Ach, diese Begrifflichkeiten
Manchmal habe ich das Gefühl, was denn Schülerinnen und Schüler in der Schule angesichts der der zunehmenden Verbreitung von Computern und Internet / der Informationsgesellschaft / des Leitmedienwechsels neu lernen müssen sei weniger umstritten, als die Begriffe, die man dafür verwenden soll. Was wird da nicht gestritten und debattiert, hinter Begriffen böse Absicht oder Machtansprüche vermutet und wie oft habe ich schon gehört, dass man jetzt endlich vernünftige und von allen akzeptierte Begriffe benötige…
Nachhaltig beeindruckt hat mich z.B. die Herbsttagung 2010 der Sektion Medienpädagogik der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft (DGfE), die unter dem Motto
Medienbildung im Spannungsfeld medienpädagogischer Leitbegriffe die Begriffe
Medienkompetenz (
Biblionetz:w00542),
Medienbildung (
Biblionetz:w01779),
Medienerziehung (
Biblionetz:w01504),
Medienpädagogik (
Biblionetz:w00453),
media literacy (Im Biblionetz ein Synonym der Medienkompetenz),
Mediendidaktik (
Biblionetz:w01503) auseinanderzuhalten und zu schärfen versucht hat. Ich musste erkennen, dass ich wohl kein Medienpädgoge bin (siehe
UnterMedienpaedagogen) und dass man noch so in der Buchdruckgesellschaft (
Biblionetz:w02212) steckt, dass man die einst online gestellten Beiträge wieder
depubliziert (
Biblionetz:w02258) hat, um daraus ein Buch zu machen (siehe
MedienbildungUndMedienkompetenzInDerBuchdruckgesellschaft).
Inhaltlich herrscht aus meiner Sicht derzeit weitgehend Einigkeit, dass sich drei Bereiche unterscheiden lassen, was Schülerinnen und Schüler können müssten:
- Schülerinnen und Schüler nutzen Informations- und Kommunikationstechnologien in allen Bereichen des Lebens effektiv und effizient
- Schülerinnen und Schüler produzieren digitale Inhalte und reflektieren die Nutzung, Bedeutung und Wirkung von (digitalen) Medien kritisch
- Schülerinnen und Schüler verstehen Grundkonzepte der Wissenschaft Informatik und nutzen sie zur Entwicklung von Lösungsstrategien in allen Lebensbereichen
Lässt man Begriffe für diese drei Beschreibungen weg, sind meist alle einverstanden,
dass es diese drei Bereiche gibt und dass das eine viable Aufteilung ist. Die Diskussionen beginnen oft erst, wenn man den drei Bereichen Namen gibt, z.B.
- Anwendungskompetenzen / ICT
- Medien(bildung)
- Informatik
Während diese drei Teilbereiche mehr als genug Namen haben, fehlt aus meiner Sicht derzeit ein konsensfähiger Begriff für die Gesamtheit dieser drei Bereiche zur Verwendung in bildungspolitischen Diskussionen. Bildungspolitik ist nicht Wissenschaft. Begriffe müssen kurz und auch für Aussenstehende verständlich sein.
- Informatische Bildung ist als Begriff nicht konsensfähig, weil Nichtinformatiker das Gefühl haben, die Informatik pachte alles.
- Medienbildung ist als Begriff nicht konsensfähig, weil Nichtmedienbildner das Gefühl haben, die Medienbildung pachte alles.
- ICT geht als Begriff nicht, weil (mindestens im Schweizerischen Kontext) schon zu lange verwendet worden ist, ohne die Informatik mitzudenken
Im
Positionspapier von ICTswitzerland (
Biblionetz:t15700) haben wir als Überbegriff
Digitale Kompetenzen verwendet (siehe
DigitaleKompetenzenBenoetigenMehrVerbindlichkeitImLehrplan21). Allen MitautorInnen des Positionspapier war klar, dass das kein gelungener, scharf definierter Begriff ist. Aber er wird von der Bildungspolitik verstanden (inbesondere, wenn man die drei Teilbereiche danach erklären kann).
Ähnlich muss aus meiner Sicht der Begriff
Digitale Bildung im aktuellen deutschen Koalitionsvertrag gelesen werden (
DigitaleBildungImNeuenDeutschenKoalitionsvertrag). Als ein unverbrauchter Slogan für ein Thema. Seien wir froh, dass das Thema drin ist, egal unter welchem Begriff.
Als Themen-Community sollten wir glaub einsehen, dass differenzierte Begrifflichkeiten höchstens uns selbst interessieren, nicht aber Aussenstehende. Somit sollten wir gegen aussen den Aufwand darauf verwenden, unsere Inhalte zu erklären, nicht unsere Begriffe.
(Jaja, mir ist schon klar, dass das eine mit dem anderen zusammenhängt…)
Es macht darum keinen Sinn, allzulange über Begriffe zu streiten. Wir müssen daür sorgen, dass die Begriffe mit Leben gefüllt werden! (sagt einer, der im Biblionetz seit 15 Jahren Begriffsdefinitionen sammelt…)
Kann ich gut verstehen. Ich hasse diese Begrifflichkeit. Ich habe immer den Verdacht, dass das Leute sind, die in ihrer Jugend versucht haben, Hegel zu lesen. Es gibt immer Leute, welche an der Definition und sprachlichen Formulierung mehr Freude haben als am konkreten Tun. Vielleicht braucht es die ja wirklich, aber selber sagt mir das gar nicht zu. Aristoteles hat damit angefangen!
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AlexSchroeder - 03 Dec 2013
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