Informatik

Unterrichtsmaterial für die i-factory

09 May 2011 | Beat Döbeli Honegger | Informatik, PHSZ
Im November 2010 wurde im Verkehrshaus der Schweiz in Luzern die Informatik-Ausstellung i-factory eröffnet. Nachdem ich vor der Ausstellungseröffnung im Beirat der Ausstellung und bei der didaktischen Konzeption beteiligt war, hat das Institut für Medien und Schule in den letzten Monaten Unterrichtsmaterial zur Vorbereitung des Ausstellungsbesuchs mit der Schulklasse erarbeitet.

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learn & teach -Arbeitsblätter für die 5./6. Klasse

Entstanden sind ca. 20 Blätter für Lehrpersonen und ca. 70 Seiten Material aufgeteilt in die drei Schulstufen Primar (5&6), Sekundarstufe I (7-9) und Sekundarstufe II (10-12). Die Materialien für Schülerinnen und Schüler - genannt learn & teach - bilden ein Gruppen-Puzzle (Jigsaw-Methode), bei der je ein Viertel der Klasse während zweier Lektionen eine Themeninsel der i-factory kennenlernt und sich darauf vorbereitet, diese dem Rest der Klasse an der Ausstellung vorzustellen und die Exponate zu betreuen.

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Die Materialien stehen unter einer creative-commons-Lizenz (BY-NC-SA) beim Schuldienst des Verkehrshauses zum Download in Form von drei stufenspezifischen ZIP-Files bereit.

Schweizer Lehrpersonen (5.-13. Schuljahr), welche mit ihrer Klasse die Ausstellung besuchen wollen, können von einer besonderen Unterstützung der Hasler Stiftung profitieren: Die Stiftung übernimmt Reisekosten und Eintritt für die gesamte Klasse, nachdem die Lehrperson einen halbtägigen Vorbereitungsworkshop besucht hat. mehr ...PDF-Dokument ,

Was ist ein Computer?

24 January 2011 | Beat Döbeli Honegger | Informatik, Schul-ICT
Als Reaktion auf mein Blogposting Günstiger Kleinwagen für den Hosensack hat Ronny Standtke, der Erfinder des Lernsticks (Biblionetz:w02203), ein eigenes Weblog eröffnet und stellt dort als erstes die Frage Was ist ein Computer?

Er schildert in diesem Posting, dass früher relativ klar gewesen sei, was ein Computer ist:

Als ich 1987 meinen ersten Computer in die Hände bekam, einen KC 87, war relativ klar, was ein Computer ist: hauptsächlich eine Recheneinheit, Arbeitsspeicher, Tastatur noch ein paar zusätzliche Schnittstellen für Bildschirm, Drucker, usw.

Unterdessen hätte sich aber die IT weiter entwickelt und es habe eine Spezialisierung stattgefunden: Es gibt Thin Clients (Biblionetz:w00911), Server (Biblionetz:w00985) etc.

Ronny argumentiert nun, weder Server noch Thin Clients seien unabhängig von anderen Komponenten nutzbar, würden aber trotzdem als Computer bezeichnet:

Thin-Clients, die lediglich der Ein- und Ausgabe dienen. Um arbeitsfähig zu sein, „borgen“ sich Thin-Clients also den RAM, die Festplatte und die CPU eines Servers. Ist ein Thin-Client kein Computer?

Der Server wiederum hat weder Bildschirm noch Tastatur, Maus, Drucker, Joystick, Webcam, Headset oder Lautsprecher. Das „borgt“ sich der Server alles ganz dynamisch von den jeweiligen gerade angeschlossenen Thin-Clients. Ist ein Server kein Computer?

Daraus schliesst er, dass auch der Lernstick als Computer bezeichnet werden könne:

Genaus wie ein Thin-Client oder ein Server allein nicht sinnvoll einsetzbar sind, ist es auch ein lernstick nicht. Der lernstick muss sich von einem Wirtssystem RAM, CPU und Schnittstellen borgen. Ist ein lernstick (k)ein Computer?

Ich finde diese Diskussion auf mindestens zwei Ebenen sehr interessant: Zum einen habe ich als ausgebildeter Informatiker und Informatik-Didaktiker ein Interesse an der Definition und Interpretation von zentralen Begriffen der Informatik. Computer (Biblionetz:w00032) ist zweifelsohne ein zentraler Begriff der Informatik, also ist es auch relevant, was man darunter versteht.

Die zweite Ebene ist das Propagieren des Lernsticks als ideales Werkzeug für Schulen durch educa.ch Ich habe mehrere Jahre Schulen und Schulgemeinden bei der Beschaffung von ICT-Infrastruktur beraten und es liegt mir deshalb daran, dass Schulen, Schulgemeinden und Politiker nicht mit falschen Versprechungen verwirrt und unrealistische Erwartungen geschürt werden.

Theoretische Ebene: Was ist ein Computer?

Es existieren zahlreiche Definitionen des Begriffs Computer. Als erstes habe ich bei Wikipedia nachgeschaut:

Ein Computer oder Rechner ist ein Apparat, der Daten mithilfe einer programmierbaren Rechenvorschrift verarbeiten kann.

… und weiter unten etwas ausführlicher:

Ein Digitalcomputer besteht zunächst nur aus Hardware. Die Hardware stellt erstens einen so genannten Speicher bereit, in dem Daten portionsweise wie auf den nummerierten Seiten eines Buches gespeichert und jederzeit zur Verarbeitung oder Ausgabe abgerufen werden können. Zweitens verfügt das Rechenwerk der Hardware über grundlegende Bausteine für eine freie Programmierung, mit denen jede beliebige Verarbeitungslogik für Daten dargestellt werden kann: Diese Bausteine sind im Prinzip die Berechnung, der Vergleich und der bedingte Sprung (siehe bei Sprunganweisung). Ein Digitalcomputer kann beispielsweise zwei Zahlen addieren, das Ergebnis mit einer dritten Zahl vergleichen und dann abhängig vom Ergebnis entweder an der einen oder der anderen Stelle des Programms fortfahren. In der Informatik wird dieses Modell theoretisch durch die Turing-Maschine abgebildet; die Turing-Maschine stellt die grundsätzlichen Überlegungen zur Berechenbarkeit dar.

Für mich reduziere ich obige Definition als:

Computer = Speicher + Rechenwerk

wobei ich aufgrund meiner Informatik-Ausbildung tatsächlich die Turing-Maschine (Biblionetz:w00016) als Prototyp eines Computers im Hinterkopf habe. Eine ablaufende Dynamik, ein Mechanismus o.ä. ist in meiner Vorstellung eine absolut notwendige Eigenschaft eines Objekts, das als Computer bezeichnet wird. Lässt man diese Voraussetzung fallen, so verliert das Wort Computer viel an Bedeutung, weil dann jedes Koch-, Formel- oder Programmierbuch auch ein Computer wäre, weil ja darin ebenfalls Ablaufbeschreibungen zu finden sind.

Diese Interpretation des Begriffs wird meiner Ansicht nach auch gestützt durch die Etymologie des Begriffs Computer:

Der englische Begriff computer, abgeleitet vom Verb (to) compute (aus Lateinisch: computare = ‚zusammenrechnen‘), bezeichnete ursprünglich Menschen, die zumeist langwierige Berechnungen vornahmen, zum Beispiel für Astronomen im Mittelalter.
Quelle: Wikipedia

Ich habe bei meiner Recherche keine Definition des Begriffs Computer gefunden, bei der Berechnung und/oder Verarbeitung von Daten nicht konstituierender Bestandteil gewesen wäre. So auch bei den Definitionen im Biblionetz (Biblionetz:w00032):

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Warum ich so auf dieser Begriffsinterpretation herumreite? Mir ist es ein Anliegen, Grundkonzepte der Informatik zu vermitteln und Teil der Allgemeinbildung werden zu lassen. Dies bedingt aber unter anderem, das zentrale Begriffe der Informatik in ihrem Kern einigermassen einheitlich verwendet werden. Wenn auch ein reiner Datenspeicher als Computer bezeichnet wird, so trägt dies nicht zum Verständnis der Funktionsweise von Computern bei, im Gegenteil.

Schulpraktische Ebene: Was ist ein Computer?

Nun könnte man einwenden, obige theoretische Überlegungen hätten wenig mit der Schulrealität zu tun. Ich habe drei Jahre als Assistent an der ETH sowie vier Jahre als Co-Leiter des ICT-Kompetenzzentrums TOP in Solothurn Schulen bei Beschaffung und Betrieb von Computern in der Schule beraten. Für Schulen bzw. für Schulbehörden sind die Kosten der Ausstattung mit ICT ein zentraler Aspekt der Diskussion. In all den Jahren ging es immer wieder darum, den Schulen und Schulbehörden aufzuzeigen, dass sie nicht nur auf die reinen Beschaffungskosten achten dürfen, sondern die Gesamtkosten betrachten müssten, ein Konzept, das in der Wirtschaft unter Total Cost of Ownership (TCO) (Biblionetz:w00853) firmiert.

Schreibt educa.ch nun

Ein eigener Computer für jede Schülerin und jeden Schüler ist keine Vision mehr, sondern wird mit dem educa.Lernstick Realität.

so betreibt educa.ch damit Augenwischerei, denn für die Ausstattungsvariante "ein eigener Computer für jede Schülerin" wird neben dem Lernstick (=persönliche Daten und Programme) auch noch für jedes Schulkind ein Computer benötigt.

Der Lernstick ist genau so wenig ein persönlicher Computer wie es die Zugangsdaten zu einem Citrix-Server, einem Google-Docs-Konto oder einem Microsoft live@edu-Konto sind. Alle drei genannten Lösungen bieten eine mehr oder weniger persönliche Lernumgebung, benötigen jedoch noch einen Computer, damit gearbeitet und gelernt werden kann. (Während der Lernstick auch ohne Netzverbindung auskommt, benötigt die Citrix-Lösung mindestens noch Verbindung zum Citrix Server, die Google- und Microsoft-Lösung sogar Internet-Zugang.)

Den Lernstick als persönlichen Computer zu bezeichnen verletzt somit die TCO-Betrachtungsweise, indem ein Bestandteil eines Gesamtsystems genannt wird, während andere zur Nutzung ebenfalls notwendige Komponenten unerwähnt bleiben.

Da sich educa.ch als "Kompetenzzentrum für ICT im Unterricht" bezeichnet würde ich mir wünschen, dass educa.ch auch entsprechend kompetent formuliert und berät, statt in Marketing-Manier mehr zu versprechen als geboten wird und damit eher Verwirrung zu stiften als Unterstützung zu bieten.

Kommentare

Wir reiben uns eigentlich nur an der Formulierung "eigener Computer".

Du verstehst darunter die persönliche, untrennbare Gesamtheit von Hard- und Software. Im lernstick-Kontext sind Hard- und Software jedoch komplett entkoppelt. Sobald ich mich mit dem lernstick an irgendeinen Computer setze, ist es mein persönlicher Computer. Im lernstick-Szenario kannst du, solltest du vielleicht sogar, musst aber nicht für jeden Lernenden eigene, persönliche Hardware vorhalten. So kann auch mit weniger Computern als lernsticks jeder seinen persönlichen Computer haben, solange nicht alle SchülerInnen einer Schule gleichzeitig die Hardware in Anspruch nehmen müssen. Die Hardware ist im lernstick-Szenario ein frei austauschbarer, unpersönlicher, heterogener und nicht zwingend mobiler Pool. Der wichtige, persönliche und mobile Teil ist der lernstick.

Von daher halte ich die Aussage der educa für gerechtfertigt und deine Formulierungen von "Augenwischerei", "Marketing-Manier" und "Verwirrung stiften" für deutlich überzogen.

-- Main.RonnyStandtke - 23 Jan 2011 > Daraus schliesst er, dass auch der Lernstick als Computer bezeichnet
> werden könne:

Mensch Beat, du interpretierst schon wieder ziemlich schräg. In meinem Beitrag schrieb ich: "Natürlich ist er kein Computer...", also genau das Gegenteil von dem, was du behauptest...

-- Main.RonnyStandtke - 23 Jan 2011 Ronnys Aussage "Sobald ich mich mit dem lernstick an irgendeinen Computer setze, ist es mein persönlicher Computer." ist gut nachvollziehbar. Und doch störe ich mich - ähnlich wie Beat - am Werbespruch zum lernstick, der "ein personalisierter mobiler Computer" sein soll. Auch wenn ich es sinnvoll finde, dass die Kinder (und Jugendlichen?) dank der Open Source Software (inkl. Betriebssystem) auf dem lernstick eine Alternative zu MS und Apple kennen lernen, sehe ich nicht, inwiefern der lernstick zum sinnvollen, nützlichen, zeitgemässen persönlichen Gerät wird: mit dem lernstick im Sack oder in der Hand kann ich weder kurz vor der Präsentation noch etwas an der einen oder andern Folie korrigieren, noch kann ich unterwegs Wörtli lernen oder Reihen üben. Das Arbeiten mit dem Lernstick bedingt am Gerät jeweils einen Neustart -, wenn in der Schule nur wenig Geräte zur Verfügung stehen, wird Zeit, welche ein Benutzer/innen-Wechsel mit sich bringt, die Lehrpersonen nicht eben dazu animieren, die Kinder am Computer arbeiten zu lassen... Oder gibts dazu "Klassen-lernsticks".

Wo ich hingegen grosse Möglichkeit für den "lernstick" sehe, ist in seiner Anwendung als "prüfungsstick": (Fach-)Lehrpersonen können den prüfungsstick so configurieren (lassen), dass die Lernenden mit eigenen Laptops, nicht aber mit den Alltags-Einstellungen im Unterricht arbeiten, resp. eben Prüfungen (z.B. ohne Internetzugang) schreiben können.

-- Main.JacquelinePeter - 23 Jan 2011 > mit dem lernstick im Sack oder in der Hand kann ich weder
> kurz vor der Präsentation noch etwas an der einen oder
> andern Folie korrigieren

Wenn du ihn, wie vorgesehen, in ein Netbook, Notebook oder Desktop steckst, sollte das schon klappen... wink

> noch kann ich unterwegs Wörtli lernen oder Reihen üben

Dito, aber bitte nicht mit einem Desktop.

-- Main.RonnyStandtke - 24 Jan 2011 Hier nochmal eine kleine Zusammenfassung meinerseits: http://rostblock.wordpress.com/2011/01/24/interpretationen-einer-uberschrift/

-- Main.RonnyStandtke - 24 Jan 2011

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Baustellenführung auf der i-factory

12 November 2010 | Beat Döbeli Honegger | Informatik
Seit kurzem habe ich einen weiteren Hut: Im Rahmen der kommende Woche eröffnenden Informatikausstellung i-factory bin ich als externer Mitarbeiter des Verkehrshauses Luzern etikettiert worden:

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In dieser Funktion habe ich diesen Mittwoch im Rahmen des Teachers Day etwa 100 interessierte Lehrpersonen durch die fast fertige Ausstellung geführt. Es war ein gutes Gefühl, nun erstmals an realen Ausstellungsobjekten die Überlegungen zu demonstrieren, die wir vor langer Zeit bei der Konzeptionierung der Ausstellung angestellt haben.

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So existiert nun die von uns für den Computer Science unplugged - Teil des iLearnIT.ch-Moduls Wie denken Computer? entwickelte Kleinstprogrammiersprache in Form von Magnetbausteinen, mit denen sich Besucherinnen und Besucher gegenseitig programmieren können:

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Die dazugehörige Magnettafel ist vermutlich noch zu klein, aber das sind kleine Details, welche auch noch vor Ausstellungseröffnung oder nach den ersten Erfahrungen geändert werden können:

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Im Grossen und Ganzen verläuft aber bisher alles nach Plan und die ersten Rückmeldungen der Lehrpersonen sind positiv: Das Interesse daran, die Ausstellung mit der Klasse zu besuchen ist da! smile

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Sortieren begreifbar machen: Nach Gewicht sortieren mit einer Balkenwaage

Kommenden Donnerstagabend wird die Ausstellung im Rahmen der i-days offiziell eröffnet. Danach können wir von der PHZ Schwyz anfangen, Unterrichtsmaterial zur Vor- und Nachbereitung von Schulbesuchen zu erarbeiten, damit diese im April 2011 in der Praxis getestet zur Verfügung stehen. Es wartet viel spannende Arbeit auf uns...

(Das ist auch der Grund für meine Mitarbeiterkarte: Ich werde vermutlich in den kommenden Monaten öfters in der Ausstellung anzutreffen sein, um vor Ort sicherzustellen, dass unsere Unterlagen auch wirklich zur Ausstellung passen....)

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Die i-friends genannten Spielsteine warten schon auf BesucherInnen
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Lehrplan 21 ohne Informatik

10 November 2010 | Beat Döbeli Honegger | Informatik
Heute beginnt gemäss einer Medienmitteilung offiziell die Erarbeitung des Lehrplans 21 (Biblionetz:w02172) in einzelnen Fachbereichteams.

Mir ist unverständlich, wie man im 21. Jahrhundert bei allgegenwärtiger Informations- und Kommunikationstechnologie zwar Grundkompetenzen im Bereich Physik, Chemie und Biologie vorsieht, nicht aber in der ICT zugrunde liegenden Fachdisziplin Informatik. So werden im Überblicksdiagramm der Fachbereiche im Lehrplan 21 im dritten Zyklus (=Sekundarstufe I) im Fachbereich Natur und Technik die Disziplinen Physik, Chemie, Biologie aufgeführt, Informatik hingegen fehlt:

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Quelle: Grundlagen für den Lehrplan 21 (Biblionetz:t11540 )

Die Bildungskommission des Branchendachverbandes ICTswitzerland fordert deshalb in einem von mir mitverfassten Positionspapier PDF-Dokument (Biblionetz:t12300):

*Im Lehrplan 21 müssen neben Konzepten und Verfahren der Physik, Chemie und Biologie auch solche der Informatik zu finden sein.*

Die Kürzestbegründung dafür lautet:

Die obligatorische Schule soll auf das Leben in der Informationsgesellschaft vorbereiten
Es gehört zum Auftrag der obligatorischen Schule, Schülerinnen und Schüler auf das Leben in der Informationsgesellschaft vorzubereiten. Dazu gehört gemäss HarmOS-Konkordat auch „eine Grundbildung, welche zur Anwendung von grundlegenden mathematischen Konzepten und Verfahren sowie zu Einsichten in naturwissenschaftliche und technische Zusammenhänge befähigt.“ (EDK 2007). Um die heutige Informationsgesellschaft zu verstehen und sich kompetent in ihr bewegen zu können, ist auch ein Verständnis grundlegender Konzepte und Verfahren der Informatik notwendig – genau so wie für das Verständnis der natürlichen Umwelt grundlegende Konzepte in Physik, Chemie und Biologie erforderlich sind.

(Informatik als Fachdisziplin darf dabei nicht mit ICT-Anwendungen oder Medienbildung verwechselt werden. Der Bereich Medienbildung ist im Lehrplan 21 als überfachliches Thema/Kompetenz ohne eigenes Zeitgefäss vorgesehen, siehe ICT im Lehrplan 21).

ICH BIN AUCH DIESER MEINUNG: +1 (Marc Pilloud, dipl. Informatik Ingenieur ETH)

Hallo Beat, hallo liebe Lehrplan 21 Gestalter/innen. Ich Unterstütze und Begrüsse das Positionspapier von ICTSwitzerland. -- Main.MarcPilloud - 28 Oct 2010

siehe auch: ChangingEducationParadigms

-- Main.MarcPilloud - 10 Nov 2010

eZürich

04 November 2010 | Beat Döbeli Honegger | Informatik
Diskutieren über die Informationsgesellschaft kann man nicht nur morgen in Bern bei der TA Swiss, sondern auch heute abend im Zürcher Technopark, wo das Projekt eZürich startet.

Der Zürcher Stadtrat hat als einen von vier Legislaturschwerpunkt die Förderung der Informatik in der Stadt Zürich proklamiert, unter anderem um die Abhängigkeit Zürichs vom Banken- und Versicherungssektor zu reduzieren, wie der Tages Anzeiger Ende September berichtete (Biblionetz:t12309):

Wie stark die Abhängigkeit der Stadt vom Finanzplatz ist, hat sich am Dienstag bei der Präsentation des städtischen Budgets gezeigt. Finanzvorstand Martin Vollenwyder (FDP) rechnet 2011 mit einem Defizit von 206 Millionen Franken. Hauptgrund: Die tiefen Steuererträge von den Grossbanken.

Gestern Mittwoch hat Vollenwyder bekannt gegeben, wie er das Klumpenrisiko vermindern will: mit «eZürich». Unter diesem Begriff fasst der Stadtrat das Internet, damit verbundene Technologien, Firmen und Ideen zusammen. Zürich habe in diesem Bereich bereits heute eine Sonderstellung, sagte Vollenwyder. Ein Viertel aller Schweizer Informationstechnologie-Firmen sind im Kanton Zürich ansässig. Und ETH, Uni und Fachhochschulen geniessen international einen hervorragenden Ruf als Forschungsinstitute und Ausbilder.

Das will der Stadtrat ausnützen: Zürich soll in den nächsten vier Jahren zum Top-Standort für IT-Unternehmen werden. Gesundheitsvorsteherin Claudia Nielsen (SP) träumt von einem europäische Pendant zum Silicon Valley. Die Technologie müsse auch der Bevölkerung zugute kommen. Der Stadtrat will den sogenannten digitalen Graben überwinden. Menschen, welche die modernen Technologien nicht oder nur selten nutzen – ältere Personen, aber auch Mädchen – sollen ihre Berührungsängste abbauen und «Medienkompetenz» erlangen, damit sie aktiv am digitalen Leben teilnehmen können und wichtige Informationen erhalten.
Mein erstes Gefühl beim Lesen des entsprechenden Artikels im Tages Anzeigers war positiv. Selbst wenn es nur Marketing sein sollte: Immerhin.

Marketing-Effekt für die Stadt Zürich

Mit welcher Branche assoziiert man Basel? Mit der Chemie. Mit welcher Branche assoziiert man Zürich? Mit den Banken. Somit scheint mir die Sache mal für das Image der Stadt Zürich nicht schlecht zu sein, wenn man nicht nur als Bankenstandort, sondern als europäisches Silicon Valley wahrgenommen wird. Hier bietet sich die Google-Niederlassung und die Disney Research Labs in Zürich an (das einzige Disney Research Lab ausserhalb der USA) und mit Einschränkungen auch das IBM Forschungslabor in Rüschlikon. Daneben haben es aber auch zahlreiche Startups in die Medien geschafft (Doodle, Wuala, …), so dass sich marketingmässig Zürich durchaus als IT-Stadt verkaufen lässt.

Marketing-Effekt für die IT-Branche

Umgekehrt scheint mir auch die IT-Branche von einem solchen Label zu profitieren. Ein Problem der IT-Branche in der Schweiz (und anderswo) ist ja, dass sie zwar recht gross ist, jedoch von der Öffentlichkeit kaum als solche wahrgenommen wird. Die Banken verstehen sich z.B. als Finanzinstitute, obwohl heutiges Banking einen sehr grossen IT-Anteil hat. Somit ist es begrüssenswert, wenn die grösste Schweizer Stadt sich als IT-Stadt bezeichnen und diese Branche fördern bzw. unterstützen will.

Was kann die Stadt wirklich tun?

Es stellt sich nun aber die Frage, was denn die Stadt eigentlich speziell für die Branche tun kann. Vieles ist nicht städtisch, sondern kantonal oder auf Bundesebene geregelt oder lässt sich kaum durch Politik und Verwaltung regeln (wie z.B. die Studienfachwahl von Maturandinnen und Maturanden).

Doch an vielen Orten gibt es durchaus Spielraum: So ist zwar der Lehrplan für die Volksschule kantonal geregelt, die Frage der Ausstattung der Schulhäuser ist jedoch Sache der Gemeinde. Mit KITSforKids hat die Stadt Zürich schon vor einiger Zeit einen Austtattungsstandard gesetzt (über dessen Ausgestaltung man zwar diskutieren könnte, der aber andere Gemeinden übertrifft). Die Stadt Zürich hat Anfang Jahr die Hausordnung ihrer Schulhäuser angepasst und alle elektronischen Geräte auf dem Pausenplatz verboten. Somit gibt es durchaus Bereiche, wo die Stadt Zürich die Wahl hat, ob sie ein IT-freundliches oder ein IT-feindliches Klima schaffen will. Es gab ja auch mal (von SP-Seite) den Vorschlag, in der Stadt Zürich ein kostenloses WLAN zu schaffen (wie es die Stadt St. Gallen teilweise hat). Ich denke, dass sich hier durchaus etwas machen lässt, was die Stadt Zürich IT-freundlicher und für IT-Schaffende attraktiver werden lässt.

Zudem hat der Legislaturschwerpunkt eZürich schon nur den Vorteil, dass man den Stadtrat immer wieder wird an ihre hehre Absicht erinnern kann, wenn es um konkrete IT-Fragen geht.

Heute abend hat nun die Kick-Off-Veranstaltung stattgefunden, an der ich leider verhindert war und auf der Website http://www.ezuerich.ch/ können Vorschläge für konkrete Projekte abgegeben werden:

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Upps, wie war das mit dem IT-Standort Zürich?

Hmm, fast hätte ich es übersehen, aber mein Firefox-Plugin FlagFox hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass der Server von www.ezuerich.ch in Deutschland liegt:

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Hmm, wie war das mit der Förderung des IT-Standorts Zürich und der Förderung der Kreativwirtschaft (ein anderes Legislaturziel des Zürcher Stadtrates), wenn die Website von mindestens drei Berliner Firmen projektiert, gestaltet und umgesetzt worden ist:

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Da müssen den Worten noch echte Taten folgen...