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App-Phone

12 February 2010 | Beat Döbeli Honegger | Biblionetz
Ich bin ja bekanntermassen als Biblionetzkar ein Begriffs-Fetischist und kann mich stundenlang mit Definitionen und Hierarchien herumschlagen:
  • Was bedeutet E-Learning und Blended Learning und wo liegt der Unterschied?
  • oder: Wie verhalten sich die Begriffe Medienpädagogik, Mediendidaktik, Medienbildung, Medienerziehung zueinander und was bedeuten sie überhaupt? (siehe auch Kerres: pars pro toto)

Diesmal geht's nicht um Begriffe im Bereich Bildung und Schule, sondern um Technik. Auch ich verzweifle zuweilen ob der technischen Entwicklung, denn die Konvergenz macht mir meine schön zurecht gelegten Begriffsschubladen zunichte:

Früher (TM) war es einfacher. Es gab Notebooks (Biblionetz:w00829) und wenn diese in der Schule eingesetzt wurden, dann waren das eben Notebooks in der Schule (Biblionetz:w00970). Hatte jede Lehrperson ein Notebook, dann hiess das (bei mir) Ein Notebook pro LehrerIn (ENpL) (Biblionetz:w01038) und hatten alle Lernenden persönliche Geräte, so hiess das logischerweise Ein Notebook pro SchülerIn (ENps) (Biblionetz:w00753). Soweit, so gut. Auch Handhelds / PDAs (Biblionetz:w01547) stellten noch kein grösseres Problem dar. Da gab es dann einfach Handhelds / PDA in school (Biblionetz:w01551).

Doch nun wird's kompliziert: Es gibt Mobiltelefone (Biblionetz:w01949). Und Mobiltelefone in der Schule (Biblionetz:w01971). Mobiltelefone konnten ursprünglich nur telefonieren. Somit waren sie keine Handhelds. Irgendwann waren aber auf gewissen Mobiltelefonen zusätzliche Programme verfügbar (Taschenrechner, Agenda, Spiele etc.). Ein neuer Begriff fing an, sich zu verbreiten: Smartphones (bisher nicht im Biblionetz). Sind jetzt Smartphones Handhelds mit denen man auch noch telefonieren kann? Muss ich jetzt den Begriff Smartphones ins Biblionetz aufnehmen, damit ich Papers zum Einsatz von Smartphones in der Schule von solchen zum Einsatz von simplen Telefonen unterscheiden kann?

Wenn ich versuche, unser iPhone-Projekt einzuordnen: Eigentlich ist die Telefonfunktion nicht so relevant. Also ist es irreführend, es als Mobiltelefonprojekt zu klassifizieren. Es ist eher ein Handheldprojekt. Im Unterschied zu traditionellen (!) Handheldprojekten verfügen die iPhones aber jederzeit und überall über einen Internetzugang. Diese Eigenschaft ist relevant für das Projekt. Also Smartphone-Projekt?

Vor einiger Zeit bin ich bei gizmodo über einen weiteren Begriff gestolpert, der mir einleuchtet: App-Phone. Dabei steht App nicht etwa für Apple, sondern für die Möglichkeit, zusätzliche Applikationen auf das Gerät zu laden. Damit erhöht sich der Freiheitsgrad des Geräts:

  • Mobiltelefon: Ein fix installiertes Programm "Telefon"
  • Smartphone: Eine fix vom Hersteller vordefinierte Auswahl von Programmen
  • App-Phone: Eine fix vom Hersteller zur Verfügung gestellte Plattform für eine beliebige Anzahl Programme

Beim Mobiltelefon habe ich also ein Werkzeug, beim Smartphone eine fixe Werkzeugsammlung und beim App-Phone einen Werkzeugkoffer.

Gefällt mir, dieser Begriff.

P.S.: Angesichts der rigiden Gatekeeper-Funktion von Apples bei der Zulassung von Apps könnte man auch eine vierte Kategorie namens FOSS-Phone propagieren. Auf solchen Geräten lassen sich auch Änderungen am Betriebssystem vornehmen und es bestehen keinerlei Einschränkungen bezüglich möglicher Programme. Derzeit scheint allerdings ausserhalb der FOSS-Community das Bewusstsein für die Gefahren solcher gated-app-environments noch nicht allzu verbreitet zu sein, so dass dieser Begriff derzeit wenig Verbreitungschancen hat...


Wenn ich das richtig sehe, wird das Nokia N900 ein FOSS-Phone. Es zeichnet sich ab, dass es sehr eng an die QT- und KDE-Gemeinde angebunden sein wird.

-- Main.RomeyW - 12 Feb 2010

Wer treibt wen & was hält wen ab?

05 February 2010 | Beat Döbeli Honegger | Medienbildung, Schul-ICT
So, seit nun bald einer Woche läuft die von mir moderierte Diskussion Technologie und Bildung: Wer treibt wen? im Rahmen des EducationalTrendspotting - Prozesses für die SFEM-Tagung 2010.

Die Diskussion gewinnt langsam an Schwung. Es geht um die Frage, welche Strategien des Change Managements sich für die Bildung eignen würden, ob es sich um verfehlten Technikdeterminismus (Biblionetz:w02180) handelt, wenn man von Technologie als Trendtreiber spricht und ob die Frage des Verhältnisses von Technologie und Bildung überhaupt relevant sei in der heutigen Zeit und nicht eher emotionale Bildung notwendig sei.

In verschiedenen Diskussionssträngen habe ich festgestellt, dass die Ausgangsthese "Die Technologie ist Trendtreiber - Das Bildungswesen hinkt nach" zu schwammig bzw. mehrdeutig formuliert ist und für eine Diskussion der Präzisierung bedarf. Ich habe dies heute mit folgendem Diagramm versucht:

wer-treibt-wen.jpg

Die Einflüsse (1) und (2) betreffen die beiden Gebiete ICT und Bildung insgesamt, während die Einflüsse (3) und (4) jeweils den Einfluss des einen Gebiets auf den gemeinsamen Schnittpunkt betreffen. So lässt sich nun fragen, ob ICT die Bildung stärker beeinflusst oder umgekehrt die Bildung stärker ICT. Evtl. einfacher zu beantworten (wenn überhaupt) scheint mir der gemeinsame Bereich von ICT und Bildung. Wie sieht es hier aus? Welche Impulse, Ziele und Methoden kommen von Seiten der ICT und welche von der Bildungsseite?

Was hält wen ab?

Soviel zum Inhaltlichen. Daneben möchte ich auf einer Metaebene auch noch einen Blick auf den Prozess als solches werfen. Bis jetzt sind 41 Beiträge gepostet worden von 7 verschiedenen Personen. Das ist nicht gerade viel. Woran könnte das liegen?

Ich habe relativ viel Werbung gemacht für diese Diskussion: Ich habe gebloggt, getwittert, meine Skype-Meldung eine Zeit lang entsprechend gesetzt, entsprechende Hinweise vermailt und face-to-face™ geworben. Auch die SFEM hat recht eifrig die Werbetrommel gerührt. Resultat sind sieben diskutierende Personen. Für mich Ausdruck der heute herrschenden Informationsflut (Biblionetz:w00430) und der daraus resultierenden Aufmerksamkeitsökonomie (Biblionetz:w00502). Es bestätigt die bekannte Tatsache, dass heute niemand mehr auf eine Diskussionsmöglichkeit im Internet wartet, im Gegenteil. Es hat zu viele davon.

Etwas hätte man aber besser machen können. Die Diskussion findet - obwohl alle eingeladen sind - hinter verschlossenen Türen statt. Bereits um die bisherige Debatte lesen zu können, muss man sich mit E-Mail-Adresse registrieren, die Bestätigungsmail abwarten und bestätigen und danach noch ein zweites Passwort eintippen. Diese Hürden sind unnötig und halten meiner Ansicht nach gewisse Leute ab, sich die Diskussion mindestens einmal anzuschauen!

Dank meines Weblogs habe ich Zahlen, welche meine Aussage stützen: In der vergangenen Woche wurde mein Posting Technologie und Bildung: Wer treibt wen? 640 mal abgerufen. Dank feejit.com weiss ich, dass anschliessend oft auf einen Link zur Diskussion geklickt wurde. Dies bedeutet, dass jemand das Interesse hatte, in die Diskussion hineinzuschauen. In der vergangenen Woche haben sich aber maximal fünf Personen aufgrund meines Blogpostings bei der Diskussionsplattform registriert. Dies ergibt eine Konversionsrate von weniger als einem Prozent!

Liebe Veranstalter von öffentlichen Diskussionen: Baut keine unnötigen technisch-organisatorischen Hürden ein!


Update: Unterdessen wurde ich von mehreren LeserInnen zu Recht darauf aufmerksam gemacht, dass ich ja selbst nicht einhalte, was ich hier verlange: Auch mein Weblog würde ja zum kommentieren eine Registration verlangen. Ja, das stimmt natürlich. Aber mindestens lesen kann man mein Weblog ohne Registration wink

-- Main.BeatDoebeli - 05 Feb 2010

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Third Space

02 February 2010 | Beat Döbeli Honegger | Schul-ICT, Veranstaltung
Am 27./28.01.2010 hat das eduhub days genannte zweite Jahres-Treffen der Schweizer eLearning-Community stattgefunden. An dieser Veranstaltung hat wieder einmal alles gestimmt: Inhalt, Methode und Umgebung.

Zuerst zur Umgebung: Aufgrund einer unglücklichen Renovationsverzögerung im ursprünglich geplanten Konferenzhotel mussten die eduhub days in Hotel Montreux Palace umziehen: Tagen im Fünf-Stern-Hotel mit hohen Stuckatur-Säälen, Marmorsäulen und edler Bedienung gereicht einer Tagung nicht zum Nachteil wink

Zur Methode: Endlich wurde wieder einmal die wichtige eLearning-Aussage "Wir müssen die rare Präsenzzeit sinnvoll nutzen" ernst genommen und den Diskussionen der nötige Platz eingeräumt: Es gab nur zwei Keynote-Präsentationen zu Beginn und zum Schluss der Tagung, dazwischen Diskussionstische, moderierte Case Studies und ausgedehnte Kaffee-Pausen. So muss es doch sein! Vorträge hören und Paper lesen kann ich auch alleine, diskutieren jedoch nicht.

Zum Inhalt: Die Tagung hatte vermutlich für alle etwas zu bieten. Dies lag zum einen daran, dass mehrere Diskussionstische parallel geführt wurden, so dass man sicher etwas Interessantes fand und das bereits Bekannte beiseite lassen konnte und andererseits daran, dass die beiden Keynotes sehr unterschiedliche Aspekte von eLearning aufnahm. Während sich die erste Keynote mit institutionellen, strategischen und Change Management-Aspekten befasste, brachte die Schluss-Keynote einen Ausblick auf Bücher, Tische und Lampen - oder wie diese in einer high-tech-Welt sinnvoll gestaltet sein sollten, um das Lernen zu fördern.

Programm, Fotogalerie und Videoaufnahmen sind online verfügbar.

Eröffnet wurden die eduhub days 2010 von Celia Whitchurch mit einem Vortrag zum Thema Professional Identities in Higher Education (Folien, Video). Sie beschrieb die traditionelle Aufteilung der Mitarbeitenden an Hochschulen in academic staff auf der einen und specialist professionals auf der einen Seite. Während früher die Rollenverteilung und das Selbstverständnis dieser beiden Gruppen ganz klar gewesen sei, sei in letzter Zeit ein Third Space (Biblionetz:w02179) zwischen diesen Gruppen entstanden, der immer mehr Mitarbeitende umfasse. Angepasst an das Publikum zeigte sie dies anhand von eLearning-!SpezialistInnen:

third-space-01.jpg

In der Folge ging die Referentin darauf ein, wie sich das Selbstverständnis der Third-Space-Mitarbeitenden entwickle ("contestation phase, reconsiliation phase, reconstruction phase") (wobei ich noch eine vierte Phase des Nichtbewusstseins voranstellen würde...) und wie Hochschulen derzeit institutionell diesem third space und dem ihm innewohnenden Potenzial nicht bewusst seien und deshalb auch keine Strategien zu seiner Stützung hätten. (Dies zumindest mal meine Zusammenfassung aufgrund der Live-Präsentation, ich bin noch nicht dazu gekommen, das Referat ein zweites Mal anzuhören).

Faszinierend war, wie sich ein Grossteil des Publikums durch die Idee eines Third Space angesprochen fühlte. Der Begriff wurde prägend für die restliche Tagung, sowohl in gewissen Diskussionstischen als auch in den informellen Gesprächen. Ich war anschliessend in einer sehr interessanten Diskussionsrunde zum Selbstverständnis von Mitgliedern des Third Space und den Motivationen, in diesen Bereich zu wechseln.

Ob der Begriff die Tagung in der Communnity die Tagung überlebt und ob alle ähnliches darunter verstehen, wird sich noch weisen müssen; doch Franziska Zellweger Moser (Biblionetz:p04128) und Gudrun Bachmann (Biblionetz:p01476) ist es gelungen, den Nerv zu treffen und eine notwendige Diskussion zu lancieren: Herzlichen Dank!

Der EPFL-Professor Fréderic Kaplan nahm sich die typischen Gegenstände einer Universitätsbibliothek (Bücher, Tische und Lampen) zum Anlass, um innovative EPFL-Projekte im Bereich des technology enhanced learning vorzustellen. Gewisse Projekte kannte ich schon (ComputerloseComputerInterfaces), neu war mir das Projekt Lantern

third-space-02.jpg

Diese Lampen werden bei Gruppenarbeiten verwendet, bei der die Gruppen verschiedene Aufgaben lösen müssen. Die Farbe zeigt dabei an, an welcher Aufgabe die Gruppe grad ist, die Leuchtintensität, wie lange sie schon daran arbeiten. Beim Wechsel der Aufgabe teilt die Gruppe dies der Lampe (durch Knopfdruck?) mit und die Lampe wechselt die Farbe. Somit ist mit einem Blick ins Klassenzimmer ersichtlich, bei welcher Aufgabe welche Gruppe gerade ist.

Hat die Gruppe eine Frage, drückt sie einen anderen Knopf der Lampe (?) und die Lampe beginnt zu blinken, zuerst langsam, dann immer schneller. Somit ist sofort ersichtlich, welche Gruppe eine Frage hat und wie lange welche Gruppe schon auf Hilfe wartet. Aufstrecken ist nicht mehr notwendig.

Wie zu erwarten, hilft das Blinken der Lehrperson. Sie sieht rasch, welcher Gruppe sie als nächstes helfen sollte. Praktische Erfahrungen zeigen aber, dass auch die Gruppen untereinander einander zu helfen beginnen, da sie ja sehen, dass eine andere Gruppe bei der gleichen Aufgabe auch eine Frage hat.
third-space-03.jpg

Was mir an dieser Laterne so gefällt: Kein-Bluetooth-Netzwerk-System mit lehrerzentriertem, teurem Kontrollserver, sondern verteilte, vermutlich 10$ teuren smart high-tech gadgets, die wenig Einarbeitung und vermutlich keinen Support benötigen. So müssen learning tools doch sein. Kein Vergleich zu den derzeit propagierten classroom response systems (Biblionetz:w02112). ,

Kontakt

  • Beat Döbeli Honegger
  • Plattenstrasse 80
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  • E-mail: beat@doebe.li
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