Wo wird publiziert?
Seit dem Internet und Wikipedia scheint die Sache mit dem Publizieren einfach: Diplomarbeiten werden auf dem Web veröffentlicht und Lexikon-Artikel gehören in die Wikipedia. Doch so einfach ist es eben nicht. Verschiedenes wird anderswo publiziert und das führt dann zu entsprechender Kritik:
In den letzten zwei Jahren sind zahlreiche Diplomarbeiten zu Web 2.0 und social software in der Bildung geschrieben und auf dem Web veröffentlicht worden (siehe
Biblionetz:b_da). Viele dieser zunächst als Volltexte erschienenen Arbeiten verschwanden aber innerhalb vom sechs Monaten wieder vom Web, um kurz darauf in verschiedenen neuen Kleinverlagen zu erscheinen.
Joachim Wedekind kommentiert diese Entwicklung kritisch:
Als Autor/in freut man sich wohl nach wie vor mehr an den gebundenen Belegexemplaren für die eigenen Mühen denn an PDF-Dateien auf Dokumentenservern. Aber gerade als Aktivisten im Bereich E-Learning sollten wir Onlineformen des Publizierens und OpenAccess-Regelungen unterstützen, nicht zuletzt um den Studierenden beim selbstgesteuerten Lernen den notwenigen eigenständigen Zugang zu Primärquellen zu erleichtern!
Ich kann diesen Wunsch nach einem gedruckten Exemplar zwar ebenfalls verstehen, denke aber, dass sich die Autorinnen und Autoren ins eigene Fleisch schneiden. Bereits heute werden online verfügbare Publikationen deutlich häufiger zitiert als nur auf Papier verfügbare. Ich bin gespannt, wie lange sich der Status des gedruckten Buches gegenüber der online-Publikation wird halten können. Bisher entsprach eine Publikation als Buch einem gewissen Gütekriterium, weil zumindest ein Verleger sein OK dazu gegeben hat. Aber dies ist spätestens seit
print on demand Verlagen, welche die Kosten den Autorinnen und Autoren übertragen, auch nicht mehr so.
Bildungswiki versus Wikipedia
Der
deutsche Bildungsserver hat im Frühsommer 2007 ca. 500 Artikel aus der deutschsprachigen Wikipedia kopiert und ein eigenes
Bildungswiki gestartet:
Das Wiki-Lexikon wendet sich als so genannte Wikipedia-Fork speziell an die Community des Bildungsservers: an die Akteure des Bildungswesens und an die an Bildungsthemen interessierte Öffentlichkeit. Damit reagiert der Deutsche Bildungsserver auf die laut Wikipedia noch sehr zurückhaltende Beteiligung in den sozial- und geisteswissenschaftlichen Disziplinen, denen er nun für die Bereiche Bildung und Erziehung ein fachspezifisches Forum eröffnet. Über ein stärkeres Engagement der professionellen Communities im Bildungsbereich kann die inhaltliche Abdeckung wichtiger Bildungsthemen und auch die Qualität der einzelnen Fachbeiträge verbessert werden. Das BildungsWiki startet mit einem Grundbestand von etwa 500 Artikeln, die aus der Artikelkollektion von Wikipedia ausgewählt, importiert und bearbeitet wurden. Diese Sammlung soll nun unterstützt von der Redaktion des Deutschen Bildungsservers von den Nutzerinnen und Nutzern kontinuierlich verbessert, erweitert und durch gemeinschaftliche Verschlagwortung (Social Tagging) qualitativ angereichert werden.
Ob ein Fork der richtige Weg zu einer Stärkung der Lexikon-Einträge in den sozial- und geisteswissenschaftlichen Disziplinen? Oder fördert dies nur eine Verzettelung der Kräfte? Wikipedia-Forks droht das gleiche Schicksal wie früher neuen
Diskussions-Foren, gegen die ich mich bereits 2001 erfolglos gewehrt habe. Erste Kritik kommt vom
Strukturnetz-Blog:
Ich bin eher zwiespältig. Natürlich ist das eine gute Idee, sich den Artikeln mit Bildungsthemen speziell zuzuwenden, sie zu verbessern und zu ergänzen, so wie es die Wiki-Idee und -Technologie ermöglicht. Andererseits frage ich mich, ob es nicht besser wäre, genau dies innerhalb der Wikipedia zu organisieren. Wenn ich beispielsweise den Artikel zur Didaktik ergänzen möchte, wo werde ich das zukünftig tun? Im BildungsWiki? Dann aber ohne die Möglichkeit, direkt innerhalb der Wikipedia auf andere Artikel zu verlinken und natürlich auch ohne den Artikel selbst in der Wikipedia zu bearbeiten? Oder umgekehrt in der guten alten Wikipedia? - Vielleicht ist ja auch an das Rückspiegeln neuer Inhalte aus dem BildungsWiki in die Wikipedia gedacht?
Michael Kerres äussert sich in die gleiche Richtung,
Jochen Robes hingegen unterstützt im
Kommentar von Michael Kerres Weblog die Idee:
Darf es nur ein Wiki, nur eine Wikipedia geben??? Dahin wollen wir ja eigentlich auch nicht, oder? Ich glaube, die Wikipedianer sehen das viel entspannter und freuen sich über jeden, der die Wiki-Idee aufnimmt und fortführt.
Werde ich deshalb das BildungsWiki benutzen? Wahrscheinlich, aus bereits genannten Gründen, nicht oft, denn die Wikipedia liegt einige Klicks näher. Aber wer weiß, wie sich die Inhalte entwickeln?
Und vielleicht kann man dann an einem verregneten Wochenende die Inhalte des BildungsWiki wieder in die Wikipedia integrieren
Ob der Schweizerische Bildungsserver in zwei Jahren ebenfalls ein - selbstverständlich viersprachiges und gendergerechtes - Bildungswiki starten wird? ;-)
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