Warum wir Damayanti Talky eingeladen haben

Diese Woche wurde ich per Mail von jemandem, der nicht in der Teilnehmerliste der Tagung auftaucht und dessen Mailadresse mit Google nicht zu finden ist wink gefragt, ob es sich bei Damayanti Talky um Satire handle und falls ja, ob sich der Aufwand gelohnt habe.

Ja, es war Satire. Satire mit didaktischen Absichten und gar keinem so grossen Aufwand.

Der Titel und das Motto unserer Tagung lautete Do IT yourself. Unser Ziel war, dieses Motto nicht nur auszurufen, sondern auch zu leben. Wir wollten, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nicht nur etwas über die Potenziale des Machens hören, sondern tatsächlich auch selbst etwas machen - einerseits an der Tagung selbst und andererseits auch nach der Tagung - zuerst für sich selbst, danach letztendlich in der Schule.

Diese Betonung des eigenen Tuns beruht auf zwei Erfahrungen von mir:
  • Bildungspolitisch: Einerseits bin ich seit 15 Jahren im Themengebiet "Digitale Medien und Schule" beschäftigt und habe in dieser Zeit unzählige Aufrufe zum Handeln gehört. Mein in Krems vorgestellter Blahfaselgenerator ist Zeichen dafür, dass es nicht an Worten mangelt und die Struktur dieser Aufrufe seit Jahrzehnten gleich geblieben ist.
    Seit fünf Jahren beschäftige ich mich mit dem Lehrplan 21 (Biblionetz:w02172) und höre auch in diesem Zusammenhang, was alles getan werden müsste. Auch hier gleichen sich die Forderungen seit Jahren und über alle Kantons- und Ländergrenzen hinweg. Ende 2014 wurde der Lehrplan 21 von der EDK verabschiedet und den Kantonen zur Umsetzung übergeben. Derzeit wiederholt sich das bildungspolitische Fordern und Feilschen in den Kantonen und pädagogischen Hochschulen. Hier wollte unsere Tagung auch zeigen, dass irgendwann genug geschrieben und gesprochen ist und im Schulalltag letztendlich ganz konkret etwas gemacht werden muss. Wir wollten mit der Tagung zeigen, dass und wie konkret etwas Getan werden könnte.
  • Didaktisch: Gerade im Bereich der Informatikdidaktik ist mir vor etwa einem Jahr wieder einmal durch eigenes konkretes Handeln (!) bewusst geworden, was ich eigentlich theoretisch schon lange weiss: Konkretes, aktives Tun motiviert und bleibt hängen. Wenn ich angehenden Lehrerinnen und Lehrern erkläre, dass man mit Bananen und einem kleinen Elektronikboard attraktiv und interdisziplinär Informatik vermitteln kann, dann geht das grob gesagt zum einen Ohr rein und zum anderen wieder raus. Es wird ja so viel erzählt an Hochschulen...
    Wenn aber in (bzw. bereits vor) der entsprechenden Lehrveranstaltung tatsächlich Bananen da liegen, die mit der Stereoanlage des Raumes verbunden sind, dann findet noch vor der Lehrveranstaltung eine freiwillige Jam-Session statt, welche die Studierenden weckt, motiviert und ihnen konkret enaktiv zeigt, worum es geht (siehe MakeyMakeyStattNurTalkyTalky).

Diese beiden Erfahrungen haben in mir den Wunsch geweckt, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer unserer Tagung konkret mit Makey Makey - Boards arbeiten zu lassen und ihnen zur weiteren Senkung der Umsetzungshürde dieses Board nach der Tagung mit nach Hause geben zu können, auf dass sie am Sonntagmorgen am Frühstückstisch ihr Müesli oder ihr Ei zum Klingen bringen und am Montagmorgen das Board in der Schule einsetzen.

Glücklicherweise konnten wir die Hasler Stiftung überzeugen, von ihrer (verständlichen) Position abzuweichen, keine Hardware-Ausstattungen zu unterstützen und wir konnten für alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer unserer Tagung ein Makey Makey Board beschaffen, ohne die öffentliche Hand damit zu belasten oder die Teilnahmegebühren ungebührlich zu erhöhen.

Damit war der Ablauf der Tagung gesetzt: Beginn Der Tagung mit theoretischen Überlegungen zur Thematik, Ausklang mit konkretem Handeln der Teilnehmenden und Heimabgabe der Makeys.

Aus verschiedenen Gründen wollten wir jedoch diesen Workshop nicht im Programm aufführen:

  • Abbrecherquote verringern: Unser Vorurteil bezüglich Tagungsmotivation besagte, dass doch einige an einem späteren Samstagnachmittag den Abschlussworkshop auslassen könnten, weil das Wochenende nun doch schon fortgeschritten war und man nicht zum Schluss noch selbst aktiv werden wollte.
  • Produkt nicht im Programm nennen: Wir wollten nicht im Programm von Makey Makeys sprechen, da es uns ja nicht um Werbung für ein konkretes Produkt ging, sondern die Makeys nur ein exemplarisches Beispiel für attraktiven, interdisziplinären Informatik-, Technik und Musikunterricht sind.
  • Geschenk nicht verraten: Wir wollten nicht bereits in der Tagungsankündigung verraten, dass wir die Teilnehmenden beschenken werden.
  • Emotionale Wirkung der Überraschung nutzen: Die Überraschung sollte gemäss unseren Überlegungen dazu führen, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu wecken und sie zusätzlich zu aktivieren. Zudem gehen wir davon aus, dass eine solche Überraschung länger in Erinnerung bleiben wird als ein "normaler" Workshop.

Darum haben wir schliesslich Damayanti Talky eingeladen. Dies ermöglichte uns auch, die Unterstützung der Hasler Stiftung bereits im Vorfeld der Tagung zu erwähnen ohne klären zu müssen, was die Hasler Stiftung denn genau finanziert (aber auch klarzustellen, dass es nicht "die übliche Tagung" ist, die wir mitfinanzieren liessen.

Soweit die Überlegungen bezüglich unserer Tagung. Mit der Einladung von Damayanti Talky konnten wir aber durchaus Aspekte der Medienbildung (Biblionetz:w01779) einbringen: Wie genau werden Texte gelesen? Was wird alles ohne Überprüfung geglaubt? Wie wenig braucht es, um unter bestimmten Umständen glaubhaft zu wirken? Wie einfach lässt sich auch bei Research Gate ein fiktives Konto eröffnen, obwohl dazu eine Affiliation einer Universität notwendig ist und sich die Maker University of Dhuit-Jurrselv (Indien) nicht unter den akkreditierten Institutionen befindet? Wie enstanden die Publikationen von Prof. Talky, die bei Research Gate regelmässig heruntergeladen werden? Wie kommt es, dass mehrere Regionalzeitungen über das Referat von Damayanti Talky berichtet haben (z.B. Biblionetz:t17873)? Bei diesem Aspekt sind wir aber nicht so weit gegangen, wie 1973 Dr. Fox bei seinem Referat (Biblionetz:w02391).

Und last but least war die Einladung von Damayanti Talky auch mit einem Augenzwinkern verbunden. Auch im Kontext einer Hochschule muss nicht immer alles nur tierisch ernst zu und hergehen. Der wissenschaftliche Witz (siehe Wikipedia hat eine lange Tradition, sowohl was erfundene Wissenschaftler, erfundene Publikationen als auch erfundene Lexikoneinträge betrifft (für den Bereich der Pädagogik siehe z.B. die Lolationsstrategien (Biblionetz:w02830) nach Hilbert Meyer).

Nein, der Aufwand war - insbesondere verglichen mit dem bereits bisher erreichten Echo - wirklich nicht gross.


Feedback:

Inspiriert durch die Tagung "do IT yourself" und die Weiterbildung in der ifactory im Verkehrshaus, wollte ich mich endlich etwas genauer damit beschäftigen wie ich IT zum Thema (nicht nur als Werkzeug) in unserer Schulgemeinde machen könnte.
- STOPP - Was hat Frau Talky smile gesagt? -
Wieder einmal war ich dem ThinkyThinky verfallen und zusammen mit dem bevorstehenden Schuljahresendstress wäre der Anfangsenthusiasmus wohl (wie so oft) im Sande verlaufen. Also habe ich etwas Hardware besorgt, 3 Lektionen reserviert und die Schülerinnen und Schüler meiner Klasse (3. Oberstufe) ausprobieren lassen. Trotz des bevorstehenden Abschluss ihrer Volksschulzeit und der Hardware die teilweise für jüngeres Publikum vorgesehen ist, machten sie sich motiviert an die Arbeit. Die Schülerinnen und Schüler bekamen einen spielerischen Einblick in die Welt der Informatik und ich konnte Erfahrungen sammeln auf die ich weiter aufbauen kann. Kurz zusammenfassen kann ich diese folgendermassen:
  • Scratch (ohne Hardware): einfacher Einstieg, der bald zu Ergebnissen führt - verliert etwas an Faszination wenn daneben mit zusätzlicher Hardware gearbeitet werden kann
  • MakeyMakey: wird sofort verstanden und in verschiedenster Form eingesetzt - viele kreative Ideen entstehen
  • Picoboard: ähnlich wie MakeyMakey - in Bezug auf die Kreativität jedoch etwas einschränkender
  • Lego WeDo: vorgegebene Figuren sind schnell gebaut und (mit Scratch) ausprobiert - Eigenkreationen sind etwas schwieriger
  • Lego Mindstroms (wir haben schon früher einmal damit gearbeitet): Einstieg braucht relativ viel Zeit, doch nach dieser Hürde eröffnen sich viele Möglichkeiten
  • Arduiono (z.B. my digital garden): korrekte Einrichtung auf dem Computer war für die Schülerinnen und Schüler eine zu grosse Hürde für diese drei Lektionen (sie stiegen am Schluss noch auf ein MakeyMakey um) - bei einem nächsten Mal müsste ich hier etwas mehr Zeit in die Vorbereitung investieren
Rückblickend hat sich das Experiment aus meiner Sicht gelohnt, mein ThinkyThinky kann ich nun auf etwas aufbauen und ich bin motiviert für weitere "do IT yourself"-Experimente.
Herzlichen Dank nach Indien für den Input! smile

-- DanielBoller - 26 Jun 2015
 
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