In letzter Zeit bin ich mehrfach dem Begriff
computergestütztes Denken als Übersetzungen des Konzepts
computational thinking (
Biblionetz:w02206) begegnet. Während schon der englische Begriff sehr unterschiedlich ausgelegt und verstanden werden kann, ist die deutsche Übersetzung als
computersgestütztes Denken ihreführend und aus meiner Sicht gar gefährlich für das eigentlich dahinter stehende Anliegen.
Computational Thinking ist ein sehr alter Begriff, der 2006 von
Jeannette Wing (
Biblionetz:p09720) mit einem
Artikel in den Communications of the ACM 
(
Biblionetz:t12130) popularisiert worden ist. Trotz der sehr unterschiedlichen (bzw. vor allem unterschiedlich breit gefassten) Definitionen des Begriffs lassen sich die meisten zusammenfassen auf die Kurzformel
Denken wie Informatiker:innen
Ein paar Definitionen von computational thinking (Quelle Biblionetz:w02206)
In meiner Vorstellung ist es ein zweischrittiger Prozess:
Erst Denken, dann Automatisieren:
Etwas differenzier formuliert:
Über Probleme nachdenken im Bewusstsein, dass es Computer gibt um danach Probleme mit oder eben auch ohne Computerhilfe zu nutzen:
Für mich klingt
computergestütztes Denken eher nach
Auslagern des Denkprozesses an Computer (cognitive offloading / GMLS als Abkürzung (
Biblionetz:w03717)), was angesichts von aktuellen generativen Machine-Learning-Systemen versucht wird, aber genau nicht dem entspricht, was computational thinking ausdrücken will. Ich befürchte, dass Menschen ausserhalb der Informatikdidaktik- und Digitalitätsbubble unter dem Begriff
computergestütztem Denken eher eine Gefahr, als eine erstrebenswerte Kompetenz verstehen. Das kann nicht im Sinne der Promotor:innen von computational thinking sein.
Ich plädiere deshalb dafür, entweder den englischen Begriff
computational thinking auch im Deutschen zu verwenden oder aber von
informatischem Denken zu sprechen.
P.S.: Natürlich hat mit generativen Machine-Learning-Systemen (GMLS) das Denken und Arbeiten mit GMLS als Sparring-Partner an Bedeutung zugenommen, so dass es tatsächlich so etwas geben könnte wie computergestütztes Denken. Das ist aber etwas anderes als computational thinking.