Leistungsschutzrecht?

Im grossen Interview der Sonntagszeitung vom 2.12.12 (Biblionetz:t14405) äussert sich Marc Walder, der CEO des Schweizer Medienunternehmens Ringier zur Frage eines Leistungsschutzrechts (Biblionetz:w02369) für Schweizer Presseverlage. Damit schwappt eine in Deutschland seit längerem geführte Debatte in die Schweiz über. Es geht darum, dass Presseverlage gerne einen Anteil der Werbeeinnahmen hätten, die Suchmaschinen mit Ausschnitten aus ihren Artikeln hätten. Walder ist nicht zimperlich bei seiner Wortwahl. Von Klauen, Diebstahl und Schädigung der Demokratie ist die Rede:

Braucht es in der Schweiz ein Leistungsschutzrecht, um die geistigen Inhalte der Medienhäuser zu schützen?

Ich will dem Verband nicht vorgreifen, aber ich bin klar dafür. Die Zeitungs- und Zeitschriftenverlage müssen gegen die unlautere Ausbeutung ihrer geistigen Inhalte durch Suchmaschinen wie Google geschützt werden. Google verdient auf unsere Kosten viel Geld, ohne uns Medien auch nur einen Teil davon abzugeben. Wir können doch nicht zusehen, wie wir für viel Geld Inhalte produzieren und Aggregatoren diese von uns klauen. Google fördert indirekt das Zeitungssterben und schadet so unserer Demokratie.

Im Kampf gegen den Giganten Google ist selbst Ringier nur ein Zwerg. Was unternehmen Sie konkret?

Im Verband Schweizer Medien werden wir bereits nächste Woche das Thema Leistungsschutzrecht angehen. Was Suchmaschinenbetreiber und Aggregatoren im Netz machen, ist eine moderne Art des Diebstahls in digitaler Form. Medienunternehmen der ganzen Welt wehren sich vehement dagegen.

Dass Presseverlage es nicht gerne sehen, dass sie keinen Anteil an den Werbeeinnahmen der Suchmaschinen und Aggregatoren sehen, ist nachvollziehbar. Viele User werden sich mit den Ergebnissen der Suchmaschinen und Aggregatoren begnügen und weder die Ursprungsmedien bezahlen noch deren Werbung sehen wollen.

Dummerweise ist aber die Forderung der Medienunternehmen zu kurz gedacht. So wie es aussieht, sind Presseverlage heute von Suchmaschinen stärker abhängig als Suchmaschinen von Presseverlagen. Websites von Zeitungen erhalten gegen 50% ihrer Besucher von Suchmaschinen, während nur etwa 10% der Suchanfragen bei Suchmaschinen zu Presse-Websites führen. Während somit die Suchmaschinen 10% ihrer Umsätze einbüssen würden, würden die Presseverlage die Hälfte ihrer Besucher verlieren.

Denn - und das verschweigen die Presse-Verlage gerne - die Verlage hätten heute technisch gesehen bereits die Möglichkeit sehr detailliert anzugeben, welche Inhalte Suchmaschinen abgreifen und verwenden dürfen. Mit der Search-Engine-Excluding-Standard (robots.txt) könnten Presseverlage Suchmaschinen davon abhalten, ihre Inhalte zu verwenden. Dass sie das nicht tun zeigt, dass Suchmaschinen für sie überlebenswichtig sind.

Aus staatlicher Sicht wäre durchaus denkbar, dass dieser ein Leistungsschutzrecht erlassen würde. Es bleibt einfach die Frage, ob die Suchmaschinen in der Folge nicht einfach auf das Anzeigen entsprechender Suchergebnisse verzichten würden.

P.S.: Nach dem Schreiben entdeckt: Philippe Wampfler: Kurz erklärt: robots.txt


Die Absurdität des Leistungsschutzrechts erklärt auch Nico Lumma deutlich: http://lumma.de/2012/12/01/kommunikation-der-zukunft-funf-faktoren-und-drei-schlussfolgerungen/ (im Abschnitt zu Tablets)

-- TorstenOtto - 10 Dec 2012

Update Siehe auch Philipp Wampflers Posting Ringier und die Qualität

-- BeatDoebeli - 17 Dec 2012
 
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Kategorien: IsaBlog, (Biblionetz:w00768) Informatik und Recht

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