Google Plus und die Bildung
Seit drei Wochen nun gibt es den neuen social networking Dienst
Google+ (
Biblionetz:w02262). Zeit also, meine ersten Gedanken in Bezug auf
Google+ und die Bildung zu ordnen bzw. zu explizieren.
- Google+ wird die Bildung nicht revolutionieren. Nein, selbstverständlich wird kein einzelnes Produkt, egal ob iPad oder Google+ die Bildung revolutionieren. Wir können also sämtlichen Hoffnungen, Befürchtungen und Heilsversprechungen gleich wieder begraben.
Nüchterner betrachtet stellt sich aber doch die Frage, wie solche Produkte auf die Bildungslandschaft wirken. Entweder direkt als Werkzeug und/oder Medium oder indirekt, indem sie gewissen Menschen neue Ideen und Perspektiven geben, gewissermassen die Augen öffnen für abstrakt bereits seit längerem verfügbare Konzepte (Was habe ich vor der Markteinführung des iPads vergeblich von den Vorzügen von Tablet-PCs zu erzählen versucht, seit das iPad da ist, ist den meisten auch das Potenzial von Tablet-PCs einsichtig).
- Google+ ist ein weiteres Beispiel dafür, wie vielleicht zukünftig knowledge worker kommunizieren und arbeiten werden. Daraus ergibt sich die Frage: Wie muss Bildung aussehen, wenn Google+-Kompetenz gefragt ist. (Ja, diese Frage stellte sich bereits bei der Facebook-Kompetenz, Wiki-Kompetenz etc. Es geht ja eben nicht um Google+, sondern um eine digitale, massiv vernetzte, dynamische Kommunikations- und Arbeitskultur.)
- Google+ ist die Begründung dafür, warum das Wort Facebook (Biblionetz:w02039) nicht in Lehrpläne gehört. Google+ zeigt, dass Facebook-Kompetenz viel zu kurz greift. Gestern Facebook, heute Google+ morgen … Auch diese Überlegung ist nicht neu. Aber vor Google+ wollte einem (fast) niemand glauben, dass nach Facebook noch etwas kommen könnte… (Problem: Wenn man Begriffe wie Word und Facebook beim Lehrplanschreiben vermeidet und stattdessen von Textverarbeitung und sozialen Netzen schreibt, dann versteht's die Hälfte der Bildungspolitiker nicht…)
- Google+ illustriert wie schwierig es wäre, ein (kommerzielles) Lehrmittel zu Medienbildung zu machen. Damit traditionelle Lehrmittel sich lohnen, müssen sie eine gewisse Lebensdauer haben. Wie kann man im Bereich digitale Medien derzeit ein Lehrmittel erstellen, wenn die Produkte sich so rasch ändern, man aber Produkte zeigen muss, damit die Lernenden (und Lehrenden!) begreifen, worum es geht?
- Google+ illustriert, wie schwierig sinnvolle ICT-Zertifikate sind. Problem 1: Wie operationalisiere ich Google+-Kompetenz so, dass sie automatisiert testbar wird? Problem 2: Wie finanziere ich die dauernd notwendigen Aktualisierungen dieser Operationalisierungen aufgrund des Wandels von Google+?
- Google+ illustriert ein weiteres Mal, dass Medienkompetenz wichtig ist. (egal ob man den Begriff liebt oder nicht). Datenschutz, Datensparsamkeit, Netiquette+, etc.
- Google+ illustriert, dass man heute informatische Bildung benötigt, um Dienste wie Google+ wirklich begreifen zu können. Die von Twitter, Facebook, Google+ und Konsorten errichteten Datenstrukturen werden immer komplexer. Es braucht Begrifflichkeiten und Übung, um solche Datenstrukturen begreifen und analysieren ("kritisch hinterfragen" in Medienpädagogik-speak) zu können. Beispiele gefällig: Noch einfach ist es zu erklären, dass Freundschaften in Facebook gegenseitig sein müssen, in Google+ das Einkreisen hingegen ohne Gegenseitigkeit funktioniert. Schwieriger wird es aber, wenn ich erklären muss, was passiert, wenn ich eine Mitteilung mit Kommentaren von jemanden erneut teile. Wer bekommt jetzt was mit? Kopie oder Referenz? (Diese Frage stellte mir Myke Naef) Und schon sind wir bei Grundkonzepten der Informatik.
Die Diskussionen um
Google+ gefährdet...
- … Facebook
- … Twitter
- … die traditionellen Learning Management Systeme (LMS)
- … den face-to-face-Kontakt
- … RSS (sprich offene Standards und durchlässigen Informationsfluss)
- …
verschiebe ich auf ein andermal.
So, nachdem das mal geschrieben ist, kann ich weiterdenken
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