The CSCL Alpine Rendez-Vous

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Hinter mir liegen drei spannende Tage in in mehrfacher Hinsicht spannender Umgebung:

The Alpine CSCL Rendez-vous 2007, January 21-26th, is an initiative of the Kaleidocope CSCL SIG to launch a sustainable series of scientific meetings. The Rendez-vous is not a conference, but a set of autonomous events organized at the same place at the same time: the rendez-vous of our community.

Die Wahl des Workshops fiel mir schwer, da einige sehr interessant klingen. Um unsere Überlegungen zu einer Visualisierung von didaktischen Scripts (siehe DPM) zu vertiefen, werden Michele Notari und ich am Workshop Computer-supported collaboration scripts teilnehmen, der sich mit collaboration scripts (Biblionetz:w01849) bei computerunterstützter Gruppenarbeit (Biblionetz:w00877) beschäftigt.

Als Vorbereitung versuchte ich Zeit für die Lektüre des Buches Scripting Computer-Supported Collaborative Learning (Biblionetz:b02839) zu finden, was mir aber nur ungenügend gelang. Zahlreiche Präsentationen präsentierten aber praktisch 1:1 den Inhalt eines entsprechenden Buchkapitels. Ein Vorgehen, das mich bisher immer geärgert hat. Diesmal war ich aber mangels Vorbereitungszeit erleichtert, denn so hat sich die mangelnde Vorbereitung nicht gerächt. Ob dies eine Alterserscheinung, bzw. eine Zeitnoterscheinung ist?

Sonntag

Carolyn Penstein Rosé der CMU präsentierte ihre Versuche, synchrone computervermittelte Diskussionen durch sprachverstehende Agenten zu unterstützen, die im richtigen Moment Fragen stellen oder Hinweise geben. Sie ging dabei leider nicht in die Details, was genau denn ihre Agenten bereits verstehen (sollen). Die bisher implementierte Version reagiert anscheinend "nur" auf neue Themen in der Chat-Kommunikation und stellt dann Fragen zu diesen Themen. Das in Aussicht gestellte Verständnis der Kommunikation zwischen den Lernenden schien mir sehr optimistisch, aber ich bin zugegebenermassen nicht auf dem Laufenden im Bereich der semantischen Sprachanalyse.

Montag

Armin Weinberger (Biblionetz:p02969) präsentierte eine empirische Studie, die untersucht, welche Auswirkungen das Strukturieren einer Diskussion mit Toulmin's argument model hat (Biblionetz:t06212).

Lars Kobbe präsentierte im zweiten Vortrag ein Modell zur Spezifikation von collaboration scripts. Diese Arbeit geht in die gleiche Richtung, aber einiges weiter als unsere Arbeit an DPM. Spannende Fragen, was verbal und was visuell repräsentiert werden soll (Beispiel: Each student lässt sich sehr einfach verbal darstellen, aber nur schwer visuell). Bisher im Biblionetz zu diesem Thema: Biblionetz:t06219

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Ingo Kollar präsentierte eine empirische Untersuchung, wie sich die Vorgabe von stark strukturierten Skripts auf die Leistung von Schülerinnen und Schülern auswirkt. Insbesondere wurde das Verhältnis von internen Skripts zu externen Skripts untersucht: Helfen oder schaden externe Skripts Lernenden, die bereits über starke interne Skripts verfügen?

Pierre Dillenbourg (Biblionetz:p01285) präsentierte aktuelle Implementationen von Skripts und deren praktischer Einsatz im Unterricht. er betonte dabei praktische Probleme, die wissenschaftlich nicht relevant, aber im Alltag sehr wichtig sind (z.B. 8 Personen in Dreiergruppen aufteilen). "Eh, it's education, we have to engineer these practical problems" Im Gegensatz zu anderen Entwicklungsansätzen, die eine verallgemeinerte Entwicklungsumgebung für Skripts verwenden wollen, zeigte Dillenbourg die Vorteile eines vertikalen bottom-up Ansatzes, wo spezifisch für ein didaktisches Skript eine CSCL-Unterstützung entwickelt wurde:
  • Besseres User Interface
  • Besserer Umgang mit praktischen Problemen des Unterrichtens (z.B. dropouts)
  • Lehrpersonen wollen gar nicht eine generelle Skriptsprache, sondern 2-3 gute Skripte

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Persönlich hat mir natürlich auch die Bemerkung gefallen, dass Dillenbourg sich mehr auf Design und weniger auf empirische Pre- und Post-Tests fokussieren will.

Hans Spada (Biblionetz:p04408) beschäftigte sich mit der Frage, ob mit Einsatz von Skripts Lernende auch Lernen, besser zusammenzuarbeiten (Biblionetz:t06204). In einer späteren Diskussionsphase prägte Michele Notari darauf den Begriff des meta-scripts (Biblionetz:w02000) und versuchte eine erste Definition: "Meta scripting means showing the scripting strategy to the learners (visibility)."

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Dienstag

Pierre Tchounikine präsentierte das soeben erschienene Paper von Dillenbourg und Tchounikine: Flexibility in macro-scripts for computer-supported collaborative learning (Biblionetz:t07215), wo es um die richtige Balance von Skripts und Freiheit geht. Diese Thematik zog sich als roter Faden durch den gesamten Workshop. Welche Flexibility ist in Skripts notwendig, um die Lernenden zwar in ihrem Lernen zu unterstützen, aber sie nicht an eigenständigen und selbstmotivierten Lernschritten zu hindern. Wohl ein Urproblem des Lehrens und Lernens.

….

In der letzten Präsentation erzählte Jim Slotta von der zehnjährigen Erfahrung als Initiator von WISE und den Konsequenzen, die nun zur Entwicklung von Scalable Architecture for Iteractive Learning (SAIL) geführt haben. (Intro Paper)

Open discussion topics:
  • Flexibility of collaboration scripts
  • What about integrating the learners in the script design (called meta-scripting by Michele Notari)

Mittwoch

Am Mittwochmorgen präsentierten die drei Gewinner der CSCL-Awards ihre Arbeiten.

  • Davinia Hernández-Leo sprach über ihre Dissertation, in welcher sie GRIDCOLE entwickelt hat (Biblionetz:t07218) und dafür den Technical-CSCL-Award gewonnen hat. Das System ist frei verfügbar. Michele hat sich das System jedenfalls bereits herunter geladen. Somit bin ich gespannt auf seine Erfahrungsberichte…

  • Hannie Gijlers präsentierte ihr Paper Sharing and confronting propositions in a collaborative discovery setting (Biblionetz:t07219), für das sie den PhD-CSCL-Award gewonnen hat. Die dahinter steckende Forschungsarbeit war in der Tat beeindruckend.

  • Hans Christian Arnseth und Sten Ludvigsen betrachteten in ihrem Paper Approaching institutional context (Biblionetz:t07220) die institutionellen Aspekte von CSCL und beschäftigten sich wieder mit dem Dilemma zwischen Forschung und Breitenwirkung.

Nach der Pause sprach Baruch Schwarz über Methodologies for analysing learning processes in technology-supported collective argumentation. Welche methodischen Probleme ergeben sich bei der Analyse von face-2-face Kollaboration und bei der Analyse von CSCL-Aktivitäten. CSCL erfordert andere Methoden der Aktivitätserfassung als face-2-face Situationen. (Meine Basiserklärung zum Thema (nicht Bestandteil des Talks): Bei empirischen Untersuchungen werden oft die Aktivitäten der Lernen transkribiert und dann kategorisiert. Diese Transkribierung und Kategorisierung ist aufwändig und intersubjektive Korrelation der Erfasser ist nicht sichergestellt).

Ich habe wieder viel über Forschungsmethodik in learning sciences gelernt….

Unstrukturierte Gedanken und Erkenntnisse

  • Wenn ein Skript immer angeboten wird, besteht kein Grund, es zu internalisieren (Ingo Kollar)
  • Wenn die Lernenden wissen, dass das System alles weiss, sinkt ihre Motivation, selbst etwas herauszufinden.
  • Damit empirische Studien ökonomisch überhaupt durchführbar sind, werden oft nur eine oder zwei Lektionen untersucht. Längerfristige Entwicklungen sind so schwer oder gar nicht erfassbar.
  • Idee eines Why am I doing this?-Buttons als Erklärung und Motivation, warum Lernende die aktuelle Aufgabe lösen sollen.

Unverdaute Meinungen

  • Ich bin erstaunt, wie optimistisch gewisse Redner die Computerfähigkeiten in Bezug auf Sprachverständnis und Adaptivität einschätzen. So ist immer wieder die Rede davon, wie man ein Modell der Studierenden hat und entsprechend die richtige Massnahme des Systems auslöst.


 
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