Ozobot: Wenn man Tamagotchis mit Filzstiften programmieren kann

Update: PDF mit 10 Projektideen downloadbar unter http://iLearnIT.ch/ozobot

Informatik in der Primarschule (Biblionetz:w02861) ist nicht nur während der aktuellen Hour of Code ein aktuelles Thema. In zahlreichen Ländern - so mit dem Teillehrplan *Medien und Informatik (Biblionetz:t17600) auch in der Schweiz - steht Informatik plötzlich im Stundenplan der Primarschule.

Es sind primarschulgerechte Unterrichtsideen und Werkzeuge gefragt - Informatik in der Primarschule (Biblionetz:w02861) muss konkret und im wahrsten Sinne des Wortes begreifbar sein. Computer science unplugged (Biblionetz:w02379) bietet sich da aus verschiedenen Gründen an. Doch mit computer science unplugged alleine vergibt man sich wichtige Erfahrungen der Informatik: Sowohl das Gefühl der Selbstwirksamkeit, wenn ein digitales Artefakt genau das tut, was man ihm befohlen hat als auch umgekehrt die Erfahrung, dass digitale Artefakte eben genau das tun, was man ihnen befiehlt - eigene Fehler äussern sich unter Umständen in entsprechendem Fehlverhalten.

Derzeit erscheint in meiner Wahrnehmung jede Woche irgend ein Gadget, das sich als Wunderlösung für den Primarschulinformatikunterricht anpreist. Etablierte Kinderspielzeughersteller drängen in diesen scheinbar lukrativen Markt genauso wie innovative Crowdfunding-Projekte. Einerseits ist dies ja erfreulich: Endlich tut sich etwas in diesem Bereich. Doch für Lehrerinnen und Lehrer ist es schwer, die Übersicht zu behalten: Was taugt etwas und wie passe ich es für meinen Unterricht an? Die meisten innovativen Projekte enstehen im US-amerikanischen Umfeld, die Unterlagen sind damit meist auf Englisch und oft lassen sich die Gadgets auch nur mühselig im Ausland bestellen.

Ich sehe es deshalb als eine unserer (sehr geschätzten…;-) ) Aufgaben im Bereich der Primarschul-Informatik-Didaktik an, solche Gadgets zu testen und auf "Schultauglichkeit" im deutschen Sprachraum zu überprüfen:

  • Steckt mehr dahinter als rasch verfliegende Freude am technischen Spielzeug?
  • Lohnt sich die Anschaffung mit Blick auf das Verwendungspotenzial?
  • Ist es auch in der Breite bezahlbar?
  • Lässt es sich auch in einer Primarschulumgebung ohne viele IT-Ressourcen betreiben?
  • Besteht die Hoffnung, dass die Produktfamilie so lange verfügbar sein wird, dass sich das Erstellen von Unterrichtsmaterial lohnt?
  • etc…

Ein Gadget, das meiner Ansicht nach diesen Anforderungen entspricht, ist das schon mehrfach im Blog angesprochene MaKey-MaKey-Board (Biblionetz:w02476). Konsequenterweise haben wir das Board dank der Hasler Stiftung auch allen Teilnehmenden überreichen und in einem Workshop durch Kinder der Projektschule Goldau erklären lassen können (Bibliothek:t17873). Bei dieser Gelegenheit ist auch eine kostenlose Broschüre mit 10 Unterrichtsideen (Biblionetz:t18300) entstanden.

Ein MaKey MaKey erfordert jedoch immer einen Computer mit USB-Anschluss. Im Zeitalter von Smartphones und Tablets ist dies jedoch nicht immer in genügender Zahl vorhanden und führt auch dazu, dass die entsprechenden Projekte gewichtiger und umfangreicher werden.

Vor einigen Monaten sind wir nun auf ein Gadget aufmerksam geworden, dass uns nach erstem Ausprobieren eine vertieftere Analyse wert war: Ozobots (Biblionetz:w02862).

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Ein Ozobot ist ein etwa golfballgrosser Roboter, der mit Hilfe von Sensoren an seiner Unterseite und zwei Motoren farbigen Linien auf ebenen Flächen entlangfahren und mit Farbcodes in diesen Linien gesteuert/programmiert werden kann. Diese Codes erlauben Geschwindigkeits- und Richtungsänderungen an Kreuzung sowie Timer und Zähler.

Die putzigen Roboter begeistern kleine Kinder und Animieren sie zum Malen von endlosen Wegen und Labyrinthen. Mit älteren Kindern scheint dann ein Einstieg ins Programmieren möglich. Das wollten wir ausprobieren. Am vergangenen Zukunftstag haben wir einen Vormittag mit 16 Sechstklässlerinnen und einem Sechstklässler mit Ozobots experimentiert.

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Als Erstes durften die Ozobots individuell verziert werden.

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Danach konnten die Möglichkeiten der Ozobots frei erkundet werden.

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Wie bei den MaKey-MaKeys haben wir auch wieder eine Broschüre mit Ideen/Aufgaben erstellt. Nach diesem Vormittag wissen wir nun bereits, was nicht funktioniert und wir können die Broschüre entsprechend überarbeiten.

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Die 6. Klässlerinnen waren den ganzen Vormittag eifrig bei der Sache und haben viel experimentiert.


Zum Schluss liess die Gruppe alle Ozobots gemeinsam auf den von ihnen gezeichneten Wegkarten fahren.

Dass die Schülerinnen Spass mit den Robotern haben würden, haben wir erwartet. Dass jedoch alle 16 Mädchen nach dem Vormittag den Wunsch geäussert haben, einen solchen Ozobot zu kaufen, hat uns doch überrascht. Noch mehr, dass am nächsten Morgen alle 16 tatsächlich 25 Franken* mitbrachten und einen Ozobot mit nach Hause nahmen. Noch wissen wir nicht, was sie damit seither zu Hause gemacht haben. Dass aber alle 16 Mädchen dafür Taschengeld gebraucht oder einen Weihnachtswunsch dafür gebraucht haben, spricht für sich. Auf der Suche nach solchen Unterrichtswerkzeugen sind wir doch: So begeisternd, dass sie auch zu Hause noch verwendet werden wink

Was mir an den Ozobots gefällt: Ozobots sind zwar nicht computer science unplugged, aber es ist enaktive Beschäftigung mit Informatik ohne dass ein Bildschirm benutzt werden muss. Das wirkt attraktiv und einladend. Die kleinen Roboter animieren zum Spielen und Ausprobieren im Team (eher als Programmierarbeiten, wo immer nur jemand vor der Tastatur sitzen kann). Die Einstiegshürde ist gering

* Aktuell kosten Ozobots ca. 50$. Da jedoch eine neue Version auf den Markt gekommen ist, die sich noch weiter programmieren lässt, wird die alte Version 1.0 derzeit in der Schweiz zum halben Preis verkauft. Derzeit sind wir der Meinung, dass die zusätzlichen Programmierfähigkeiten für die Primarschule nicht notwendig sind.

Wir sind nun daran, unsere Projektideen zu überarbeiten und Ausleihboxen vorzubereiten:

ozo05.jpg
48 Ozobots warten auf die Einteilung in zwei Klassensätze…

Update vom 09.03.2016: Unsere 10 Projektideen sind als PDF downloadbar unter http://iLearnIT.ch/ozobot


 
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