Schul-ICT

Wer spricht wie viel?

20 June 2011 | Beat Döbeli Honegger | Schul-ICT, Software
2008/2009 haben Khaled Bachour, Frédéric Kaplan und Pierre Dillenbourg einen Tisch präsentiert (Biblionetz:t12711, Biblionetz:t12710), der das Sprechvolumen der an ihm Sitzenden visualisiert hat:

wersprichtwieviel-01.jpg

Dieser Tisch soll Gruppenarbeiten unterstützen, indem die Gruppenmitglieder ein Feedback erhalten, wie viel sie sprechen.

Ich fand das damals recht cool, weil es Computertechnologie in einer innovativen Art zur Förderung von Lernprozessen einzusetzen versucht. Die User müssen nicht ein System bedienen, das System ist einfach da und bietet Unterstützung an. Zudem war dieser Tisch für mich ein frühes Beispiel der These des Verschwindens des Computers im Schulumfeld.

Nur: Wer hat schon Platz und Geld, um einen solchen Tisch ins Schulzimmer zu stellen?

Abhilfe verspricht jetzt vielleicht eine iPhone-App namens Talk-o-Meter. Die Software analysiert mit Hilfe des eingebauten Mikrofons die Stimmen zweier Gesprächspartner und versucht danach, den Sprechanteil der beiden zu visualisieren.

wersprichtwieviel-02.jpg

Vorsicht: Ich habe die Applikation noch nicht getestet, dies ist keine Kaufempfehlung (3.99 Euro).

Genau, wollte schon schreiben: "Theres an app for that." smile Der iPad ersetzt inzwischen auch schon das eine oder andere Ozilloskop, den Taschenrechner … und ev. ist man ja bald soweit, dass man ihn auch als Visualizer einsetzen könnte?

-- Main.VincentTscherter - 20 Jun 2011

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Schulrelevante Computertypen

10 June 2011 | Beat Döbeli Honegger | Schul-ICT
Diskutiert man über die schulische Computerausstattung für die nächsten 5 bis 10 Jahre, so genügt es nicht, von Computern zu sprechen. Noch vor zehn Jahren konnte man in Diskussionen oder Untersuchungen die Zahl der Computer pro Klasse oder pro Schulkind zählen und Aussagen zu sinnvollen Verhältnissen aufstellen ("1 Computer pro 5 Kinder"). Unterschieden wurde maximal zwischen Desktops und Laptops, wobei letztere eh meist für zu teuer befunden wurden.

Wie sieht die Situation heute aus? Die Palette von Geräteklassen ist viel breiter geworden: Da gibt es Handhelds und Smartphones neben Netbooks und Subnotebooks, iDevices und Macbooks neben Tablets und Slates - wer soll da noch den Überblick behalten?

Nachfolgend ein Versuch - losgelöst von Marketinghypes, futuristischen Eingabemedien und möglichen technischen Entwicklungen - Computerklassen zu identifizieren, die in den nächsten 5 bis 10 Jahren für die Schule relevant sein könnten. (Ich habe im Oktober 2010 schon mal eine ähnliche Klassifizierung versucht, damals aber aus einer anderen Perspektive), 1:1-Ausstattungen (Biblionetz:w02173) sind aber natürlich auch hier ein wichtiger Aspekt..

Bezeichung Beschreibung Archetyp Links
Desktop Stationärer Computer mit Tastatur und meist separatem Bildschirm. IBM PC Wikipedia
Notebook Mobiler Computer mit Tastatur und fast desktopähnlicher Leistung und gleichem Betriebssystem wie Desktops   Biblionetz:w00829
Wikipedia
Netbook Kleinerer, leichterer mobiler Computer mit Tastatur und geringerer Leistung, aber mit gleichem Betriebssystem wie Desktop, meist kein optisches Laufwerk   Wikipedia
Tablet-PC Notebook mit Bildschirm, der mit Stift und/oder Finger bedient werden kann (gleiche Betriebssysteme wie Desktops) Compaq TC 1000 Biblionetz:w01414
Wikipedia
Tablets Schiefertafelähnliche Computer mit berührungsempfindlichem Bildschirm, spezielle für Touchscreens und primär Multimedia-Konsum ausgerichtete Betriebssysteme. Apple iPad Wikipedia
Handhelds Kleine portable Mobilgeräte, heute meist mit Fingerbedienung, ohne Tastatur. Spezielle, auf Handhelds ausgerichtete Betriebssysteme. Palm Pilot / iPod Touch Biblionetz:w01547
Wikipedia
Smartphones Handhelds mit Mobilfunktelefoniefunktion. Spezielle, auf Handhelds oder Smartphones ausgerichtete Betriebssysteme. Apple iPhone Wikipedia

Hier der Versuch, diese Geräteklassen zu ordnen nach Mobilitätsgrad und primärem Eingabemedium (sind das die relevanten Dimensionen?):

geraeteklassen.jpg

Kommentare?

Hallo Beat Dein Klassifizierungsversuch schulrelevanter Computertypen gefällt mir sehr gut; die wesentlichen Dimensionen erfasst. Vielleicht sollte man bei Netbooks erwähnen, dass m.W. Diese Geräte ein Starter-Betriebssystem haben. Zudem denke ich, dass in Zukunft die Art des Software-Typs (klassisch oder Apps) entscheidend sein wird, weil davon viel abhängt, wie einfach Lernende Programme installieren oder eben nicht. Ich stelle in meinen Seminaren mit Lehramtstudierenden immer wieder fest, dass viele sich vor Software-Installationen ängstigen. Ich denke deshalb, dass im Schulumfeld sich inbesondere deshalb Apps durchsetzen werden (z.B. Google Chrome Notebook). Entscheidend scheint mir auch der zu erwartende Support an Schulen zu sein. Und spätestens seit der Präsentation von Apple's iCloud fehlt mir noch die Kategorie Datenspeicherung (Backup).

Gruss Martin PS: Tolle Abbildung; CC by???

-- Main.MartinHofmann - 08 Jun 2011 Lieber Martin, Netbooks per se haben kein Starter-Betriebssystem (was ist das?), sondern derzeit werden die meisten Netbooks mit einem "Starter-Edition" genannten Betriebssystem der Firma Microsoft ausgeliefert. Das hängt aber nicht zwingend mit der Geräteklasse "Netbook" zusammen, oder?

-- Main.BeatDoebeli - 08 Jun 2011 Werden wir in ein paar Jahren die Gerätetypen nicht eher über die Größe des Bildschirms als über die Eingabemöglichkeit unterscheiden? Speicher und Rechenpower liegen auf Clustern, ich habe nur noch einen Client in der Hand.

Man könnte die Geräte dann auch nach Leistung/Speicher und Mobilität ordnen... Habe es mal schnell zusammengeschustert:

-- Main.FelixSchaumburg - 08 Jun 2011 Hmm, die y-Achse befriedigt mich noch nicht ganz. LAN und Cloud sind für mich nicht der gleichen Dimension anzusiedeln. Es müsste doch eher LAN und Mobilfunk heissen. Oder Alles lokal versus Vieles in der cloud, aber diese Dimension sehe ich nicht so.

-- Main.BeatDoebeli - 10 Jun 2011

Apple hat diese Woche an der WWDC die neue Version ihres mobile Betriebssystems iOS 5 und den Cloud-Computing-Dienst (Biblionetz:w02102) iCloud vorgestellt. Der Dienst iCloud synchronisiert automatisch alle Daten und Programme zwischen allen Geräten eines Users, so dass Daten und Programme auf allen Geräten zur Verfügung stehen (auch wenn ein Gerät danach offline ist).

icloud.jpg

Derzeit spielt die Firma Apple (Biblionetz:w00244) öfters die Rolle, in technisch interessierten Fachkreisen bereits seit längerem latente Konzepte einer breiteren Öffentlichkeit bekannt und verständlich (!) zu machen. Wenn eine Firma wie Apple neue Produkte lanciert, dann hat sie sich vermutlich einige Gedanken zur zukünftigen Computernutzung gemacht. Eine gute Gelegenheit also, sich zu überlegen, welche Vorstellungen und Visionen hinter dem Produkt iCloud stecken und welche Konsequenzen wir daraus für schulische ICT-Infrastrukturen ableiten könnten. Wohlgemerkt, es geht mir nicht um den Einsatz der iCloud in der Schule!

Meiner Ansicht nach stecken folgende Überlegungen/Beliefs wink hinter der Lancierung von iCloud:

  • Nutzende werden je nach Situation mehrere Geräte nutzen/besitzen.
    Wäre dem nicht so, müsste iCloud auch keine automatische Daten-Synchronisation zwischen den verschiedenen Geräten anbieten. Apple geht also nicht von einem 1:1-Modell und von eierlegenden Wollmilchsaudevices aus.
    Interessant ist dabei, von wie vielen Geräten Apple in näherer Zukunft ausgeht: "Access to some services is limited to 10 devices." Apple sieht es also für die nähere Zukunft als nicht abartig an, dass ein User (eine Familie?) 10 Geräte wird synchronisieren wollen. Eine erste Antwort auf die Frage Wie viele Computer braucht ein Schulkind? (Biblionetz:f00147)
  • Trotz Cloud werden Geräte weiterhin offline sein.
    Wäre dem nicht so, dann müssten Inhalte nicht offline gespeichert, sondern könnten synchron gestreamt werden. iCloud-Devices sind auch da noch nutzbar, wo Thin Client-Technologie (Biblionetz:w00911), Desktop-Virtualisierung und reine Webapplikationen wie Google Docs die Flagge streichen müssen. Die offene Frage ist, ob das schulrelevant ist.
  • Einfachheit für Menschen ist wichtig und entsteht, wenn man ihnen überall eine ähnliche Arbeitsumgebung bietet. Menschen werden zwar bis zu 10 Geräte besitzen. Sie möchten aber nicht 10 verschiedene Konzepte der Programm- und Datennutzung im Kopf haben müssen. Wenn überall die gleichen Daten (und -strukturen) und mindestens ähnliche Programme verfügbar sind, dann kann der Mensch sich ein mentales Modell eines abstrakten Computers bilden: "Meine digitale Arbeitsumgebung". Hat da jemand PLE gesagt? (Biblionetz:w01997)
  • Bezahlen muss man pro User, nicht pro Gerät
    Wenn Menschen immer mehr Geräte besitzen, dann ist ein Geschäftsmodell das auf Bezahlung pro Hardware abzielt, nicht sehr praktisch. Apples Überlegung könnte eine Konzequenz aus der Aufmerksamkeitsökonomie sein: Egal wie viele Geräte jemand besitzt: Er oder sie hat nicht mehr Zeit (oder Sinnesorgane), um Content zu konsumieren oder Programme zu nutzen.
  • NEW Kleingeräte lassen sich ohne Zweitcomputer verwenden.
    Bisher war für die Installation, Synchronisation, Backup der meisten Kleingeräte (Handhelds, Tablets, Smartphones) ein zweiter, "vollwertiger" Computer notwendig. Apple ist nicht die erste Firma, die hier einen Entwicklungsschritt vollzieht: Kleingeräte lassen sich zukünftig via Funkübertragung direkt aus dem Internet managen.
  • NEW Datenübertragung per Kabel ist vorbei, alles geht per Funk.
    Sowohl Datensynchronisation als auch Installationen passieren per Funk, entweder per WLAN oder gar durch Mobilfunkdatenübertragung.
  • Geräte können wechseln. Programme und vor allem Daten bleiben.
    Das ist keine neue Erkenntnis:

icloud2.jpg

Dieser Gedankenstrang ist noch nicht zuende gedacht und auch die Visualisierung gefällt mir noch nicht. Aber ich musste mal einen Entwurf verschriftlichen...


Das bringt uns weiter! Danke, Beat.

-- Main.LisaRosa - 08 Jun 2011 Vergiss die Hardware

-- Main.VincentTscherter - 08 Jun 2011

Handys sind...

01 March 2011 | Beat Döbeli Honegger | Medienbericht, Schul-ICT
Ist ja interessant, wie unterschiedlich man zum gleichen Kantonsrat titeln kann:

glashalb02.jpg glashalb01.jpg

Der eine Artikel stammt aus dem Zürcher Tages Anzeiger, der andere aus der Zürcher Landzeitung.

Was ist ein Computer?

24 January 2011 | Beat Döbeli Honegger | Informatik, Schul-ICT
Als Reaktion auf mein Blogposting Günstiger Kleinwagen für den Hosensack hat Ronny Standtke, der Erfinder des Lernsticks (Biblionetz:w02203), ein eigenes Weblog eröffnet und stellt dort als erstes die Frage Was ist ein Computer?

Er schildert in diesem Posting, dass früher relativ klar gewesen sei, was ein Computer ist:

Als ich 1987 meinen ersten Computer in die Hände bekam, einen KC 87, war relativ klar, was ein Computer ist: hauptsächlich eine Recheneinheit, Arbeitsspeicher, Tastatur noch ein paar zusätzliche Schnittstellen für Bildschirm, Drucker, usw.

Unterdessen hätte sich aber die IT weiter entwickelt und es habe eine Spezialisierung stattgefunden: Es gibt Thin Clients (Biblionetz:w00911), Server (Biblionetz:w00985) etc.

Ronny argumentiert nun, weder Server noch Thin Clients seien unabhängig von anderen Komponenten nutzbar, würden aber trotzdem als Computer bezeichnet:

Thin-Clients, die lediglich der Ein- und Ausgabe dienen. Um arbeitsfähig zu sein, „borgen“ sich Thin-Clients also den RAM, die Festplatte und die CPU eines Servers. Ist ein Thin-Client kein Computer?

Der Server wiederum hat weder Bildschirm noch Tastatur, Maus, Drucker, Joystick, Webcam, Headset oder Lautsprecher. Das „borgt“ sich der Server alles ganz dynamisch von den jeweiligen gerade angeschlossenen Thin-Clients. Ist ein Server kein Computer?

Daraus schliesst er, dass auch der Lernstick als Computer bezeichnet werden könne:

Genaus wie ein Thin-Client oder ein Server allein nicht sinnvoll einsetzbar sind, ist es auch ein lernstick nicht. Der lernstick muss sich von einem Wirtssystem RAM, CPU und Schnittstellen borgen. Ist ein lernstick (k)ein Computer?

Ich finde diese Diskussion auf mindestens zwei Ebenen sehr interessant: Zum einen habe ich als ausgebildeter Informatiker und Informatik-Didaktiker ein Interesse an der Definition und Interpretation von zentralen Begriffen der Informatik. Computer (Biblionetz:w00032) ist zweifelsohne ein zentraler Begriff der Informatik, also ist es auch relevant, was man darunter versteht.

Die zweite Ebene ist das Propagieren des Lernsticks als ideales Werkzeug für Schulen durch educa.ch Ich habe mehrere Jahre Schulen und Schulgemeinden bei der Beschaffung von ICT-Infrastruktur beraten und es liegt mir deshalb daran, dass Schulen, Schulgemeinden und Politiker nicht mit falschen Versprechungen verwirrt und unrealistische Erwartungen geschürt werden.

Theoretische Ebene: Was ist ein Computer?

Es existieren zahlreiche Definitionen des Begriffs Computer. Als erstes habe ich bei Wikipedia nachgeschaut:

Ein Computer oder Rechner ist ein Apparat, der Daten mithilfe einer programmierbaren Rechenvorschrift verarbeiten kann.

… und weiter unten etwas ausführlicher:

Ein Digitalcomputer besteht zunächst nur aus Hardware. Die Hardware stellt erstens einen so genannten Speicher bereit, in dem Daten portionsweise wie auf den nummerierten Seiten eines Buches gespeichert und jederzeit zur Verarbeitung oder Ausgabe abgerufen werden können. Zweitens verfügt das Rechenwerk der Hardware über grundlegende Bausteine für eine freie Programmierung, mit denen jede beliebige Verarbeitungslogik für Daten dargestellt werden kann: Diese Bausteine sind im Prinzip die Berechnung, der Vergleich und der bedingte Sprung (siehe bei Sprunganweisung). Ein Digitalcomputer kann beispielsweise zwei Zahlen addieren, das Ergebnis mit einer dritten Zahl vergleichen und dann abhängig vom Ergebnis entweder an der einen oder der anderen Stelle des Programms fortfahren. In der Informatik wird dieses Modell theoretisch durch die Turing-Maschine abgebildet; die Turing-Maschine stellt die grundsätzlichen Überlegungen zur Berechenbarkeit dar.

Für mich reduziere ich obige Definition als:

Computer = Speicher + Rechenwerk

wobei ich aufgrund meiner Informatik-Ausbildung tatsächlich die Turing-Maschine (Biblionetz:w00016) als Prototyp eines Computers im Hinterkopf habe. Eine ablaufende Dynamik, ein Mechanismus o.ä. ist in meiner Vorstellung eine absolut notwendige Eigenschaft eines Objekts, das als Computer bezeichnet wird. Lässt man diese Voraussetzung fallen, so verliert das Wort Computer viel an Bedeutung, weil dann jedes Koch-, Formel- oder Programmierbuch auch ein Computer wäre, weil ja darin ebenfalls Ablaufbeschreibungen zu finden sind.

Diese Interpretation des Begriffs wird meiner Ansicht nach auch gestützt durch die Etymologie des Begriffs Computer:

Der englische Begriff computer, abgeleitet vom Verb (to) compute (aus Lateinisch: computare = ‚zusammenrechnen‘), bezeichnete ursprünglich Menschen, die zumeist langwierige Berechnungen vornahmen, zum Beispiel für Astronomen im Mittelalter.
Quelle: Wikipedia

Ich habe bei meiner Recherche keine Definition des Begriffs Computer gefunden, bei der Berechnung und/oder Verarbeitung von Daten nicht konstituierender Bestandteil gewesen wäre. So auch bei den Definitionen im Biblionetz (Biblionetz:w00032):

wasisteincomputer-01.jpg

Warum ich so auf dieser Begriffsinterpretation herumreite? Mir ist es ein Anliegen, Grundkonzepte der Informatik zu vermitteln und Teil der Allgemeinbildung werden zu lassen. Dies bedingt aber unter anderem, das zentrale Begriffe der Informatik in ihrem Kern einigermassen einheitlich verwendet werden. Wenn auch ein reiner Datenspeicher als Computer bezeichnet wird, so trägt dies nicht zum Verständnis der Funktionsweise von Computern bei, im Gegenteil.

Schulpraktische Ebene: Was ist ein Computer?

Nun könnte man einwenden, obige theoretische Überlegungen hätten wenig mit der Schulrealität zu tun. Ich habe drei Jahre als Assistent an der ETH sowie vier Jahre als Co-Leiter des ICT-Kompetenzzentrums TOP in Solothurn Schulen bei Beschaffung und Betrieb von Computern in der Schule beraten. Für Schulen bzw. für Schulbehörden sind die Kosten der Ausstattung mit ICT ein zentraler Aspekt der Diskussion. In all den Jahren ging es immer wieder darum, den Schulen und Schulbehörden aufzuzeigen, dass sie nicht nur auf die reinen Beschaffungskosten achten dürfen, sondern die Gesamtkosten betrachten müssten, ein Konzept, das in der Wirtschaft unter Total Cost of Ownership (TCO) (Biblionetz:w00853) firmiert.

Schreibt educa.ch nun

Ein eigener Computer für jede Schülerin und jeden Schüler ist keine Vision mehr, sondern wird mit dem educa.Lernstick Realität.

so betreibt educa.ch damit Augenwischerei, denn für die Ausstattungsvariante "ein eigener Computer für jede Schülerin" wird neben dem Lernstick (=persönliche Daten und Programme) auch noch für jedes Schulkind ein Computer benötigt.

Der Lernstick ist genau so wenig ein persönlicher Computer wie es die Zugangsdaten zu einem Citrix-Server, einem Google-Docs-Konto oder einem Microsoft live@edu-Konto sind. Alle drei genannten Lösungen bieten eine mehr oder weniger persönliche Lernumgebung, benötigen jedoch noch einen Computer, damit gearbeitet und gelernt werden kann. (Während der Lernstick auch ohne Netzverbindung auskommt, benötigt die Citrix-Lösung mindestens noch Verbindung zum Citrix Server, die Google- und Microsoft-Lösung sogar Internet-Zugang.)

Den Lernstick als persönlichen Computer zu bezeichnen verletzt somit die TCO-Betrachtungsweise, indem ein Bestandteil eines Gesamtsystems genannt wird, während andere zur Nutzung ebenfalls notwendige Komponenten unerwähnt bleiben.

Da sich educa.ch als "Kompetenzzentrum für ICT im Unterricht" bezeichnet würde ich mir wünschen, dass educa.ch auch entsprechend kompetent formuliert und berät, statt in Marketing-Manier mehr zu versprechen als geboten wird und damit eher Verwirrung zu stiften als Unterstützung zu bieten.

Kommentare

Wir reiben uns eigentlich nur an der Formulierung "eigener Computer".

Du verstehst darunter die persönliche, untrennbare Gesamtheit von Hard- und Software. Im lernstick-Kontext sind Hard- und Software jedoch komplett entkoppelt. Sobald ich mich mit dem lernstick an irgendeinen Computer setze, ist es mein persönlicher Computer. Im lernstick-Szenario kannst du, solltest du vielleicht sogar, musst aber nicht für jeden Lernenden eigene, persönliche Hardware vorhalten. So kann auch mit weniger Computern als lernsticks jeder seinen persönlichen Computer haben, solange nicht alle SchülerInnen einer Schule gleichzeitig die Hardware in Anspruch nehmen müssen. Die Hardware ist im lernstick-Szenario ein frei austauschbarer, unpersönlicher, heterogener und nicht zwingend mobiler Pool. Der wichtige, persönliche und mobile Teil ist der lernstick.

Von daher halte ich die Aussage der educa für gerechtfertigt und deine Formulierungen von "Augenwischerei", "Marketing-Manier" und "Verwirrung stiften" für deutlich überzogen.

-- Main.RonnyStandtke - 23 Jan 2011 > Daraus schliesst er, dass auch der Lernstick als Computer bezeichnet
> werden könne:

Mensch Beat, du interpretierst schon wieder ziemlich schräg. In meinem Beitrag schrieb ich: "Natürlich ist er kein Computer...", also genau das Gegenteil von dem, was du behauptest...

-- Main.RonnyStandtke - 23 Jan 2011 Ronnys Aussage "Sobald ich mich mit dem lernstick an irgendeinen Computer setze, ist es mein persönlicher Computer." ist gut nachvollziehbar. Und doch störe ich mich - ähnlich wie Beat - am Werbespruch zum lernstick, der "ein personalisierter mobiler Computer" sein soll. Auch wenn ich es sinnvoll finde, dass die Kinder (und Jugendlichen?) dank der Open Source Software (inkl. Betriebssystem) auf dem lernstick eine Alternative zu MS und Apple kennen lernen, sehe ich nicht, inwiefern der lernstick zum sinnvollen, nützlichen, zeitgemässen persönlichen Gerät wird: mit dem lernstick im Sack oder in der Hand kann ich weder kurz vor der Präsentation noch etwas an der einen oder andern Folie korrigieren, noch kann ich unterwegs Wörtli lernen oder Reihen üben. Das Arbeiten mit dem Lernstick bedingt am Gerät jeweils einen Neustart -, wenn in der Schule nur wenig Geräte zur Verfügung stehen, wird Zeit, welche ein Benutzer/innen-Wechsel mit sich bringt, die Lehrpersonen nicht eben dazu animieren, die Kinder am Computer arbeiten zu lassen... Oder gibts dazu "Klassen-lernsticks".

Wo ich hingegen grosse Möglichkeit für den "lernstick" sehe, ist in seiner Anwendung als "prüfungsstick": (Fach-)Lehrpersonen können den prüfungsstick so configurieren (lassen), dass die Lernenden mit eigenen Laptops, nicht aber mit den Alltags-Einstellungen im Unterricht arbeiten, resp. eben Prüfungen (z.B. ohne Internetzugang) schreiben können.

-- Main.JacquelinePeter - 23 Jan 2011 > mit dem lernstick im Sack oder in der Hand kann ich weder
> kurz vor der Präsentation noch etwas an der einen oder
> andern Folie korrigieren

Wenn du ihn, wie vorgesehen, in ein Netbook, Notebook oder Desktop steckst, sollte das schon klappen... wink

> noch kann ich unterwegs Wörtli lernen oder Reihen üben

Dito, aber bitte nicht mit einem Desktop.

-- Main.RonnyStandtke - 24 Jan 2011 Hier nochmal eine kleine Zusammenfassung meinerseits: http://rostblock.wordpress.com/2011/01/24/interpretationen-einer-uberschrift/

-- Main.RonnyStandtke - 24 Jan 2011

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