Gestern (19.09.13) hat sich die
Bildungskoalition NGO in einem
Positionspapier zum Lehrplan 21 (
Biblionetz:t15706) geäussert.
Bildungskoalition NGO ist eine Zusammenschluss von über 30
"grossen nationalen Nicht-Regierungsorganisationen, um die Anliegen der Kinder und Jugendlichen sowie der Zivilgesellschaft in Bildungsfragen besser zu vernetzen und ihnen zum Durchbruch zu verhelfen."
"2012 hat sich die Bildungskoalition NGO neu vernetzt und organisiert. Das Spektrum der Mitgliederorganisationen in der Bildungskoalition NGO ist breiter geworden und umfasst: Jugendverbände, Umweltverbände, Gesundheitsorganisationen, Entwicklungsorganisationen, Menschenrechtsorganisationen" (
Quelle)
Mit dem coolen Schlagwort
enkeltauglich betont die Bildungskoalition, dass Bildung auf die Zukunft ausgerichtet sein muss:
Bezüglich
Lehrplan 21 (
Biblionetz:w02172) fordert nun die Bildungkoalition NGO folgendes:
5. Positionierung von ICT und Medien als überfachliches Thema
Die Bildungskoalition NGO begrüsst die verbindliche Verankerung von ICT und Medienkompetenzen
als überfachliches Thema im Lehrplan 21. Dabei ist die Festlegung einer Anzahl Stunden pro
Schuljahr unerlässlich. ICT und Medien sind eine Kulturtechnik und stehen mit anderen
Kulturtechniken wie Lesen, Schreiben, Mathematik in enger Verbindung. Der Lehrplan 21 soll für ICT
und Medien ein verbindliches Zeitgefäss schaffen und den Kompetenzaufbau in der Verbindung mit
überfachlichen Themen gestalten.
Eine Integration von ICT, Medien und Informatik in den Fachlehrplan Natur, Mensch, Gesellschaft, wie
von der IT-Fachwelt gefordert, wird abgelehnt (siehe Positionspapier ICT Switzerland). Informatik kann
als Frei- und Wahlfach für interessierte Schülerinnen und Schüler gefördert werden. Der Lehrplan 21
ist branchenneutral zu gestalten und soll eine gleichwertige Vorbereitung für alle Berufsfelder und
Bildungswege ermöglichen.
Aus dieser Stellungsnahme lese ich folgende Punkte:
- Das Thema "ICT und Medien" benötigt eine grössere Verbindlichkeit (in Form einer Stundendotation).
- "ICT und Medien sind eine Kulturtechnik"
- Informatik soll nur ein Freifach sein
- "Der Lehrplan 21 ist branchenneutral zu gestalten" (implizit: und darum ist das Positionspapier von ICTswitzerland abzulehnen)
Während ich die ersten beiden Aussagen zu 100% unterschreibe, bereiten mir die letzten beiden grosse Sorgen.
Gerade aus Sicht der Enkeltauglichkeit darf für mich Informatik kein reines Freifach sein. Informatik gehört vermutlich gerade zu
den Wissenschaften, welche die Zukunft in erheblichem Masse prägen werden. Eine zukunftsgerichtete Bildung darf darum nicht nur die naturwissenschaftlichen Themen abdecken, welche bereits in der Vergangenheit relevant waren, sondern muss auch Informatik als Zukunftsthema integrieren.
Informatik und Bildung für nachhaltige Entwicklung haben grosse Schnittmengen. 2010 habe ich im Blogposting
Systemdenken als Schnittmenge von Informatik und BNE erstmals versucht aufzuzeigen, dass die beiden Themen mehr gemeinsam haben, als oft auf den ersten Blick gesehen wird. Informatik enthält gerade das Denken in Systemen, Zusammenhängen und Abläufen, wie sie unter anderem im Bereich BNE (
Biblionetz:w01620) gefordert werden. Systemdenken (Biblioetz:w00104), Simulation von Räuber-Beute-Systemen, Modellierung und Visualisierung von gegenseitigen Einflüssen und Abhängigkeiten: Das sind Themen von Informatik
und BNE!
Informatik ist keine Branchenforderung!. Die Aussage, der Lehrplan 21 sei branchenneutral zu gestalten, halte ich für einen vorschnellen Abwehrreflex. Niemand würde auf die Idee kommen, das Thema Chemie aus dem Lehrplan 21 zu streichen, nur weil es in Basel ein einflussreiche chemische Industrie hat. Das
Positionspapier von ICTswitzerland (
Biblionetz:t15700) wurde zwar vom Branchendachverband publiziert, aber zu 100% von Personen formuliert, die im Bildungswesen aktiv sind. Drei von fünf der Beteiligten arbeiten an Pädagogischen Hochschulen und haben auf Einladung der D-EDK auch am offiziellen Lehrplan 21 mitgearbeitet:
- Prof. Dr. Beat Döbeli Honegger, Institut für Medien und Schule, PH Schwyz *
- Claudia Fischer MA, Beratungsstelle für digitale Medien an Schulen-imedias, PH FHNW*
- Prof. Dr. Werner Hartmann, infoSense, ehemaliger Informatik-Fachdidaktiker ETHZ und PHBern
- Prof. Dr. Juraj Hromkovic, ETH Zürich, aktueller ETH-Informatik-Fachdidaktiker
- Prof. Dr. Thomas Merz, Fachverantwortlicher Medienbildung, PH Thurgau *
* = Mitglieder der Arbeitsgruppe ICT und Medien des Lehrplans 21 von 2010-2012
Lehnt man nun die Forderung des Positionspapiers von ICTswitzerland aufgrund der Herkunft ab, so ist das aus meiner Sicht ein
argumentum ad hominem circumstantial (
Biblionetz:w02147) und kein stichhaltiges Argument.
Auch mir liegt an der
Enkeltauglichkeit des Lehrplans 21 und ohne verbindliche Thematistierung von Informatik ist der Lehrplan 21
nicht enkeltauglich!
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