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Verkürzte Zitate - Folge 138

01 April 2019 - Version 2

Bereits in der 137. Folge der verkürzten Zitate war Andreas Schleicher (Biblionetz:p04057), OECD-Direktor für Bildung und verantwortlich für die PISA-Studien (Biblionetz:w01358) betroffen. So auch in der 138. Folge.

Teaching children coding is a waste of time, OECD chief says lautet der Titel eines Artikels aus dem Februar 2019 im Telegraph (Biblionetz:t24114) und fährt fort mit den Worten

Teaching children coding is a waste of time, the OECD’s education chief has said, as he predicts the skill will soon be obsolete.

Andreas Schleicher, director of education and skills at the Organisation for Economic Co-operation and Development, said that the skill is merely “a technique of our times” and will become irrelevant in the future.

schleicher.jpg

Gemäss diesem Artikel soll Schleicher also der Meinung sein, Programmieren zu lernen sei eine Zeitverschwenung, weil diese Fertigkeit bald überflüssig sein werde. (Biblionetz:f00114)

Kritisiert Schleicher somit den Informatikunterricht als kurzlebig und damit überflüssig?

Schaut man sich das Blogposting von Andreas Schleicher vom 22.03.2019 Should schools teach coding? (Biblionetz:t24113) an, so klingt das gleich ganz anders:

In today’s technology-rich world, many schools have begun teaching coding, the language we use to instruct today’s computers. It’s a skill that is in high demand, and there are intriguing examples of schools across the world teaching it in ways that are relevant and engaging for students. But the risk is that we will again be teaching students today’s techniques to solve tomorrow’s problems; by the time today’s students graduate, these techniques might already be obsolete. We should instead focus on the computational thinking that underpins these techniques – and that students can use to shape the technologies of tomorrow.

Schleicher spricht davon, dass Programmieren vielleicht überflüssig werden könnte und man deshalb eher auf computational thinking (Biblionetz:w02206) statt auf blosses Programmieren setzen sollte.

Er macht diese Überlegung weiter unten im Text nochmals deutlich, wenn er schreibt:

How can we focus learning on the “essence” of a subject rather than the “mechanics of the moment” – the computational thinking that underpins the concept of algorithms, rather than the specific methods of coding an algorithm itself? Coding can be a great means to achieve this, but there is a serious risk that it becomes the end, and that school systems will continue teaching it years after it is obsolete.

Programmieren ist somit gemäss Schleicher Mittel zum Zweck und darf nicht zum Selbstzweck werden. Programmieren ist jedoch ein wichtiges Mittel, um Konzepte der Informatik zu begreifen. Auch die meisten InformatikdidaktikerInnen würden wohl der Aussage zustimmen, dass Informatik mehr ist als Programmieren! (Biblionetz:a01157)

P.S.: Nein, Andreas Schleicher sagt im Blogposting auch nirgends, dass man Informatik / computational thinking ohne Progrmammieren unterrichten sollte.

P.S.II: Ja, im Jahr 2017 war Schleicher der Informatik gegenüber ingesamt noch kritischer eingestellt (Biblionetz:t19429), aber das nennt man dann wohl lebenslanges Lernen wink

 
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Schweizer Leistungsschutzrecht betrifft auch das Biblionetz

12 March 2019 - Version 1

Am heutigen 12. März 2019 wird im Ständerat der aktuelle Entwurf des zu revidierenden Urheberrechts PDF-Dokument diskutiert.

Der erst kürzlich eingefügte Artikel 13b lautet dabei folgendermassen:

Art. 13b Zugänglichmachen von journalistischen Werken

¹ Wer, als Betreiber eines sozialen Netzwerks, eines Informations- oder Unterhaltungsdienstes oder einer anderen Kommunikationsplattform im Internet, journalistische Sprachwerke oder Fotografien so zugänglich macht, dass Personen von Orten und Zeiten ihrer Wahl dazu Zugang haben, schuldet den Urhebern und den Urheberinnen hierfür eine Vergütung.

In meinem Verständnis betrifft dies auch mein Biblionetz, das ich seit über 20 Jahren auf nichtkommerzieller Basis betreibe. Unter anderem aggregiere ich auch Zeitungsartikel ("journalistische Sprachwerke") und mache sie so zugänglich, "dass Personen von Orten und Zeiten ihrer Wahl dazu Zugang haben".

Dabei geht es nicht um die Zugänglichmachung der Volltexte, den das ist bereits unter dem aktuellen Urheberrecht nicht einfach so erlaubt. Es geht um die Zugänglichmachnung von so genannten "Snippets", also Anrissen der jeweiligen Artikel.

lsr.jpg
Ein Zeitungsartikel im Biblionetz inkl. zitiertem Lead und Ausschnitt (Biblionetz:t24066)

Artikel 13b nimmt im aktuellen Entwurf keine Einschränkung auf kommerzielle Anbieter vor. Somit würde auch das Biblionetz als nicht kommerzielles Angebot darunter fallen, denn man kann das Biblionetz auch als Aggregator von "journalistischen Sprachwerken" bezeichnen.

In der (Twitter-)Diskussion wurde mir auch schon gesagt, dass ich doch bitte gesunden Menschenverstand walten lassen solle, das Gesetz würde ja nicht mich kleinen Fisch, sondern die grossen Internetkonzerne betreffen. Nur, ich mag mich bei der Diskussion von Gesetzesentwürfen nicht auf den gesunden Menschenverstand verlassen sondern halte mich lieber an die genauen schriftlichen Formulierungen. Und da ist eben keine Einschränkung auf die grossen Internetkonzerne vorgesehen. Es mag ja sein, dass auch bei Annahme dieses Artikels nie ein Verlger mit Forderungen auf mich zu kommen würde. Doch alleine die Gefahr solcher Forderungen müsste ja dazu führen, dass ich mir die Weiterführung des Biblionetzes zumindest überlegen müsste.

Dass das Biblionetz vom vorgeschlagenen Leistungsschutzrecht betroffen wäre, ist nur ein kleiner Nebenschauplatz und nicht der Grund warum ich dagegen bin (aber dieses Detail zeigt meiner Meinung nach, dass der Gesetzesentwurf nicht sehr sorgfältig formuliert worden ist).

Meine Hauptargumente gegen das Leistungsschutzrecht (Biblionetz:w02369) sind die folgenden:

  • Ein Leistungsschutzrecht in der vorgeschlagenen Form bringt Zeitungsverlagen kein Geld
    Zeitungsverlage sind stärker auf den Traffic durch die grossen Internetkonzerne angewiesen als diese auf den journalistischen Content. Dies hat sich in Deutschland und Spanien gezeigt. In Spanien ist der Abruf von Nachrichtenseiten um 13% zurückgegangen, nachdem Google aufgrund eines Leistungsschutzrechts Verweise auf ebendiese Seiten eingestellt hat. In Deutschland haben grosse Verlage Google kostenlose Lizenzen erteilt, weil sie verlinkt werden wollten.
  • Ein Leistungsschutzrecht in der vorgeschlagenen Form bedroht kleine Anbieter auf dem Internet
    Während grosse Anbieter solche Lizenzabkommen mit den Internetkonzernen schliessen könnten, würde es eine gewisse Zeit dauern, bis evtl. automatisierte Syteme (wie robots.txt) greifen würden, damit die Rechtsunsicherheit auch bei kleinen Abietern beseitigt wäre.

Die Diskussion um ein Leistungsschutzrecht ist ja nicht neu (ich habe bereits im Jahr 2012 darüber gebloggt. Ich hege je länger, desto stärker den Verdacht, dass auch die Verlegerinnen und Verleger wissen, dass das LSR in dieser Funktion nicht klappen wird (die sind ja nicht dumm…). Die Diskussion um das LSR ist aber eine gute Möglichkeit, um auf ihre Sorgen und ihr schwindendes Geschäftsmodell hinzuweisen. (Die Tatsache, dass ich diese Sorgen teile und eine funktionierende Presse für demokratierelevant halte, führt trotzdem nicht dazu, dass ich das LSR befürworte, denn es erreicht das erhoffte Ziel nicht). Ich würde mich nicht wundern, wenn das LSR in der Schweiz abgelehnt würde und der Schweizer Verlegerverband kurz danach staatliche Unterstützung erbitten würde mit der Formulierung "Nun, da das LSR ja abgelehnt worden ist..."

 
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Meta-Meta-Studien sind auch nicht mehr, was sie einmal waren

13 January 2019 - Version 4

Ich handle mir damit vermutlich wieder einmal den Vorwurf ein, auf Details herumzureiten statt mich den wesentlichen Fragen zu stellen. Aber eine Meta-Meta-Studie, die Meta-Studien auswerten kann, die Studien ausgewertet haben zu Geräten, die erst drei (Smartphone) bzw. fünf (Tablet) Jahre nach den Studien auf den Markt kamen, lassen mich doch an der Datengrundlage und damit an der Qualität der Meta-Meta-Studie zweifeln:

meta-meta-smartphone.jpg

Dies ist mit Absicht eine sehr plakative Kritik an den Resultaten der Hattie-Studie. Es geht mir darum, innert 30 Sekunden ohne statistische Details erklären zu können, dass Aussagen aus Visible Learning (Biblionetz:b04477) nicht unhinterfragt übernommen werden sollten. Eine ausführlichere inhaltliche und methodische Kritik bieten Rolf Schulmeister und Jörn Loviscach in Fehler in John Hatties «sichtbarem Lernen» (Biblionetz:t17260)


Na ja, wer glaubt, dass iPhones die ersten Smartphones waren, der hat nicht wirklich einen Überblick über technische Entwicklungen …

-- TimoMeister - 14 Jan 2019

Auch mir ist klar, dass das iPhone nicht das erste Smartphone auf dem Markt war. Aber vor dem iPhone war praktisch kein Smartphone-Markt und schon gar kein nennenswerter Einsatz in Schulen. Das gleiche gilt für das iPad.

Ich nehme gerne sachdienliche Hinweise zu schulischen Smartphone-Projekten vor 2008 entgegen. (Meine Literaturliste zu Mobiltelefon in der Schule befindet sich unter Biblionetz:w01971)

-- BeatDoebeli - 14 Jan 2019

 
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Weihnachtslektüre 2018

26 December 2018 - Version 2

weihnachtslektuere2018.jpg

Woher krieg ich die vier Wochen Weihnachtsferien, um all das zu lesen?

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und "Paul Watzlawick 4.0" ist noch nicht einmal dabei. Dirk Baecker hat dort auch einen Beitrag drin. (Ok. Tina Piazzi … auch ;-)))

-- WikiGuest - 11 Jan 2019

 
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Anwärter auf Anti-Digital-Argumente-Bingo-Preis 2019 bereits Anfangs Januar!

09 January 2019 - Version 3

EILMELDUNG: Bereits Anfang Januar schafft es Mario Andreotti in einem Gastkommentar in der Aargauer Zeitung (Biblionetz:t23885), eine beachtliche Anzahl Anti-Digital-Argumente in einem einzigen Zeitungsartikel zusammenzuwürfeln! Dass er dabei Schule und Elternhaus vermischt, ungenannte Studien pauschalisiert und auch die Geschichte als Beweis heranzieht, ist im Rahmen der Teilnahmebedingungen zum Anti-Digital-Argumente-Bingo-Preis 2019 erlaubt. Andreotti setzt damit die Hürde bereits Anfang Jahr hoch: Wird es jemand schaffen, seine Leistung zu überbieten?

andreotti.jpg

Nachfolgend der Gastkommentar und die darin eingeflochtenen Argumente:

Originalartikel Argumente
Die Geschichte der abendländischen Bildung beweist es: Kinder lernen heute nicht anders als vor 100 oder auch 200 Jahren. Lernen bleibt Lernen
Sie haben im Grunde keine anderen Bedürfnisse, wenn man ihnen in Elternhaus und Schule genügend Entfaltungsmöglichkeiten für ihr Lernen und für das Spiel mit anderen bietet. Suggeriert wird mit diesem Satz:
Was hingegen schnell und nachhaltig gelingt, ist die Möglichkeit, Kinder auf Bildschirmmedien und auf passiven Konsum zu lenken. Passivitäts-Argument
Dabei sind fast immer kommerzielle Interessen im Spiel. Anders gesagt, heisst das: Nicht der Mensch mit seinen Anlagen und Bedürfnissen hat sich gewandelt, sondern vielmehr der Markt, der mit der Vielfalt seiner Angebote, schon bei Kleinkindern, durch die Werbung Bedürfnisse erst weckt. Wirtschaftsinteressen-Argument
Und die Eltern? Sie unterstützen das Ganze, wenn sie ihre Kinder, vielfach aus Unwissenheit, Nachgiebigkeit oder Bequemlichkeit, vor Bildschirmen und Displays «parken». Geht es jetzt um digitale Medien in der Schule oder zuhause?
Statt Kindergärten und Primarschulen mit Smartphones und Tablets hochzurüsten, sollten wir Kindern wieder Zeit und Raum für ihre altersgerechte Entwicklung mit altersgemässen Lehrmitteln einräumen. Kindergärten und Primarschulen, vor allem in der Unterstufe, brauchen Spielzeugkästen, Pinsel und Farben, Bleistifte und Papier, Rhythmus- und Klanginstrumente, Spielzimmer und grosse Pausenhöfe, Zeit zum Zuhören und Erzählen, zum Singen, Malen und Spielen – keine Smartphones und Tablets. Falsches Dilemma: Das böse Digitale oder das gute Analoge und Kinder brauchen reale und nicht virtuelle Erfahrungen
Die erste These von Gerald Lembke und Ingo Leipner in ihrem Buch «Die Lüge der digitalen Bildung» lautet denn auch zu Recht: «Eine Kindheit ohne Computer ist der beste Start ins digitale Zeitalter.»  
Tablet-Computer haben in Kindergarten und Primarschule in der Tat nichts zu suchen, stellten doch Kinderärzte bereits fest, dass die intensive Nutzung digitaler Medien bei Kindern zu Sprachstörungen führt. Sie verhindert oder verlangsamt zumindest die Sprachentwicklung und das Sozialverhalten. Sprachkompetenz-Argument
Es ist eine pädagogische Binsenwahrheit: Mit Kindern muss man sprechen, damit sie selber sprechen und so ihren Wortschatz und ihr Sprachgefühl entwickeln. «Sprich mit mir» ist eine grundlegende Forderung von Kindern an ihre Eltern, denn das Ich-Bewusstsein entwickelt sich nur in Kommunikation mit dem Du, wie schon der jüdische Dialogphilosoph Martin Buber gelehrt hat. Falsches Dilemma: Das böse Digitale oder das gute Analoge
Wenn Eltern das persönliche Gespräch mit dem Kind vernachlässigen, weil sich die digitale Kommunikation mit dem Smartphone in den Vordergrund drängt, der ständige Blick auf das Display unbemerkt zur Routine wird, dann fehlt das Allerwichtigste, was das Kind benötigt, um gesund aufwachsen, sich geistig und emotional entwickeln zu können: die Kommunikation mit seinen engsten Bezugspersonen – den Eltern. Geht es jetzt um digitale Medien in der Schule oder zuhause?
 
Kinder brauchen reale und nicht virtuelle Erfahrungen
Neuere entwicklungs- und lernpsychologische Studien belegen es: Kinder sollten eine gewisse intellektuelle Entwicklung durchlaufen haben, zu der Wahrnehmung, Gedächtnisleistung und Sprachbeherrschung gehören, bevor sie sinnvoll an Computern arbeiten und mit Smartphones umgehen können. Das dürfte realistischerweise nicht vor dem zwölften Lebensjahr der Fall sein. Vorher kann die Konfrontation mit digitalen Medien den Schülerinnen und Schülern mehr schaden als nützen "Fehlende Reife"-Argument
«Natürlich müssen wir unseren Schülern auch den Umgang mit den neuen Medien beibringen. Aber wir dürfen damit nicht schon in der Grundschule anfangen, nicht in jedem Schulfach und wir brauchen keine Laptop-Klassen», sagt Josef Kraus, der Präsident des deutschen Lehrerverbandes.  
Er wirft der Politik vor, aus rein ökonomischen Überlegungen nur an die Förderung der Digitalisierung zu denken. Wirtschaftsinteressen-Argument
Stattdessen wäre es sinnvoller, in Schulbibliotheken zu investieren, um die Lesefähigkeit der Kinder zu fördern. Denn Lesen ermöglicht Lernen. "Besser Investieren"-Argument
Zwar gibt es bereits Gegenstimmen, die behaupten, digitale Bildung sei in Zukunft ganz ohne die Kulturtechniken Lesen, Schreiben und Rechnen zu erwerben. Bonuspunkt für das absolute Strohmann-Argument - Wo findet sich eine Quelle für diese Behauptung?
Doch der Blick auf Kinder mit zum Teil erheblichen Leseschwächen, die zu Lernschwierigkeiten, Schulversagen und letztlich zu Problemen im späteren Erwerbsleben führen, zeichnet ein anderes Bild. Das müsste uns endlich hellhörig machen.  

Und nun noch ohne Polemik: Ich finde es bedenklich, dass auch 2019 noch auf diesem Niveau über digitale Medien in der Schule diskutiert wird. Ja, es gibt Dinge zu diskutieren und das richtige Mass zu finden. Aber mit Gastkommentaren wie dem eben zitierten kommen wird nicht wirklich weiter.

 
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