22 September 2019 -
Version 1
Am Freitag habe ich am
hep Bildungsforum die These in den Raum gestellt, dass analoge Lehrmitteln primär den Inhalt, digitale Lehrmittel hingegen primär die Methode prägen würden:
Hier etwas ausführlicher, was ich damit meine:
Zu Zeiten des traditionellen gedruckten Schulbuchs war dieses die hauptsächliche Informationsquelle für Schülerinnen und Schüler. Es war für die Lehrperson nicht so einfach, zusätzliche oder alternative Quellen zur Verfügung zu stellen, wie dies heute dank des Internets möglich ist. Ergo: Das Schulbuch hat den Inhalt des Unterrichts so massgeblich geprägt, dass oft vom
Lehrmittel als heimlicher Lehrplan (
Biblionetz:a01113) gesprochen wurde.
Das gedruckte Schulbuch enthielt zwar auch eine didaktische Absicht und bietet entsprechende Hinweise und Aufgaben. Es ist für die Lehrperson jedoch vergleichsweise einfach, andere Aufgaben für Schülerinnen und Schüler zu formulieren. Somit spurt das gedruckte Lehrmittel zwar einen gewissen didaktischen Weg vor, es aber relativ einfach, davon abzuweichen.
In Zeiten des Internets ist das Lehrmittel eine Informationsquelle unter vielen. Wikipedia oder eine Google-Suche sind nur einen Klick entfernt. Lehrpersonen können vergleichsweise einfach, andere oder zusätzliche Quellen zur Verfügung stellen und sie können auch nicht verhindern, dass Schülerinnen und Schüler das auf eigene Faust tun. Somit prägt heute ein Lehrmittel den Inhalt des Unterrichts weniger stark als früher.
Werden jedoch digitale Lehrmittel verwendet, die nicht einfach Fotografien des gedruckten Schulbuchs sind, so enthalten sie Aufgaben, bei denen digitale Artefakte zu bearbeiten und/oder Ergebnisse in der Lernumgebung abgegeben werden müssen und evtl. automatisiert korrigiert werden. Je digitaler ein Lehrmittel, desto eher werden Lernprozesse digital unterstützt oder gar vorgegeben sowie protokolliert. Gewisse Lernumgebungen halten fest, wann welche Aufgaben gelöst worden sind und wie lange jemand daran gearbeitet hat. Manche Systeme geben auf Knopfdruck das richtige Ergebnis einer Aufgabe preis, andere nicht. Einige Systeme unterscheiden zwischen Lehrpersonen und Lernenden, andere geben Lehrpersonen keine besonderen Rechte.
Insgesamt ist in einem digitalen Lernsystem ein gewisses Bild des Lehrer-Schüler-Verhältnisses einprogrammiert und es kann für Lehrpersonen schwierig sein, sich dieser vorprogrammierten Sichtweise zu widersetzen und anders zu unterrichten. Deshalb meine These, dass digitale Lehrmittel die Methode stärker prägen als analoge Lehrmittel.
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22 September 2019 -
Version 1
Am Freitag habe ich am
hep Bildungsforum in Frankfurt über
Bildungsdaten (
Biblionetz:w03064)
gesprochen. U.a. bin ich darauf eingegangen, woher die Gefahr von Datenmissbrauch droht:
Immer wenn Daten anfallen, besteht die Gefahr von Datenmissbrauch. Meist wird dabei vor Hackern und den bösen internationalen Konzernen gewarnt. Ich sehe das anders. Meiner Ansicht nach geht die primäre Gefahrt von Datenmissbrauch von der Schule und ihrer näheren Umgebung aus: Der andere Lehrer, der Hausmeister, der im selben Dorf wohnende Mitarbeiter der betreuenden IT-Firma hat oft ein viel grösseres Interesse an Personendaten als ein anonymer Hacker oder die grossen Internetkonzerne. Es scheint mir deshalb problematisch zu sein, aus Datenschutzgründen keine Cloud im Internet, sondern einen eigenen Schulserver im Keller betreiben und administrieren zu wollen.
Im Zug zurück wurde ich auf den Artikel
Wirbel um neue Datenbank der Stadtzürcher Volksschule (
Biblionetz:t25448) aufmerksam gemacht, der meine These (leider) wunederbar stützt. Gemäss Artikel des Beobachters hat die Stadt Zürich eine Profildatenbank der Schülerinnen und Schüler angelegt, um ihrem Auftrag nachzukommen, optimal durchmischte Klassen zu erreichen. Die erhobenen Daten sind hochsensibel:
In den Schülerprofilen finden sich Kommentare wie
«K. ist Einzelkind», «T. hat einen sehr tiefen IQ» oder «Mutter von F. ist alleinerziehend».
Weniger sensibel scheint aber die Art und Weise des Umgangs mit den Daten zu sein:
Auch wie die Daten gesammelt werden, wirft Fragen auf. Entgegen der Darstellung des
Schuldepartements ist in der Datenbank nicht ersichtlich, wer die Einträge verfasst hat. Auch
ihre Qualität wird nicht überprüft. So ist es beispielsweise möglich, unerkannt nachträglich das
Datum zu ändern, Noten anzupassen oder Kommentare zu verändern oder sogar zu löschen.
Diese Datenbank ist leider ein gutes Beispiel, dass die Gefahr von Datenmissbrauch nicht (nur) von grossen Internetkonzernen und bösen Hackern droht, sondern primär aus der Schule und der näheren Umgebung selbst.
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23 June 2016 -
Version 3
Drahtloses Übertragen von Videobildern ist cool - wenn es denn funktioniert! Vor zwei Jahren hatte ich einige Lösungen
vorgestellt, bei denen ein Computer ein Apple TV simuliert und als Empfänger für AirPlay-Signale dient (Fall 1).
Ich nutze zu diesem Zweck seit einiger Zeit unter Windows das Programm
AirServer. Funktioniert bestens mit Airplay, funktioniert bei mir bisher nicht mit MiraCast. Kostet ca. 10 Euro/Franken/Dollar.
Nun habe ich vor kurzem den umgekehrten Weg ausprobiert: Den Windows-Bildschirm drahtlos an einen Apple-TV senden (Fall 2):
Ich verwende dazu die Software
AirParrot 2. Was ich dabei sehr cool finde: Ich kann nicht nur einen Bildschirm auswählen (ja, ich habe 3 externe Bildschirme angeschlossen…), sondern ich kann auch ein einzelnes Fenster auf das Apple-TV und damit den Beamer übertragen:
Das ist z.B. in Unterrichtssituationen sehr brauchbar, wenn ich nur ein Fenster, nicht aber meinen ganzen Bildschirm zeigen will. Ebenfalls cool ist, dass ich damit Filme auf dem Beamer ausgeben kann,
ohne dass sie auf dem internen Bildschirm angezeigt werden.
Airparrot2 kostet ca. 13 Franken/Euro/Dollar.
Beide Lösungen bedingen ein gemeinsames WLAN aller beteiligter Geräte.
--
WikiGuest - 27 Jul 2019
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22 April 2019 -
Version 3
Es ist keine Woche her, seit die Kolumne
Machen Sie den Bücher-Check publiziert worden ist, da lese ich in der Süddeutschen Zeitung den Gastkommentar von Sandra Richter, Leiterin des Deutschen Literaturarchivs Marbach. Unter dem Titel
Blättern und Wischen (
Biblionetz:t24185) schreibt sie:
Textdeutungen auf Knopfdruck können Computer bislang nicht liefern. Vielleicht
ist die Interpretation, das Gespräch zwischen Autor, Text und Leser, ja eine
spezifisch menschliche Gabe? Dem Computer sind Sinn und Bedeutung
gleichgültig. Sinnerfüllte und historisch informierte Textdeutungen lassen sich
ebenso wenig maschinell erzeugen wie zwischenmenschliche Erfahrungen und
ausgewogene Urteile. Algorithmen für Einordungsvermögen, ästhetischen Sinn
und textsensible Deutung sind nicht in Aussicht. Als Lehrer, Vorbild oder
Meisterinterpret taugt der PC nicht.
Ersetzen wir nun in diesem Abschnitt den Begriff
Computer durch den Begriff
Buch, so sieht der Abschnitt folgendermassen aus:
Textdeutungen auf Knopfdruck können Bücher bislang nicht liefern. Vielleicht ist die Interpretation, das Gespräch zwischen Autor, Text und Leser, ja eine spezifisch menschliche Gabe? Dem Buch sind Sinn und Bedeutung gleichgültig. Sinnerfüllte und historisch informierte Textdeutungen lassen sich ebenso wenig durch Druckerpressen erzeugen wie zwischenmenschliche Erfahrungen und ausgewogene Urteile. Algorithmen für Einordungsvermögen, ästhetischen Sinn und textsensible Deutung sind nicht in Aussicht. Als Lehrer, Vorbild oder Meisterinterpret taugt das Buch nicht.
Damit wird deutlich, dass im ursprünglichen Abschnitt etwas von Computern verlangt wird, was Bücher auch nicht können - der Vergleich ist somit sinnlos und ähnelt einem Strohmann-Argument. Allen ist klar, dass nicht das Medium (egal ob Buch oder Computer), Sinn und Bedeutung liefern, sondern Menschen, die darüber nachdenken und diskutieren.
Es ist echt bemühend, 2019 immer noch auf diesem Niveau diskutieren zu müssen...
Super! Bitte mehr davon!
--
WikiGuest - 23 Apr 2019
Ich bewundere deine Ausdauer. Aber du hast Recht: Es muss immer wieder am aktuellen Beispiel exerziert werden: Medien sind mehr als das Alltagsverständnis wahr haben will (mehr als bloss Mittel) und viel weniger als das
Alltagsverständnis wahrhaben will (keine Zaubermittel).
--
WikiGuest - 22 May 2019
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21 April 2019 -
Version 1
Die ewigen Schwarz-weiss-Diskussionen zur Digitalisierung in der Bildung sind sowas von ermüdend. Meine ewigen Aufrufe zu differenzierteren Auseinandersetzungen vermutlich auch:
Der Schweizer Medienpädagoge Heinz Moser schrieb in seinem Buch «Der Computer vor der Schultür» im Jahr 1986:
«Anpassung oder Widerstand, das ist heute eine überholte und verfehlte Frage. Weigern sich Lehrer, Eltern oder Schulbehörden, sich mit diesen Problemen auseinanderzusetzen, dann geben sie lediglich ihr Mitspracherecht sang- und klanglos preis. Denn die Computer sind schon da, mitten in unserer Gesellschaft nur manche haben dies noch nicht gemerkt.»
Heute, 33 Jahre später, dürften dies alle gemerkt haben. Die Digitalisierung hat längst alle Bereiche unseres Lebens durchdrungen und verändert, sowohl Berufs- und Privatleben als auch politische und gesellschaftliche Kontexte. Es ist deshalb wichtig und richtig, dass auch verstärkt über die Digitalisierung in allen Bereichen unseres Lebens kontrovers diskutiert wird. Gerade weil sich vieles ändert,
müssen wir uns als Gesellschaft streiten, in welche Richtung sich die Informationsgesellschaft bewegen soll welche Entwicklungen wir uns wünschen und welche wir lieber verhindern möchten.
Sorge bereitet mir hingegen, dass auch über dreissig Jahre nach Mosers Worten oft immer noch schwarz-weiss argumentiert wird: Wald oder Web? Buch oder Bildschirm? Tinte oder Tastatur? Diese scheinbaren Gegensätze beschreiben jedoch unsere Realität immer weniger. Schreiben von Hand und Computer schliessen sich längst nicht mehr aus, weil immer mehr Geräte das handschriftliche Notieren mit Stift ermöglichen. Bücher lassen sich nicht nur auf Papier, sondern auch auf Tablets und E-Reader lesen. Und eine Schulklasse kann sehr wohl am Vormittag den Wald besuchen und am Nachmittag den Fuchs, den sie im Wald nicht getroffen hat, im Web bewundern.
Bald vierzig Jahre nach dem Einzug der ersten Computer in Schweizer Schulen und Privathaushalte hat sich das Digitale ähnlich stark mit unserem Alltag verwoben wie etwa die Schrift. Ein Leben ohne ist zwar noch knapp vorstellbar, aber doch eher alltagsfern. Niemand würde bei der Schrift behaupten, sie sei an sich gut oder böse. Niemand würde vor zu viel Schrift warnen oder einen schriftfreien Tag pro Woche einfordern denn selbst beim Wandern in der Natur ist es nicht schlecht, den Wegweiser lesen zu können.
Genauso sollten wir beim Digitalen einsehen, dass es nicht um ein simples «Mehr!» oder «Weniger!» gehen kann. Wir müssen genauer hinschauen. «Jetzt sitzt er oder sie schon wieder vor dem Bildschirm!», kann vieles heissen. Liest er ein Buch? Schaut sie fern?
Macht er Hausaufgaben? Spielt sie ein Computerspiel? Kommuniziert er mit Kollegen?
Wenn uns jemand erzählt, im Silicon Valley würden immer mehr Eltern ihre Kinder in Waldorf-Schulen schicken, müssen wir uns fragen,
woran das liegt: Wollen die Computerfachleute ihre Kinder möglichst lange vor dem Digitalen bewahren oder können sich Gutverdienende schlicht eher Privatschulen mit besserer Betreuung leisten?
Auch die Geschichten von Apple-Gründer Steve Jobs und Microsoft-Gründer Bill Gates, die ihre Kinder angeblich vor digitalen Medien ferngehalten haben, klingen erst einmal überzeugend: «Die beiden wussten um die problematischen Aspekte dieser Geräte vielleicht sollten wir das mit unseren Kindern ähnlich handhaben!» Ruft man sich aber in Erinnerung, dass die zwei ihr Studium abgebrochen haben, wünscht man sich vielleicht doch andere Vorbilder für Sohn und Tochter.
Deshalb: Seien Sie kritisch! Einerseits: Digital ist nicht automatisch besser. Andererseits: Trifft die Kritik wirklich nur auf das Digitale zu? Machen Sie den Bücher-Check, wenn Ihnen wieder mal ein Argument gegen die Digitalisierung begegnet! Ersetzen Sie im Argument den Begriff «Computer » durch «Bücher» und fragen Sie sich: Ist das mit Büchern nicht ähnlich? Macht ständiges Lesen wirklich weniger einsam und dick als Computer und Internet? Geben Bücher nicht genauso nur eine medial vermittelte Wirklichkeit wieder, wie dies Computern und Internet vorgeworfen wird? Ich freue mich auf künftige Diskussionen mit mehr Farben als bloss Schwarz und Weiss!
Quelle: Bote der Urschweiz, 18.04.2019 (
Biblionetz:t24000)
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