06 June 2014 -
Version 1
One-to-One-Computing (
Biblionetz:w02173) beschreibt die Situation in höheren Schulstufen eigentlich bereits nicht mehr korrekt. Wenn die Schule das Mitbringen von persönlichen Geräten erlaubt, nehmen Studierende und SchülerInnen der Sekundarstufe II meist mehr als ein einziges Gerät mit. Neben dem Smartphone ist oft noch das Notebook oder das Tablet oder gar beides in der Mappe. Hochschulen rechnen bereits heute mit ca. 2.5 benötigten IP-Adressen pro StudentIn (und beklagen mangelnde IPV4-Adressen, wenn die Studierendengeräte "echte" IP-Adressen erhalten sollten).
Damit ist der Begriff
One-to-One-Computing ja eigentlich veraltet. Ich verwende ihn aber weiterhin. Alle bisher gehörten Vorschläge für einen moderneren Begriff wie Many-to-One-Computing,
Personal Learning Environment etc. sind mir zu schwammig und bringen den Paradigmenwechsel einer 1:1-Ausstattung aus meiner Sicht zu wenig prägnant auf den Punkt.
Für mich ist eine 1:1-Ausstattung ein Wendepunkt, ein singularity point. Bei einer 1:1-Ausstattung kippt die Situation, ab dann sind digitale Geräte verfügbar und wir können uns um inhaltliche und didaktische Fragen kümmern, statt logistische Herausforderungen zu lösen. So wie die Veränderungen von einer 1:6 zu einer 1:4-Ausstattung eher gradueller Natur sind (und mich bildungspolitisch seit längerem nicht mehr interessieren, obwohl es im Schulzimmer natürlich einen Unterschied macht), so sind es auch nur graduelle Unterschiede, ob Lernende 1.0, 1.5 oder 2.5 digitale Geräte zur Verfügung haben.
Das war schon früher so: Der Wendepunkt war, als alle Schülerinnen und Schüler
einen Stift zum Schreiben hatten. Wie viele Farbstifte heute zur Verfügung stehen, ist irrelevant.
One-to-One-Computing ist für mich die technokratische Metapher für die Aussage
"Liebe Schule, digitales Lernen und Arbeiten ist alltäglich."
One-to-One-Computing ist darum eine relevante bildungspolitische Forderung. Alles darüber hinaus sind dann wieder Detaildiskussionen, die von SpezialistInnen geführt werden sollen.
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22 August 2013 -
Version 2
Die Diskussion Der Hype um
Bring Your Own Device (BYOD) (
Biblionetz:w02286) in der Schule nimmt zu. Es gibt immer mehr entsprechende Schulprojekte und selbst der Präsident des Schweizerischen Lehrerverbandes,
Beat Zemp (
Biblionetz:p01625) schlägt BYOD in der Sonntagspresse als Methode zur Umsetzung des
Lehrplans 21 (
Biblionetz:w02172) vor (siehe
Biblionetz:t15505).
Doch wenn man genauer hinschaut, muss man nachfragen:
"Welches BYOD denn?" BYOD ist nämlich, wie fast alle Begriffe, nicht wirklich scharf definiert, was man insbesondere merkt, wenn man das Verhältnis von BYOD zu einer
1:1-Ausstattung (
Biblionetz:w02173) zu definieren versucht. Ich habe das für mich mal gemacht und bin zu folgender Darstellung gekommen:
1:1-computing beschreibt das Ausstattungsverhältnis von Lernenden zu digitalen Geräten, während
BYOD die Herkunft der Geräte beschreibt. Aus meiner Sicht lassen sich somit drei Arten von BYOD-Projekten unterscheiden:
Bezeichnung |
Beschreibung |
---|
"Freiwilliges, reines BYOD" |
Es wird ausschliesslich mit denjenigen Geräten gearbeitet, welche die Lernenden freiwillig mitbringen, d.h. es ergibt sich nicht zwingend eine 1:1-Ausstattung. |
"BYOD mit Schulergänzung" |
Lernende bringen freiwillig eigene Geräte mit, die Schule stellt für die anderen Lernenden Geräte zur Verfügung, um eine 1:1-Ausstattung zu erreichen. |
"Obligatorisches BYOD" |
Die Lernenden werden verpflichtet, ein eigenes Gerät mitzubringen. |
Diese drei Arten von BYOD haben sowohl finanzielle, technisch-organisatorische als auch pädagogische und didaktische Implikationen. Es wäre somit aus meiner Hinsicht hilfreich, wenn in Diskussion zu BYOD jeweils erwähnt würde, welche Art von BYOD gemeint ist.
Detailliertere Darstellung (Juni 2014)
Die Realität ist ja immer komplizierter als die schönen Grafiken. Hier deshalb eine detaillierte Darstellung, die den Homogenitätsgrad der Ausstattung berücksichtigt:
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23 September 2013 -
Version 6
In meinen Vortrag
Ohne Geräte keine Apps - Bringt BYOD endlich den Durchbruch bei 1:1-Ausstattungen? an unserer diesjährigen Fachtagung
Apps und Games habe ich vier Argumente für BYOD gebracht:
Im Gespräch danach wurde ich gefragt, ob das mit ökologisch wirklich ernst gemeint sei, ob BYOD (
Biblionetz:w02286) nicht einfach ein Trick für Schulen sei, den Eltern die ökologische Verantwortung für den Kauf von Computern in die Schuhe zu schieben. Ob das ökologische Argument gerechtfertig sei, habe ich mir schon länger überlegt, aber bisher noch nie unter diesem Blickwinkel.
Wie vermutlich immer bei solchen Fragen gibt es aus meiner Sicht keine absolute Antwort, sondern nur relative. Meine aktuelle Begründung, warum BYOD ökologisch sei (
Biblionetz:a01171), läuft folgendermassen:
Wenn immer mehr Kinder immer früher privat mindestens ein digitales Gerät besitzen, welches sich sinnvoll in der Schule nutzen liesse, dann ist es doch besser, wenn dieses Gerät auch in der Schule eingesetzt wird, statt dass die Schule nochmals Geräte mit viel grauer Energie drin beschaffen, während die privaten Geräte zuhause unbenutzt herumliegen. Im Extremfall lässt sich der Hardwareverbrauch halbieren (private Geräte werden auch schulisch genutzt statt in der Schule nochmals eine Vollausstattung anzustreben).
Selbstverständlich geht auch diese Argumentation von gewissen impliziten Annahmen aus:
- Die private Hardwareausstattung von Kindern und Jugendlichen wird weiter zunehmen. Dies ist ein nicht veränderbare gesellschaftliche Entwicklung.
- Eine 1:1-Ausstattung mit Geräten in der Schule ist wünschenswert.
Es liesse sich auch anders argumentieren: Der ökologische Fussabdruck solcher Geräte ist so gross, dass die Schule auf Vollausstattungen verzichten und im Gegenteil sogar darauf hinwirken sollte, dass Kinder und Jugendliche zuhause nicht zu viele dieser Geräte erhalten. Immerhin gibt es in meiner Sammlung von
Argumenten gegen 1:1-Ausstattungen 4 Umweltarugmente:
Ich neige jedoch auch in der ökologischen Dimension wie bei der
Strahlenbelastungsfrage (
Biblionetz:a00882) und der
Datenschutzdebatte (
Das schulische Cloud-Dilemma) zu einer pragmatischen Haltung: Würde man alle Bedenken zu Ende denken, dürfte man keinerlei digitalen Geräte in der Schule (und eigentlich auch im Privaten) mehr benutzen. Eine solche Haltung scheint mir aber für die Schule lebens- und gesellschaftsfremd. Die Schule soll bis zu einem gewissen Grad die gesellschaftliche Entwicklung aufnehmen und daraus das Beste machen.
(Und ich hab mal naiv gemeint, einen Bogen um
Green-IT (
Biblionetz:w02419) machen zu können

)
Ich habe jetzt unter dem Titel was anderes erwartet, nämlich ob BYOD zu den übrigen Schulkomponenten passt, ob es sich passgenau in das Gesamt-Schulsetting einbetten lässt (wäre IMHO durchaus eine spannende Frage). Vielleicht wäre in deiner Übersicht der Begriff "ressourcenschonend" oder "umweltfreundlich" geeigneter?
--
NandoStoecklin - 23 Sep 2013
Lieber Beat
Danke für deine Gedanken auf meine/unsere Reaktion in Twitter an der Tagung vom Samstag. Hm, tönt plausibel: Die Schüler sollen ihre Geräte zur Schule bringen, wenn sie diese eh schon gekauft haben. Und damit heizen wir wohl den Wettlauf unter den Schülern an: Wer hat den schelleren Tablet-PC, wer den grösseren Speicher, schon mit iOS7? Oha, geht nicht mehr, also ein neues Taplet usw. Ich denke, das Argument «ökologisch» sollten wir besser nicht aufbringen, da kann man nur verlieren
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JuergFraefel - 23 Sep 2013
Lieber Beat, Lieber
JuergFraefel
Das mit dem "Wettrüsten" auf dem Pausenhof findet ja jetzt schon mit den Smartphones statt und stimmt mit meinen Beobachtungen überein.
Ein anderes Argument für die Ökologie: Konsequentes BYOD fängt mit der virtualisierung des Clients und seiner Applikationen an. Die benötigte Leistung für BYOD findet dadurch im RZ statt und kann dort ökologischer bereit gestellt werden. D. h. auch auf der anderen Seite es braucht nicht das neueste Gerät und das begreifen auch die Schüler und Eltern wenn Sie dadurch keinen Nachteil erfahren. Längere Nutzungdauer des Clients ist gewährleistet und das ist logisch ökologisch.
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NiklausLang - 23 Sep 2013
Das Argument von
NiklausLang spricht ja für Chromebooks - die wird sich aber kaum ein Schüler wirklich als einziges Endgerät kaufen wollen, oder?
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TorstenOtto - 24 Sep 2013
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08 November 2013 -
Version 6
Update: Angabe des Icon-Sets korrigiert.
Vor anderthalb Jahren habe in einem Vortrag angefangen, Begriffe auf Icons zu reduzieren.
Wie immer ist Reduktion mit einer Vereinfachung verbunden, die Details weglässt, aber auch auf das Wesentliche fokussiert. Dieser "Icon-Vortrag" ist auf grosse Resonanz gestossen und ich musste meinen bisherigen Vorsatz brechen, einen Vortrag nur einmal zu halten.
Diese Icons helfen aber auch mir beim Nachdenken über Zusammenhänge. Ich habe mir deshalb zum Weiterdenken einerseits weitere passende Icons gesucht (und mit dem
Coquette Icon Set auch gefunden und eine kommerzielle Lizenz gekauft) und andererseits das Biblionetz so erweitert, dass es Begriffs-Icons in Bibliomaps auch darstellt. Das sieht dann z.B. beim Begriff
Arbeitslosigkeit (
Biblionetz:w01676) so aus:
Ja, ich bin kein Grafiker und perfekt ist anders. Aber mir hilft es.
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HermannLichtsteiner - 18 Nov 2013
Beat, du wandelst auf Einsteins spuren:
"Wenn ich es nicht visualisieren kann, kann ich es nicht verstehen." (Albert Einstein)
du bist also auf dem richtigen Weg!
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HermannLichtsteiner - 18 Nov 2013
Erinnert mich an Isotype.
http://en.wikipedia.org/wiki/Isotype_(picture_language)
http://www.gerdarntz.org/isotype
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AlexSchroeder - 23 Nov 2013
Es ist kein Zufall, dass ISOTYPE auch im Biblionetz vorkommt
Biblionetz:w02117
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BeatDoebeli - 25 Nov 2013
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09 May 2014 -
Version 3
Ich bin kein Freund von
Classroom Response Systems (
Biblionetz:w02112), mindestens nicht in Schulklassen und vor allem nicht, wenn dafür in der Vergangenheit spezielle Geräte angeschafft worden sind.
In
1:1-Settings (
Biblionetz:w02173) müssen wenigstens keine speziellen Geräte mehr beschafft werden, es reicht eine App oder ein Webdienst. Didaktisch macht dies aber keinen Unterschied.
Kürzlich bin ich jedoch über eine App für iOS und Android gestolpert, die mich bezüglich
Classroom Response Systems schmunzeln liess. Bei
Plickers erhalten als Schülerinnen und Schüler eine A5-Karte mit einem
2D-Barcode (
Biblionetz:w02048) drauf. Die vier Kanten sind mit A, B, C und D beschriftet. Bei einer Abstimmung halten die Schülerinnen und Schüler die Karte nun so in die Luft, dass der Antwortbuchstabe oben steht. Die Lehrperson filmt die Klasse mit ihrem Tablet oder Smartphone und die Plickers-App erkennt die Barcodes und erstellt gleich eine Auswertung.
Und weil meine Erklärung komplizierter als nötig war, hier ein kleines Video (allerdings nicht mit der App, sondern einer Windows-App):
Ich finde low-tech cool, und Papierinterfaces sowieso. Grund genug, wieder mal auf das Projekt
Dual-T - Touching Abstraction des Teams rund um
Pierre Dillenbourg hinzuweisen. Logistik-Lehrlinge lernen Lagerbewirtschaftung mit Kartonmodellen, die mittels Beamer und Kameras animiert werden:
Ich geb's ja zu: Ist wieder mal ein
technology driven approach: Wir haben da ne coole App, gibt's dafür auch eine sinnvolle didaktische Anwendung? Aber cool ist's trotzdem. Ausprobieren unter
http://www.plickers.com
Das ist in der Tat eine witzige Alternative zu den nicht unbestrittenen Classroom Respond Systems, wie ich sie seit zwei Wochen mittels der App "kahoot" einige Mal im Klassenzimmer getestet habe. Die App "kahoot" werde ich auch zukünftig gelegentlich einsetzen, obwohl deren pädagogischer Wert wohl nicht wirklich nachgewiesen werden könnte. Die Schüler/innen lieben diese Art von Rückblick zu einem erlernten Thema (z.B. französisch Uhrzeiten) jedoch heiss.... Nun ja, wenn sie anynom (mit Nickname) mitmachen können und so kein Kind blossgestellt wird, kann ich es ab und zu verantworten, auch mal was im Unterricht zu tun, was vielleicht nicht unbedingt einen pädagogischen Mehrwert bringt

Natürlich aber möchte ich dieses wohl irgend einer Fernsehshow nachempfundene Quiz - System von "Abfragen unter Zeitstress" nicht zu oft einsetzen
--
UrsZuberbuehler - 09 May 2014
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