildung einsetzen? (Es ist ja seltsam, wenn der Kanton sich überlegt, frische StudienabgängerInnen berufsbegleitend nachzuqualifizieren: "In den neuen Studiengängen zur Ausbildung als Primarlehrperson oder Sek I-Lehrperson fehlt inzwischen ein separates Ausbildungsmodul für den Unterricht zur Medienbildung. Z.Z. ist ein Konzept der integrierten Medienbildung in Diskussion. Es gilt bis zu seiner Umsetzung ein berufsbegleitendes Angebot für neue Lehrkräfte im Kanton Solothurn aufzubauen." (Biblionetz:t14005)

Jeder Schüler und jede Schülerin arbeitet mit seinem eigenen Pad. Wow! Da begibt sich der Kanton Solothurn wirklich auf neues Terrain. Ich teile die Meinung, dass dies ein klares Zeichen für den 1:1 Computing darstellt. Damit ist es vorbei mit dem Umstand, dass nur wenige PCs zur Verfügung stehen oder es eine langfristige Reservation des Informatik-Zimmers braucht, um ICT im Unterricht umzusetzen.So hat jede/r sein digitales Unterrichtswerkzeug. Doch nun sind die Lehrpersonen gefordert, die Geräte in neuen Lern- und Unterrichtsformen einzusetzen. Auf mögliche Schülerfragen (und auch Elternfragen) gilt es bald Antworten zu finden: Kann das Hausaufgabenbüchlein nun digital geführt werden? Kann man die wichtige Wandtafeldarstellung auch fotografisch festhalten? …

-- BernhardDittli - 26 Apr 2012
 
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