Lernen mit Wiki, Weblog und Co
*PR-inside.com 19.11.2007 13:20:15 - Einsatz von Web 2.0 fördert Lernmotivation und Medienkompetenz bei den SchülerInnen - Rolle der Lehrer erweitert sich vom reinen Wissensvermittler hin zum "Moderator" - Die wissenschaftliche Evaluation bewertet das Projekt Web 2.0 Klasse positiv - für einen breiteren Einsatz von Web 2.0 sind noch "Hausaufgaben" zu erledigen.*
Im Juni diesen Jahres starteten Telekom Austria und das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur (bm:ukk) ein innovatives Pilotprojekt: An insgesamt neun österreichischen Hauptschulen arbeiteten SchülerInnen und LehrerInnen mit Social Software wie Wiki und Weblog, um Wissen und Erkenntnisse virtuell teilen zu können. Eine wissenschaftliche Untersuchung, die heute im Rahmen einer Pressekonferenz vorgestellt wurde, zieht nun eine positive Bilanz.
(
Quelle)
Diese Pressemeldung
findet man in der einen oder anderen Form zwei Tage nach der Pressekonferenz über 100 Mal im Internet. Sie passt bestens zur gestrigen Diskussion beim Nachtessen im Anschluss an die
SwissEduc-Generalversammlung. Nachdem ich bei der Generalversammlung zusammengezuckt bin, da ich als
Blogger um meine Meinung zu Web 2.0 gefragt wurde, gab es beim Nachtessen ein kleines Blogger-Bashing und ich sah mich in der ungewohnten Rolle, das Medium Blog - insbesondere im Bildungsbereich - zu verteidigen
("Iiiiek, bin ich ein Blogger?"). Da kommt doch eigentlich diese Pressemeldung gerade recht: Jetzt ist endlich belegt, dass Web 2.0 sinnvoll ist! Steht schliesslich so im Netz, und zwar über 100 Mal!
("Ich kann die Information auch anderswo finden" ist ein bei Jugendlichen beliebtes Kriterium für die Glaubwürdigkeit von Informationen…)
Hmm, die Studie würde mich ja tatsächlich interessieren. Aber trotz hundert Fundstellen, die über das Erscheinen der Studie berichten, ist es mir nicht gelungen, die Studie selbst online zu finden. Das bringt mich zum Nachdenken: Warum hat die PR-Agentur der österreichischen Telekom zwar eine Pressemeldung veröffentlicht, aber keinen Link auf die zugrundeliegende Studie? Ich will die bösartige Variante nicht weiter ausführen und nur zwei andere zur Diskussion stellen:
- digital immigrants: Die Studie lag an der Pressekonferenz in Papierform auf. Es ist aber niemandem in den Sinn gekommen, dass man Studien zum Thema Internet auch ins Internet stellen könnte. Passiert ja noch immer hier und dort.
- Branchenkenntnis: Die PR-Agentur wusste, dass sich in der hektischen Aufmerksamkeitsökonomie niemand mehr für Hintergründe interessiert, sondern alle nur noch Kurzfutter suchen, mit dem sie ihre Gratiszeitungen und Weblogs füllen können.
Die
über 100 Fundstellen scheinen die zweite Erklärung zu stützen. An über 100 Orten auf dem Internet hat man die Pressemeldung übernommen, ohne selbst die Studie zu lesen oder sich über den Verbleib der Studie zu wundern. Dies ist ein schönes Beispiel für die gestern geäusserte Kritik, dass in der Blogosphäre vornehmlich abgeschrieben werde und sich die Wenigsten eigene Gedanken machen würden.
Dieses Phänomen ist bestens im Bereich von ICT-Blogs zu beobachten. Kaum hat ein Unternehmen ein neues Produkt angekündigt, geht eine Posting-Welle durch die Blogosphäre, obwohl die wenigsten Blogger das Produkt schon in den Händen hatten, es testen konnten und etwas substanziell Neues zum Thema beitragen.
Damit kann ich auch die gestrige Frage beantworten,
welchen Dienst im Internet ich mir wünschen würde, wenn ich einen Wunsch von einer Fee frei hätte, um mir meine Arbeit im Internet zu erleichtern: Ich würde mir für die Blogosphäre einen
Me2-Posting-Filter wünschen, der alle Blogpostings ausfiltert, die nur bestehende Informationen ohne eigene Denkleistung weiterkolportieren.
Und ja, da muss ich mich auch an der eigenen Nase nehmen: Auch in meinem Weblog hat es
Me2-Postings. Ich bemühe mich aber (auch im eigenen Interesse der beschränkten Zeitressourcen) solche Postings vermehrt zu vermeiden.
P.S.: Um noch die letzte Frage von gestern abend zu beantworten: Dieses Posting habe ich im Zug zwischen Thalwil und Arth-Goldau geschrieben.
Update: Seit meinem Blogposting habe ich die Studie mehrfach per Mail gesandt erhalten von netten Bloglesenden, welche die Studie bei der Pressestelle der österreichichen Telecom angefordert hatten. Das habe ich selbst gestern auch erfolgreich gemacht (Biblionetz:t07973), aber leider vergessen, dies hier im Blog zu erwähnen.
Kommentare: Gibt es die Studie denn jetzt irgendwo online? --
RalfAppelt - 28 Nov 2007
-- Man findet die Studie unterdessen auf der
Telekom Austria-Seite --
StefanEberhard - 28 Nov 2007
argh, auf dieser Website sehe ich nun, dass es auch eine Langfassung der Studie gibt, welche mir die Telekom
nicht gemailt hatte. Bald im Biblionetz unter
Biblionetz:b03294). --
BeatDoebeli - 05 Dec 2007
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