Die akademische Kommunikation ist traditionell von einer Polarisierung zwischen zwei sehr unterschiedlichen Bereichen gekennzeichnet, dem Bereich der interaktiven persönlichen Kommunikation und der Sphäre der (fast) nicht interaktiven schriftlichen Publikation.
Im Licht der allgemein anerkannten Prämisse, dass alle wissenschaftlichen Ideen und Erkenntnisse dem lebendigen und verbreiteten wissenschaftlichen Diskurs ausgesetzt werden sollten, sind die Unzulänglichkeiten dieses bimodalen Kommunikationssystems seit langem evident:
Hans Geser im Beitrag Online-Unterricht an Universitäten (Biblionetz:t05524) im Buch E-Learning - Eine multiperspektivische Standortbestimmung (Biblionetz:b02514)
- Synchrone mündliche Kommunikation gestattet zwar äußerst flexibles Feedback, kann aber nur Informationen von geringer Komplexität verarbeiten, da
- die Teilnehmer gezwungen sind, unmittelbar auf ihren Vorredner zu reagieren und längere Ausführungen mit dem Sprechbedürfnis anderer Teilnehmer (bzw. der begrenzten Dauer von Zusammenkünften) kollidieren;
- mündliche Beiträge nicht aufgezeichnet werden, so dass die Teilnehmer meist auf das jeweils unmittelbar vorangegangene Statement reagieren, und
- Diskussionsergebnisse häufig verloren gehen, weil sie weder ausgewertet noch in zugänglicher Form gespeichert werden.
- Während schriftliche Publikationen dem Autor viel Raum und Zeit geben, komplexe Ideen systematisch auszuarbeiten und sich mit großer Sorgfalt ihrem verbalen Ausdruck zu widmen, handelt es sich doch meist um Monologe, die einem interaktiven Diskurs nur marginal ausgesetzt sind, da
- geschriebene Texte unwiederbringlich «auf Papier gebannt» sind, so dass sie aus schlicht physikalischen Gründen nicht ohne Aufwand modifiziert werden können;
- «veröffentlichen» üblicherweise bedeutet, das Werk an unbekannte, anonyme Rezipienten zu verteilen, die über keine (bzw. nur begrenzt leistungsfähige) Feedbackkanäle verfügen;
- und weil Reaktionen (wie Buchrezensionen oder Repliken und Dupliken in wissenschaftlichen Zeitschriften) gewöhnlich zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlicht werden, das heißt getrennt von der primären Publikation, auf die sie sich beziehen.