Die Forderung nach mehr Informatik in der Schule im Kontext des Leitmedienwechsels denken

An der gestrigen 30-Jahres-Feier der Schweizer Informatik Gesellschaft (SI) durfte ich einige Gedanken zum Stellenwert der Informatik in der Bildung präsentieren.

Es wäre preaching to the converted gewesen, wenn ich in meinem Referat vor lautern Informatikern die Bedeutung der informatischen Bildung und deren Fehlen in der heutigen Schule breit ausgewalzt hätte. Stattdessen habe ich angesichts der kommenden Vernehmlassung des Lehrplans 21 und anderer bildungspolitischer Debatten versucht, dem Publikum Argumente für Informatik in der Schule mitzugeben.

Aufgehängt habe ich diese Argumente an der häufig zu hörenden Metapher JavaScript ist das neue Latein! (Biblionetz:a01160)

Auf der Website www.latigrec.ch finden sich sechs Argumente, warum es sich auch heute lohnt, Latein und Griechisch zu lernen. Praktisch jedem dieser Argumente für Latein und Griechisch lässt sich ein äquivalentes Argument für Informatik zur Seite stellen:

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Sowohl Latein und Griechisch als auch Informatik behaupten von sich, die Problemlösekompetenz von Schülerinnen und Schülern zu fördern (Biblionetz:a01052). Faszinierend finde ich dabei, dass die Argumentation der Altphilologen sich praktisch 1:1 mit derjenigen der Informatik deckt, bzw. die Informatiker fast vermuten müssten, jemand habe von ihnen abgeschrieben. Beide Fachgebiete berufen sich auf divide et impera bzw. divide and conquer (Biblionetz:w00976):

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Das Lernen von Alten Sprachen fördert Eigenschaften, die für andere Schulfächer, das Studium und für den späteren Beruf wichtig sein können. Die Rede ist von der Analyse eines Problems, das zum Zweck der Übersichtlichkeit in seine Bestandteile zerlegt und nach der Klärung der einzelnen Komponenten wieder zu einem Ganzen zusammengefügt wird.

Ersetze Alten Sprachen durch Informatik !

Beide Fachgebiete müssen übrigens zur Kenntnis nehmen, dass sich die postulierten Transfereffekte nur schwer oder gar nicht nachweisen lassen:

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Im zweiten Teil des Referats war dann die Kost für das Publikum schwieriger zu verdauen. Ich habe in einer Kürzest-tour-d'horizon die Idee des Leitmedienwechsels (Biblionetz:w02306) und meine aktuelle Leitmedienwechselreaktionsskala (Biblionetz:f00154) präsentiert. Daraus abgeleitet habe ich die Aussage, dass sich die Informatik bildungspolitisch nicht darauf versteifen dürfe, nur die Informatik zu fördern und alle durch den Leitmedienwechsel ausgelösten bildungspolitischen Fragen als aus informatischer Sicht irrelevant zu betrachten.

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In einer gesamtheitlicheren Sichtweise müssen die Informatik-Grundlagen zusammen mit Anwendungskompetenzen und Medienbildung betrachtet werden, insbesondere bezüglich Lehrplan 21.

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Für mich stellt Informatische Bildung (Biblionetz:w02382), bestehend aus den drei Säulen
  1. Informatik-Grundlagen
  2. Anwendungskompetenzen
  3. Medienbildung
die Voraussetzung dar, um den Leitmedienwechsel verstehen und entsprechend kompetent in der Informationsgesellschaft agieren zu können.

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