Was machen wir mit den Automatisierungsgewinnen?

Auslöser meiner Spielereinen zum ikonischen Denken war inhaltlich meine (erneute) Beschäftigung mit der Frage, welche Folgen die Digitalisierung für den Arbeitmarkt haben wird. Ich wollte mir die These, die durch die Digitalisierung mögliche Automatisierung führt zu Arbeitslosigkeit wieder einmal durchdenken. Dafür gab es verschiedene Gründe: Einerseits werde ich am kommenden Samstag am BeltzFORUM in Wolfsburg wieder einmal etwas über den Leitmedienwechsel und die Bildung erzählen und habe das Gefühl, meine Folien bzw. meine Gedanken müssten mal etwas upgedatet werden, damit es (mir) beim Vortragen nicht langweilig wird. Dann hat mich Marc Pilloud (Biblionetz:p00336) auf den Telepolis-Artikel Opfer der Automatisierung (Biblionetz:t15792) hingewiesen, der die Studie The Future of Employment: How Susceptible are Jobs to Computerisation? PDF-Dokument zusammenfasst. Diese wiederum zitiert unter anderem den berühmten Artikel Economic Possibilities for our Grandchildren (Biblionetz:t15783) von John Maynard Keynes, der sich bereits 1930 mit der Frage auseinandersetzte, welche Folgen die zunehmende Automatisierung für Abeitsmarkt, Gesellschaft und Wohlstand haben werde. Und schliesslich lag noch der Artikel Bullshit-Jobs auf dem Vormarsch von Philipp Löpfe auf meinem Pult, der die These von David Graeber aus dem Buch The democracy project (Biblionetz:b05377) zusammenfasst, vonach der Produktivitätsgewinn der aktuellen Automatisierungswelle nicht für mehr Freizeit (oder Arbeitslosigkeit), sondern zur Entstehung von überflüssigen Arbeiten (eben den bullshit jobs (Biblionetz:w02432)) führe. Erklärt sich damit, warum ich Icons brauchte, um die Zusammenhänge für mich zu ordnen?

Im Laufe des Wochenendes kam dann eines zum Andern: Als erstes habe ich mir am Freitag das neue Buch Arbeitsfrei (Biblionetz:b05378) von Constanze Kurz und Frank Rieger gekauft. Und weil die Buchhandlung grad 20%-Aktion hatte, landete auch das Buch Digitale Aufklärung (Biblionetz:b05355) von Ossi Urchs und Tim Cole noch in meinem Warenkorb. Dass diese beiden die Begriffe Digitalisierung (Biblionetz:w01513) und Vernetzung (Biblionetz:w00975) als treibende Kräfte einer grossen Veränderung (sie reden nicht von Leitmedienwechsel ) sehen, hat mir angesichts meiner ikonischen Spielereien natürlich gefallen und dazu geführt, dass ich erst dieses Buch angefangen zu lesen habe.

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Passenderweise auf dem Bauernhof kam ich dann am Wochenende dazu, das Buch Arbeitsfrei (Biblionetz:b05378) von Constanze Kurz und Frank Rieger zu lesen. Die beiden beschreiben anhand des Beispiels Brot die massiven Veränderungen im Arbeitsmarkt der letzten 100 Jahre aufgrund der zunehmenden Automatisierung. Die einzelnen Kapitel beleuchten verschiedene Stationen des Brotes vom Bauern, den Landmaschinenherstellern, über die Mühle und die Bäckerei bis zur Presse, die für Brote Werbung macht und die Zukunft von fahrerlosen Autos, die künftig Brote und anderes an die gewünschten Orte bringen werden. Eindrückliche Schilderungen, die im ersten Teil des Buches (so weit bin ich bisher gekommen…) vor allem zeigen, wie auch in der Vergangenheit technische Innovation grosse Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt zur Folge hatten.

Am Sonntag habe ich dann den Artikel von David Iselin im Magazin des Tages Anzeigers entdeckt (Biblionetz:t15791, nicht online verfügbar), der das Buch Race against the machine (Biblionetz:b04724) von von Erik Brynjolfsson und Andrew McAfee als roten Faden nimmt, um ebenfalls über die Zukunft der Arbeit nachzudenken und sich auch zu fragen, wie gesellschaftspolitisch darauf reagiert werden soll:

Nichtsdestotrotz verlangen die grundlegenden Verschiebungen in Richtung Automatisierung auch nach grundlegenden Politikantworten. In der Schweiz findet bald eine Abstimmung statt, die angesichts der eben diskutierten Fragen nicht uninteressant erscheint. Lässt sich die Gesellschaft so gestalten, dass die Erwerbsgesellschaft nicht nur auf täglicher Arbeit basiert? Die Rede ist von der eidgenössischen Volksinitiative «Für ein bedingungsloses Grundeinkommen».

Iselin schliesst dann mit offenen Fragen:

Die Fragen sind daher diese: Lässt sich technologische Arbeitslosigkeit verhindern? Reicht es, mehr in die Ausbildung zu investieren? Dies ist gemäss Brynjolfsson und McAfee ein zentraler Punkt einer Agenda für das Zeitalter der dritten Industrialisierungswelle. Sollten die Anreize für technische Berufe verbessert werden? Müssen wir alle lernen zu programmieren? Oder sollten im Gegenteil die Geisteswissenschaften wieder mehr Gewicht kriegen, die es uns erlauben (sollten), all dies kritisch zu hinterfragen.

Womit auch mein Wochenende vorbei ist und ich wieder bei den Fragen bin, die mich beruflich auch kommende Woche beschäftigen werden: "Müssen wir alle lernen zu programmieren? Oder sollten im Gegenteil die Geisteswissenschaften wieder mehr Gewicht kriegen, die es uns erlauben (sollten), all dies kritisch zu hinterfragen." Und ich werde wieder argumentieren, dass wir programmieren lernen müssen, damit wir alles dies kritisch hinterfragen können….

Und am Samstag sollte dann das alles schön ikonisert in verständlichen Folien gegliedert sein. Uff.

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Heute schrieb ich gerade einen Blog Post zum Thema Konsum, Produktivitätsgewinn und so weiter und suchte nach einem Link mit weiterführender Literatur. Der erste Hit führte mich hier her. Super Sache, habe die Seite verlinkt. Heute Abend frage ich mich: Was ist das für ein Typ, der einen Blog/Wiki betreibt (wie ich auch). Viele von uns gibt es ja nicht. Also fix nach unseren beiden Namen gegoogelt. Ich war allerdings schon sehr überrascht, als ich ein Foto von Eugene fand, auf dem wir beide gemeinsam drauf sind.

-- AlexSchroeder - 23 Nov 2013

Huhn oder Ei? Programmieren oder philosophisch hinterfragen können? Damit Politiker, Chefs, Lehrer und Mütter heute intelligente Entscheidungen treffen können, müssen sie eine grundlegende Medienkompetenz, aber auch Geschichte, Soziologie, Philosophie und Psychologie haben, um deren Auswirkungen im Gesamtkontext überhaupt einordnen zu können. Aktuell sehen wir sehr viele Akteure auf der Weltbühne, die mit Kanonen auf Spatzen schiessen und gegen Windmühlen kämpfen, da sie ihrerseits nur von Beratern mit Infohäppchen gefüttert werden und selbst keine Kompetenz im Bereich der Informationstechnologien haben. Am Ende ist das Einzige was vom Menschen übrig bleibt, das Maschinen nicht besser können, wohl die Liebe einer Mutter zu ihrem Kind.

-- MalaMukherjee - 25 Nov 2013

Als Vater kann ich den letzten Satz des letzten Kommentars so nicht akzeptieren wink

-- BeatDoebeli - 27 Nov 2013


 
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