SFIB empfiehlt Lernstick als Alternative zu Microsoft-Produkten
Kürzlich hat die
Schweizerische Fachstelle für Informationstechnologien im Bildungswesen (SFIB) eine Empfehlung veröffentlicht, die vermutlich noch für einige Diskussionen sorgen dürfte.
Unter dem Titel
Empfehlung in Sachen Microsoft School Agreement und Live@edu schreibt die SFIB:
Die Schweizerische Fachstelle für Informationstechnologien im Bildungswesen, educa.SFIB, kommt nach eingehender Prüfung zum Schluss, dass das neu ausgestaltete Microsoft School Agreement wegen seiner Verknüpfung mit dem Microsoft Live@edu Angebot für die Schulen gravierende Nachteile mit sich bringt.
Aus diesem Grund empfiehlt educa.SFIB allen Entscheidungstragenden in IT- und ICT-Fragen an Schulen, auf den Erwerb oder die Erneuerung von Lizenzen für Produkte von Microsoft im Rahmen eines School Agreements zu verzichten und schrittweise auf schlanke IT-Infrastrukturen und freie Software zu setzen. Dazu bauen educa.SFIB und educa.ch ein geeignetes Unterstützungsangebot auf.
Details und Begründungen für diese Empfehlungen sind in zahlreichen Dokumenten nachlesbar, die
als ZIP-File verfügbar sind.
Grund für diese doch einiges an Zündstoff bietenden Empfehlung ist das Scheitern von Neuverhandlungen bezüglich einer Rahmenvereinbarung für Microsoft School Agreement Pakete ab 2010. Microsofts Preismodell für Schweizer Schulen sieht ab Juli 2010 eine Preisreduktion (ca 15%) vor, wenn sich die entsprechende Schule verpflichtet, das Microsoft
Live@edu-Paket zu nutzen und in Zuge dessen alle Schülerinnen und Schüler der Schule auf dieser Plattform anmeldet.
Die SFIB schätzt Live@edu als wenig schultauglich ein, befürchtet eine zunehmende Abhängigkeit der Schulen von der Firma Microsoft, sieht Zusatzaufwand für Schulen zur Administration von Live@edu und kritisiert sowohl Nutzungsbedingungen als auch die zu unterzeichnende Vertraulichkeitserklärung zur Nutzung der Live@edu-Plattform.
Was die SFIB so nicht schreibt, aber aufgrund der Schweizer Verhältnisse offensichtlich ist: Mit
Live@edu bietet Microsoft den Schweizer Schulen kostenlos eine Plattform an, die als Konkurrenz zum in der Schweiz weit verbreiteten
educanet2.ch wahrgenommen werden könnte. So bietet
Live@edu beispielsweise wie
educanet2 jedem User eine persönliche E-Mail-Adresse.
Microsoft stellt die Situation selbstverständlich anders dar und verneint insbesondere auch, educanet2 zu konkurrenzieren zu wollen.
Die SFIB empfiehlt kurzfristig den Erwerb von Kauf- statt Mietlizenzen und mittelfristig den Umstieg auf Open Source Software. Im Zentrum steht dabei der
Lernstick:
educa.SFIB und educa.ch bauen ein geeignetes Unterstützungsangebot auf für Schulen, die von proprietärer zu freier Software zu wechseln beabsichtigen. Es soll Schulen mittelfristig auf einfachen Weg möglich sein, ganz auf die Verwendung von proprietärer Software zu verzichten.
Im Zentrum steht dabei der Lernstick, der von der Beratungsstelle für digitale Medien in Schule und Unterricht, imedias, des Instituts für Weiterbildung der PH Nordwestschweiz entwickelt wurde:
http://www.lernstick.educa.ch
Hmm, einen USB-Stick mit Betriebssystem, Programmen und persönlichen Daten als "eigenen Computer" zu bezeichnen, finde ich irreführend, denn ein USB-Stick ist kein Computer, sondern nur ein Datenträger. Solange die Lernenden nur einen eigenen Stick, nicht aber einen eigenen Netbook besitzen, kann man meiner Meinung nicht von One-to-One-Computing sprechen, wie das hier suggeriert wird.
Die Website
http://www.lernstick.educa.ch macht derzeit noch sehr den Eindruck eines Wild-West-Dorfes, das nur aus einer rasch hingestellten schönen Fassade besteht: Seit September 2009 scheint man Projektklassen zu suchen. Ob dies von Erfolg gekrönt war und wie die ersten Erfahrungen aussehen, erfährt man auf der Website nicht. Mir scheint es etwas gewagt, den Lernstick öffentlich als Alternative zu Microsoft zu propagieren und auf den Herbst 2010 die nationale Lancierung anzukünden, aber eigentlich noch wenig sichtbare Vorarbeit geleistet zu haben.
Es besteht hier meines Erachtens die Gefahr, dass für einmal nicht ein kommerzieller Anbieter den Schulen die ultimative Lösung für ihre Schul-ICT-Infrastrukturprobleme verspricht, sondern eine Schweizerische ICT-Fachstelle. Doch auch diese Lösung muss erst den Praxistest bestehen.
Es verspricht ein spannendes Jahr zu werden in Bezug auf Schul-ICT-Infrastruktur in der Schweiz.
P.S.: Die Parlamentarische Gruppe "Digitale Nachhaltigkeit" macht in einer
Medienmitteilung aus der Empfehlung der SFIB bereits einen Fakt, indem sie etwas vereinfacht titelt:
"Schweizer Schulen wenden sich ab von Microsoft und wollen auf Open Source Software setzen". Auch hier bleibt abzuwarten, ob die Schulen der Empfehlung der SFIB folgen oder nicht…
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