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Es bewegt sich etwas

18 November 2016 - Version 3

Im letzten Blogposting habe ich behauptet Es bewegt sich nichts. Das ist eben nur die halbe Wahrheit wink

Es bewegt sich etwas.

Die Anzeichen sind zahlreich: Die täglichen Medienberichte zu Industrie 4.0, digitaler Transformation und was der Buzzwords noch mehr sind, die deutsche Wissenschaftsministerin Wanka, die für Deutschland 5 Milliarden Euro Infrastrukturhilfe für digitale Medien in den Schulen vorschlägt, die Tatsache, dass der Modullehrplan Medien und Informatik (Biblionetz:t17600) im Lehrplan 21 (Biblionetz:w02172) eine gewisse Verbindlichkeit für digitale Themen in Deutschschweizer Schulen bringt und mindestens bereits emsige Vorbereitungsarbeiten in zahlreichen Kantonen und Pädagogischen Hochschulen ausgelöst hat (Ja: Das garantiert noch nicht, dass das Digitale auch in der Schule wirklich ankommt. Aber es beschäftigen sich unterdessen Kreise mit dem Thema, die das vor wenigen Jahren noch für unmöglich gehalten hätten).

Ein Bild dafür, dass ein Tipping Point (Biblionetz:b00928) digitaler Medien in der Schule erreicht sein könnte, ist für mich das Interview mit Claudia Bogedan, der aktuellen Präsidentin der deutschen Kultusministerienkonferenz (KMK) im Spiegel 46/2016 (Biblionetz:t19260).

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Wenn sich die Präsidentin der KMK öffentlich für die Nutzung von Smartphones in der Schule ausspricht, dann hat sich etwas geändert. Dann ist das öffentliche Bewusstsein für die Bedeutung des Digitalen für die Gesellschaft und die Bildung gewachsen. Klar, im Detail kann man (weiterhin) über vieles streiten. Aber die Grundstimmung hat gewechselt.

An der Projektschule Goldau haben wir von 2009 bis 2011 das iPhone-Projekt durchgeführt um genau zu zeigen, dass Handyverbote in der Schule vielleicht nicht der richtige Weg in die Informationsgesellschaft sind. Es freut mich nun zu sehen, dass diese Überzeugung unterdessen prominente Unterstützung erhalten hat.

Das Interview mit Bogedan ist lesenswert (meines Wissens bisher nicht vollständig online verfügbar). Es enthält einige deutliche Aussagen, die sich gut in Referaten oder als Grundlage von Diskussionen in der Aus- und Weiterbildung verwenden lassen. Ich habe jedenfalls meinen Foliensatz schon mal auf Vorrat erweitert:

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Ich glaube ernsthaft daran, dass wir nun 30 Jahre nach der Aussage von Heinz Moser im Buch Der Computer steht vor der Schultür (Biblionetz:b01568) so weit sind, dass wir uns nicht mehr mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob das Digitale in die Schule kommt, sondern mit der Frage, wie dies geschehen soll.

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Dass die Frage nach dem Wie? gross und schwer ist (und es dabei nicht vordringlich um Ausstattungs- und Appfragen geht), hat Lisa Rosa in einem längeren und gewichtigen Blogposting Welche "digitale Bildungsrevolution" wollen wir? (Biblionetz:t19215) dargelegt. Auch bei mir hat sich dieses Jahr ein Unwohlsein als Wanderprediger für das Digitale aufgebaut, der das Immergleiche predigt ("Aufgrund des Leitmedienwechsels muss sich die Schule mit dem Digitalen beschäftigen"). In vielen Diskussionen und mehreren Vorträgen bin ich nun auf der Suche, welche wesentlichen Fragen sich wie stellen und beantworten lassen:

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Es bewegt sich etwas.

Auch bei mir.


Fast ein Déjà-vu, habe vor kurzem einen Blogpost mit ähnlichem Titel geschrieben: http://pistadler.ch/estutsichwas/

-- PiStadler - 18 Nov 2016

Stimmt, habe ich auch gelesen. War mir heute jedoch beim Schreiben dieses Posts nicht mehr bewusst, dass dein Posting so nahe an meinem liegt wink

-- BeatDoebeli - 18 Nov 2016

 
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Es bewegt sich nichts

18 November 2016 - Version 1

Anfang dieses Jahr bin ich eingeladen worden, den Eröffnugnsvortrag an der 18. Durchführung der Tagung Unterrichten mit neuen Medien zu halten.

18. Durchführung ??

Neue Medien ??

Ich behaupte jetzt mal, dass es nicht meine Probleme mit dem Älter werden gewesen sind, die mich ausrufen liessen: Aber hallo? Seit 18 Jahren führt ihr jetzt bereits eine Tagung durch, die sich mit neuen Medien beschäftigt! Diese Tagung versucht also seit 18 Jahren, dem Publikum diese neuen Medien näher zu bringen, auf dass sie dann nicht mehr als so neu wahrgenommen werden. Seit achtzehn Jahren. Und offensichtlich scheint es ihr nicht zu gelingen, warum sonst würde die Tagung auch dieses Jahr wieder durchgeführt werden und noch immer Unterrichten mit NEUEN Medien heissen?

Sorry, aber wenn es in 18 Jahren nicht gelungen ist, den Neuigkeitscharakter dieser neuen Medien zu beseitigen, dann hat diese Tagung offensichtlich versagt. Das habe ich dem Veranstalter auch so zurückgemeldet und angekündigt, dass ich die Abschaffung der Tagung fordern würde, sollte er tatsächlich an mir als Eröffnungsreferent festhalten wollen. Das wollte er (allerdings hat er dann einen Redaktor der NEUEN Zürcher Zeitung (226 Jahre alt) vor mich gepackt wink ).

So kam es, dass ich Ende Oktober 2016 an der Pädagogischen Hochschule Zürich unter dem Titel http://phzh.ch/unmöglich referiert habe.

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Ich habe die Unterlagen der ersten UNM-Tagungen mitgebracht (ja, ich bin bereits älter!) und mit dem Programm der diesjährigen Tagung verglichen.

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Und das Erschreckende. Am Inhalt und am Format hat sich nicht viel geändert. Auch im Jahr 2000 liess man Experten wichtige Fragen in Plenumsreferaten monologisch vortragen.

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Auch die Workshop-Beschreibungen vor 18 Jahren klingen ähnlich wie heute (wenn man "CD-ROM" durch "Apps" ersetzt: Der Computer wird nicht die Lehrkraft ersetzen (Biblionetz:a00283), Lebenslanges Lernen (Biblionetz:w00466)etc.:

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Die ewig gleichen Fragen, die heute die Kommentar- und Leserbriefspalten füllen, wurden vor 18 Jahren bereits diskutiert:

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(Kein Wunder erfindet man angesichts von bald 20 Jahren solcher Programme einen Blahfasel-Generator...)

Über OER (Biblionetz:w02058) hat man bereits im letzten Jahrtausend debattiert, ohne es dabei als OER zu bezeichnen:

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Programmieren in der Schule? (Biblionetz:f00114) Ein alter Hut:

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Selbst der aktuelle Hype-Begriff Serious Games: Gab's auch damals schon:

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Ich hoffe Sie verstehen jetzt, dass ich diesen Optimismus «analog – digital – ideal – sozial» nicht mehr ertragen habe. Seit 18 Jahren das gleiche Theater! Für mich klingt das eher nach friede - freude - eierkuchen

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Darum war für mich klar: Die Tagung muss abgeschafft werden.

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Und wenn man es nicht schafft, die Tagung abzuschaffen: Dann bitte wenigstens den Begriff!

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Da ja die Gefahr besteht, dass die Tagung weiterhin durchgeführt werden wird: Wir sollten keine solchen Tagungen mehr besuchen. Wir besuchen schliesslich auch keine Wandtafel-Tagungen. Sowas gehört in die Fachdidaktiken. (Im Vortrag habe ich dann den Begriff digital mainstreaming (Biblionetz:w02898) eingebracht.)

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Als Konsequenz sollte man darum auch aufhören, Nutzungszeiten zu messen und daraus Schlüsse zu ziehen

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Mein Appell hat aber erwartungsgemäss wenig gebracht. In den letzten sechs Wochen sind sowohl in der Schweiz als auch in Deutschland wieder die üblichen jährlichen Studien zur schulischen und ausserschulischen ICT-Nutzung erschienen:

In die gleiche Kategorie gehört die Unsitte, lange über das richtige Verhältnis von digitalen Geräten und Lernenden zu debattieren. Machen wir das bei Bleistiften oder Schulbüchern? Solange nicht jedes Kind jederzeit und ohne Aufwand der Lehrperson Zugang zu einem digitalen Gerät hat, wird das nichts mit digital mainstreaming. Man stelle sich einfach mal die Bleistift-Ecke und den Schulbuchraum vor…

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Meine vorletzte Forderung im Referat betraf die Weiterbildungsmassnahmen in der Schweiz im Rahmen der Einführung des Lehrplans 21 (Biblionetz:w02172). Wenn wir seit 18 Jahren propagieren, dass digitale Medien in die Schule gehören, dann sollten wir nun auch Ernst machen: Wer sich jetzt als Lehrpersone weigert, sich auf digitale Medien in der Schule einzulassen, der oder die sollte vom digitalen Besenwagen eingesammelt werden. Zehn Jahr nach Einführung der neuen deutschen Rechtschreibung würde man schliesslich auch nicht akzeptieren, dass eine Lehrperson über deren Sinn- und Unsinn diskutiert und weiterhin die alte Rechtschreibung lehrt…

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Und weil ich ja wusste, dass alle diese Appelle wenig bringen würden, habe ich mit der Forderung abgeschlossen, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Tagung sollten sich selbst nicht als Referierende an solchen ICT-Tagungen zur Verfügung stellen…

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Ja, diese Forderung betrifft auch mich! Also liebe VeranstalterInnen von ICT-Tagungen: Bitte ladet mich schon gar nicht mehr ein! wink

P.S.: Zu diesem Beitrag gehört auch das Posting Es bewegt sich etwas


 
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Tschüss WhatsApp

04 October 2016 - Version 6

Vor kurzem hat mich Facebook (Biblionetz:w02039) wieder einmal fürsorglich nach meiner Mobiltelefonnummer gefragt:

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"Nur du kannst deine Nummer sehen."

Liebes Facebook, du weisst selbst, dass das nicht stimmt, denn DU kannst meine Nummer auch sehen. Und das ist vermutlich der Hauptgrund, warum die regelmässig nach meiner Nummer fragst. Mobiltelefonnummern sind wertvolle Identifikationsmerkmale von Personen, da sie einerseits meist persönlich und andererseits relativ dauerhaft sind.

Als du WhatsApp gekauft hast, war das Versprechen, dass zwischen euch keine Daten ausgetauscht würden. Zwei Jahre später sieht das anders aus. Und mit dem lustigen Schalter in WhatsApp hätte ich nicht verhindern können, dass ihr die Daten austauscht, sondern nur… ach ich weiss es nicht mehr.

Denn ich habe beschlossen, meinen WhatsApp-Account zu löschen. Es gibt zahlreiche Alternativen, die nicht davon leben meine Daten auszuwerten oder zu verkaufen:

  • Ich nutze seit längerem auf dem Smartphone die Schweizer App Threema, die mir End-zu-End-Verschlüsselung ohne zentrale Speicherung meiner Kommunikation bietet.
  • Seit kurzem nutze ich auch die App Signal, da es dazu nun auch eine Desktop-App gibt, so dass ich auch unter Windows damit kommunizieren kann.

Mit meinem Entscheid, WhatsApp zu löschen, handle ich mir kurzfristig Probleme ein, da ich gewisse Kommunikationspartner nicht mehr per Instant Messaging erreiche. Trotzdem ist es mir wichtig zu zeigen, dass es Bereiche des digitalen Lebens gibt, wo durchaus Alternativen zu den üblichen Monopolisten existieren, die Datensparsamkeit (Biblionetz:w01211) und privacy by design (Biblionetz:w02435) hochhalten.

(Das beantwortet auch die Frage, was die Newsmeldung, dass Yahoo seit einem Jahr alle Mails in Echtzeit durchsucht und die Ergebnisse dem amerikanischen Geheimdienst weitergeleitet hat, mit meiner Kündigung zu tun hat: Datensparsamkeit. Wenn Daten schon gar nicht zentral gespeichert werden (ein Beispiel für privacy by desgin…), dann kann auch niemand diese Daten (miss)brauchen.)

Weiterführende Hinweise bei netzpolitik.org:

Weiterführende Hinweise bei heise.de:

Update 5.10.2016: Replik auf Philippe Wampfler

In seinem Blogpost Warum ich WhatsApp nicht lösche nimmt Philippe Wampfler (Biblionetz:p12709) Bezug auf meinen Entscheid, WhatsApp zu löschen. Er nennt mehrere Gründe, warum er WhatsApp weiterhin verwenden wird:
  1. Ich will meinem Gegenüber nicht den Kommunikationskanal diktieren
    "Ich möchte den Jugendlichen und den Studierenden, die ich pädagogisch begleite, zuhören können. Das bedeutet, dass meine Kommunikationsschwellen so tief wie möglich sind: Ich will erreichbar sein, um an pädagogischen Gesprächen teilnehmen zu können. Das bedeutet für mich, dass ich nicht anderen die Kanäle diktiere, sondern ihre Kanalwahl respektiere."
    Das sehe ich in der Tat anders. Ich kann - schon aus Ressourcengründen - gar nicht anders, als meinen potenziellen Kommunikationspartnern gewisse Rahmenbedingungen der gemeinsamen Kommunikation zu diktieren (wenn nicht den Kanal, dann doch z.B. die Reaktionszeit). Ich sehe es zudem in meiner aktuellen beruflichen Tätigkeit nicht als notwendig an, auf allen denkbaren Kanälen erreichbar zu sein (bei einer anderen Tätigkeit könnte das anders sein). Umgekehrt habe ich auch eine Vorbildwirkung: Ich zeige im Guten wie im Schlechten, wie und warum digitale Medien genutzt oder nicht genutzt werden sollen.
  2. Dieser Entscheid ist nur Privilegierten möglich
    "Gleichwohl ist aber eine solche Entscheidung nur Privilegierten möglich, die davon ausgehen können, den sozialen Preis zahlen zu können."
    Ich bin mir bewusst, diesbezüglich privilegiert zu sein. Nur: Solange ich nicht das gleiche Verhalten von anderen fordere (was ich in meinem Posting mit keine Wort tue), sehe ich nicht ein, warum das Privilegiertsein hier störend sein könnte. Ja, man könnte mir vorwerfen, dass ich mich moralisch auf eine höhere Ebene stellen würde (ich wäre mir aber nicht bewusst, das zu tun). Aber auch hier wieder: Gerade weil ich privilegiert bin, sollte ich vielleicht diese Möglichkeiten auch nutzen.
  3. Datenschutz ist ein Scheindiskurs
    "Ich halte Datenschutz für einen Symboldiskurs. Wir haben die Kontrolle über unsere Daten verloren."
    Ich teile diese Post-Privacy-Ansicht (Biblionetz:w02424) in ihrer Pauschalität nicht. Wie wir künftig kommunizieren werden, hängt auch von unserem Verhalten ab. Gerade gewinnorientierte Unternehmen schauen sehr genau hin, was Nutzerinnen und Nutzer tun. Wenden sich allzu viele User von allzu datenkrakigen (und im Falle von Facebook auch noch heuchlerisch lügenden ("Wir sorgen uns um deine Sicherheit") Plattformen ab, so werden sich die Unternehmen schon bemühen, ihre Geschäftspraktiken zu ändern.
  4. Mit meiner Aktion kann ich das Problem sowieso nicht lösen
    "Wenn nun einfache Entscheidungen wie der Verzicht auf WhatsApp herangezogen werden, um scheinbar klare Linien zu ziehen zwischen gutem und schlechtem Verhalten, zwischen Datensparsamkeit und Datensammeln, zwischen Kontrolle und Kontrollverlust, dann hat das symbolischen Wert: Die Telefonnummern werden immer noch an vielen Orten gespeichert, sie gelangen über andere Wege zu Facebook und den Unternehmen, die daran interessiert sind."
    Ich bin mir der Symbolhaftigkeit sehr wohl bewusst. Auch das ist jedoch für mich kein Grund, es nicht zu tun. Bei vielen grossen Problemen der Welt kann ich sie weder alleine lösen noch selbst meinen Anteil vollständig leisten.
  5. Solche Probleme sollte man ausschliesslich politisch lösen
    "Meiner Meinung nach gibt es nur politische Mittel im Kampf um einen ethischen Umgang mit Daten. Die Verantwortung an Individuen abzugeben, führt zu Schuldgefühlen und Überforderung – nicht zu Lösungen."
    Es ist nicht ein Entweder-Oder. Es braucht ein Sowohl-als-auch. Politische Mittel und kleine Schritte einzelner Privilegierter.

Während dem Schreiben dieser Antworten drängt sich mir der (vermutlich nicht ins ins letzte Detail passende) Vergleich mit dem Klimawandel auf:
  • Ich kann das Problem nicht alleine Lösen
  • Viele persönliche Massnahmen (Nachtzug statt Flieger, Home-Office statt Büro, saisonales Biogemüse aus der Region, Leicht-Elektromobil statt Auto) kann ich nur treffen, weil ich privilegiert bin
  • Nicht mal ich (als Privilegierter) werde ohne Preisgabe grosser Bequemlichkeit die Ziele 2000-Watt-Gesellschaft hinkriegen
  • Nicht alle Massnahmen ziehe ich konsequent durch (morgen fliege ich innerhalb von Europa)

Nur: Sind das Gründe, gänzlich auf Massnahmen zu verzichten, die den Klimawandel ein kleines bisschen verlangsamen könnten? (Warum ist das Angebot von Bio-Gemüse in letzter Zeit so gestiegen: Weil Privilegierte angefangen haben, es zu verlangen. (dass das ungerecht ist, ist wiederum ein anderes Problem). Aber es waren nicht zuerst die politischen Massnahmen, sondern die Aktionen Einzelner, die etwas bewirkt haben).

Kommentare

Auch PHW sammelt und verwaltet Daten im Umkreis seiner Schulen, die gemeinhin als sensibel und schützenswert angesehen werden. Ich gehe davon aus, dass auch er dieses Daten als schützenswert betrachtet.

-- BeatRueedi - 07 Oct 2016


 
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Jetzt auch noch in der Schule?

24 September 2016 - Version 1

Am 09.09.2016 ist mein Forumsbeitrag in der Zeitung Bote der Urschweiz erschienen (Biblionetz:t19000):

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Die sitzen doch zu Hause schon genug vor dem Bildschirm!», werden einige denken, wenn sie von der Einführung des Fachs «Medien und Informatik» in der Volksschule oder der Ausstattung aller Schülerinnen und Schüler des Bezirks Schwyz mit persönlichen Tablets hören. Damit liegen sie gar nicht so falsch. Tatsächlich verbringen Kinder und Jugendliche ausserhalb der Schule viel Zeit mit digitalen Medien – das belegen zahlreiche Studien und die Erfahrung vieler Eltern. Dies spricht jedoch nicht dagegen, dass digitale Medien auch ihren Platz in der Schule erhalten – im Gegenteil. Die Allgegenwärtigkeit digitaler Medien sowohl im Berufs- als auch im Privatleben zeigt, wie wichtig dieser Themenbereich geworden ist.

Autofahren lässt sich als isolierte Fertigkeit innert kurzer Zeit gut ausserhalb der Schule erlernen. Die Bedienung eines Autos hat sich in den letzten 50 Jahren nicht gross verändert, und mit Autos kann man primär eines: fahren. Digitale Medien, also Computer, Tablets, Smartphones etc. sind dagegen Universalwerkzeuge, deren Möglichkeiten laufend zunehmen. Im Gegensatz zum Auto genügt es nicht zu wissen, auf welches Pedal man drücken muss. Kinder und Jugendliche benötigen ein vertieftes Verständnis der digitalen Welt, um sich mündig in ihr bewegen zu können.

Hier kann nur die Schule die Chancengerechtigkeit gewährleisten. Wo, wenn nicht in der Schule, sollen Kinder und Jugendliche lernen, mit digitalen Medien vernünftig umzugehen? Nur in der Schule werden alle Schülerinnen und Schüler erreicht, unabhängig von den Möglichkeiten der Eltern, die erforderliche Medienbildung zu übernehmen. So hat sich die Stimmung an Elternabenden in den letzten Jahren stark gewandelt. Die meisten Eltern begrüssen es heute sehr, wenn sie bei der anspruchsvollen Aufgabe unterstützt werden, einen mündigen und kritischen Umgang mit Medien zu vermitteln. Die Schule kann auch ein differenzierteres Bild von digitalen Medien vermitteln. Während diese im privaten Umfeld vorwiegend als Unterhaltungsgeräte wahrgenommen werden, kann die Schule dazu beitragen, die Geräte auch als Werkzeug zum Lernen und Arbeiten zu sehen und zu verwenden. Die langjährigen Erfahrungen an der Projektschule Goldau zeigen, dass dies kein praxisferner Wunschtraum, sondern eine durchaus realistische Folge des gezielten Computereinsatzes an der Schule sein kann.

Die sitzen doch zu Hause schon genug vor dem Bildschirm!», ist auch verbunden mit dem Vorurteil, dass Schülerinnen und Schüler dauernd vor digitalen Geräten sitzen würden, sobald diese in der Schule verfügbar sind. Auch da sprechen die Erfahrungen der Projektschule Goldau eine andere Sprache. Etwa 10 bis 15 Prozent der Unterrichtszeit arbeiten die Schülerinnen und Schüler mit den jederzeit verfügbaren, persönlichen Digitalgeräten. Weder der Sportunterricht, die Schulreisen noch die allgemeine Bewegung haben deswegen in der Projektschule Goldau abgenommen. Eigentlich nicht verwunderlich: Niemand würde erwarten, dass die Wandtafel dauernd genutzt wird, nur weil sie im Schulzimmer hängt. Genutzt wird sie, wenn es didaktisch sinnvoll ist. Bei den digitalen Geräten müssen wir uns eine ähnliche Gelassenheit erst angewöhnen. Auch der erste Zwischenbericht einer mehrjährigen Tabletstudie der Pädagogischen Hochschule Schwyz kann vielleicht die Gemüter etwas beruhigen. Es hat sich gezeigt, dass Schülerinnen und Schüler, die in der Schule über ein persönliches Tablet verfügen, deswegen zu Hause nicht häufiger Computerspiele spielen.

Die Zeit des «entweder – oder» ist bei digitalen Medien in der Schule definitiv vorbei. Es geht um ein sinnvolles «sowohl – als auch». Die Schule steht vor der dreifachen Herausforderung, mit, über und trotz digitaler Medien zu unterrichten. Ich freue mich darauf, auch die diese Woche eingetretenen Erstsemestrigen an der Pädagogischen Hochschule Schwyz auf diese anspruchsvolle Aufgabe vorzubereiten!

Dr. Beat Döbeli Honegger ist Professor für Informatik- und Mediendidaktik an der Pädagogischen Hochschule Schwyz in Goldau. Im März dieses Jahres ist sein Buch «Mehr als 0 und 1 – Schule in einer digitalisierten Welt» im hep-Verlag erschienen.

red. Im «Bote»-Forum schreiben regelmässig prominente Schwyzer. Sie sind in der Themenwahl frei und schreiben autonom. Der Inhalt des «Bote»-Forums kann, aber muss sich nicht mit der Redaktionshaltung decken.


 
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Ić bin kein Schweizer

03 September 2016 - Version 1

Unter dem Titel Ić bin kein Schweizer (Biblionetz:t19159) berichtet das Magazin des Tages-Anzeigers von Robert Matešić der sich gerne in der Schweiz einbürgern lassen möchte, dem die Behörden jedoch mitteilen, sein Nachname lasse sich nicht wie gewünscht als Matešić schreiben, da die entsprechende Verordnung das Zeichen ć nicht kenne. Der Artikel erklärt gegen Ende, dass eigentlich technische Gründe dafür den Ausschlag geben. Da man bei den Behörden noch nicht mit dem umfassenden Zeichensatz UTF-8 arbeitet, hat man sich früher für einen Teilzeichensatz entscheiden müssen und hat ISO 8859-15, den westeuropäischen Zeichensatz gewählt. Somit lassen sich alle westeuropäischen Namen problemlos im Schweizer Pass abbilden, nicht jedoch die osteuropäischen. Der Artikel schliesst mit der Frage, ob dies dem Artikel 8 der Schweizerischen Bundesverfassung widerspricht: "Niemand darf diskriminiert werden, namentlich nicht wegen der Herkunft, der Rasse, des Geschlechts, des Alters, der Sprache..."

Ich finde diese Geschichte aus der Perspektive der Informatikdidaktik sehr spannend. Sie zeigt deutlich, dass in einer digitalisierten Welt Informatikerinnen und Informatiker die Arbeits- und Lebenswelt vieler Menschen prägen (Biblionetz:a01003) und hier die Digitalisierbarkeit der Welt (Biblionetz:w02914) zumindest in den früheren Zeichensätzen an ihre Grenzen gestossen ist. Die Geschichte zeigt beispielhaft, dass Softwaresysteme sehr wohl normative Aussagen enthalten können ("westeuropäische Sonderzeichen sind wichtiger als osteuropäische Sonderzeichen"), was teilweise ja bestritten wird (siehe z.B. Krude Argumente gegen das Programmieren in der Schule).

Aus meiner Sicht würde sich diese Geschichte wunderbar als Einstieg im Informatikunterricht zum Thema Zeichensätze oder Codierung oder Digitalisierung eignen. Aufgeschlüsselt nach den Perspektiven des Dagstuhl-Dreiecks (Biblionetz:w02886):

  • Technologische Perspektive: (Biblionetz:w02888) Was steckt technologisch hinter diesem Problem? Warum steht im Artikel, dass frühere Computersysteme nur 191 Zeichen in einem Zeichensatz speichern konnten? Wie speichert denn der Computer überhaupt Zeichen? Wie löst das im Artikel erwähnt UTF-8 das Problem? Warum verwenden dann nicht einfach alle Systeme automatisch UTF8? etc.

  • Gesellschaftlich-kulturelle Perspektive: (Biblionetz:w02889) Welche (diskriminierenden) Konsequenzen haben diese Beschränkungen bisherigen Zeichensätze? Wer ist dafür verantwortlich? Hätte dies besser gemacht werden sollen? Wo gibt es ähnliche Probleme? etc.

  • Anwendungsperspektive: (Biblionetz:w02887) Wie sieht die Situation bei den Computern in der eigenen Umgebung aus? Kann mein Notebook, Tablet, Smartphone mit solchen Zeichen umgehen? Wo sind Sonderzeichen erlaubt, wo nicht (URL, Mailadressen, Nicknames, Passwörter etc.)? Wie finde ich Sonderzeichen, die nicht auf meiner Tastatur sind? Wie sieht es mit Textverarbeitungsprogrammen, Präsentationssoftware etc. aus? (Mein Blog und mein Biblionetz beherrschen z.B. bereits UTF8, die jeweiligen RSS-Feeds jedoch noch nicht…)

 
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